Barbara Schick, Stellvertretende Vor­sitzende des Vorstands der Versicherungs­kammer (Bild: VKB).



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Frauen haben das erste Wort: Barbara Schick

Als stellvertretende Vorsitzende des Vorstands der Versicherungskammer leitet Barbara Schick den bundesweit größten öffentlichen Versicherer und einen der größten Erstversicherer in Deutschland. Im Montagsinterview mit dem WirtschaftsKurier spricht sie über die Hilfen bei den Flutkatastrophen, die Lehren aus den zunehmenden Unwetterereignissen und über eine mögliche Frauenquote für Vorstände.

WirtschaftsKurier: Wie war Ihr Wochenende?

Barbara Schick: Absolut fein; ich habe klassische Samstags-„Arbeiten“ erledigt, mir aber auch ausreichend Zeit für Muße gegönnt. Auch ermöglicht die freie Zeit immer eine gewisse Reflexion, aber auch neue Gedanken für anstehende Themen. Von allem war also etwas dabei.

Auf welchen Termin freuen Sie sich besonders in dieser Woche?

Jeder Termin hat seinen Charme, unterschiedliche Facetten und Herausforderungen. Insofern ist es eine Grundeinstellung von mir, an jeden Termin mit Neugierde und Offenheit heranzugehen. Es ist mir wichtig im Austausch und in Zusammenarbeit mit Mitarbeiter*innen, Kolleg*innen und Geschäftspartner*innen Themen und Fragestellungen zu besprechen und Lösungen mitzugestalten.

Welche Lehren zieht die Versicherungskammer Bayern aus den Flutkatastrophen?

Lassen Sie mich so beginnen: Die Flutkatastrophe vom Juli 2021 im Westen Deutschlands, aber auch die anderen Unwetterereignisse in unserem unmittelbaren Geschäftsgebiet Bayern und Pfalz in diesem Sommer, haben tiefe Spuren bei den Betroffenen hinterlassen – menschlich und materiell. Wir wollen allen unseren versicherten Kund*innen in dieser Situation möglichst schnell helfen. Sei es durch angemessene Vorschusszahlungen oder etwa die direkte Schadenbehebung durch unser eigenes Handwerkernetz. Es ist wichtig, dass sich die Menschen auf uns Versicherer verlassen können.

In den vergangenen Jahren konnten wir, wie die gesamte Branche, viele Menschen von der Notwendigkeit und der Wirtschaftlichkeit einer Elementarschadenversicherung überzeugen – mit Öffentlichkeitsarbeit und durch die persönliche Ansprache und den Einsatz unserer Vertriebe. Trotzdem sind aktuell rund 50 Prozent der Gebäude nicht gegen Überschwemmung durch Hochwasser und Starkregen, Erdrutsch etc. versichert. Viele Gebäudebesitzer meinen irrtümlich nach wie vor, dass die Elementarabsicherung automatisch Teil der Gebäudeversicherung oder unbezahlbar, für den eigenen Standort nicht verfügbar oder nicht notwendig sei. Auch deshalb müssen wir jetzt neue Wege gehen.

Aus meiner Sicht ist hierfür ein „Neu-Denken“ und ein neues Gesamtkonzept zur Klimafolgenanpassung aus Aufklärung, verbindlichen Maßnahmen zur privaten und staatlichen Prävention und Versicherung erforderlich. Als Branche werden wir gemeinsam mit dem GDV bis zum Herbst ein neues Konzept erarbeiten, wie sich die Verbreitung der Elementarschadenversicherung zu risikogerechten Preisen steigern lassen kann.

Wie teuer wird das für Hausbesitzer?

Preisgünstiger als eine Kasko-Versicherung fürs Auto! Für ein Standard-Einfamilienhaus in ZÜRS-Zone 1 (Zonierungssystem der Deutschen Versicherungswirtschaft) bietet die Versicherungskammer eine Elementarschadenversicherung für rund 130 Euro im Jahr an. Und übrigens: In dieser ZÜRS-Zone befinden sich gut 90 Prozent aller Gebäude in unserem Geschäftsgebiet.

Kommt die Pflichtversicherung gegen Elementarschäden?

Ich denke, es ist offensichtlich, dass Extremwetterereignisse in Folge des Klimawandels in Zukunft drastisch zunehmen werden. Auch eine Pflichtversicherung - und was damit teils assoziiert wird - kann die Folgen des Klimawandels oder die fehlenden Anpassungsmaßnahmen nicht lösen. Die bisherigen Gründe gegen eine Pflichtversicherung haben aus meiner Sicht daher nicht an Bedeutung verloren. Die Lösung lässt sich nur in einem verantwortlichen Zusammenwirken aller Beteiligten finden.

Themenwechsel: Was halten Sie von einer verbindlichen Frauenquote für Vorstände?

Im Konzern Versicherungskammer machen wir die Erfahrung, dass es auch ohne Quote gut funktioniert. Aktuell haben wir in unserem Vorstand einen Frauenanteil von knapp 30 Prozent. Maßgeblich ist aus meiner Sicht die persönliche Einstellung, die auf die Kultur eines Unternehmens und auf das tägliche Miteinander Einfluss nimmt. Die Gleichstellung der Geschlechter basiert nicht zuletzt auf unseren Werten im Konzern. Auch haben wir die Förderung, aber auch die Ermutigung von Frauen, ihre Kompetenzen einzubringen, schon seit einigen Jahren im Rahmen von Diversity neben anderen Vielfaltsaspekten fest verankert.

War Ihr Weg in die Chefetage anstrengender als für Ihre männlichen Kollegen?

Ich kann das nicht vergleichen, denn ich kenne nur meinen Weg. Aber ich weiß natürlich, was Sie meinen. Über Jahrhunderte gab es nun mal die Domäne der Männer. Deshalb kann man nicht erwarten, dass sich alles von heute auf morgen verändert. So wurde mir mal gesagt, dass sich eine Frau gegen mehrere Männer gar nicht durchsetzen kann. Oder dass eine Frau im Laufe ihrer Karriere zum Mann werde. Wie sie sehen, ist weder das eine noch das andere bei mir eingetreten.

Wer Leistung und Einsatz zeigt, Qualität bringt und bereit ist, sich auf neue Aufgaben einzulassen, kann unabhängig vom Geschlecht bei uns beruflich seinen Weg gehen. Verantwortung übernehmen, klare Entscheidungen treffen und kommunizieren sowie Vorbild sein, sind Eigenschaften, die eine Führungspersönlichkeit aus meiner Sicht ausmachen.

Frauen haben im Jahr 2020 in Deutschland 18 Prozent weniger verdient als Männer. Warum fällt es uns so schwer diese Lücke zu schließen?

Auch hier ist es meiner Meinung nach wichtig, unermüdlich ein Bewusstsein für die Gleichstellung der Geschlechter zu schaffen und zu fördern. Denn dass Frauen im Schnitt weniger verdienen, hat oft noch mit einem bestimmten Rollenverhalten zu tun. Sie sind es, die in der Mehrheit eine berufliche Auszeit nehmen, um für die Familie da zu sein. Deshalb arbeiten sie in der Folge häufiger auf einer niedrigeren Karrierestufe als Männer. Und genau hier müssen wir ansetzen.

Jetzt noch ein Wort an die Männer…

Habt keine Angst vor den Frauen. Sondern fördert sie. Nur wenn wir uns gemeinsam weiterentwickeln, kommen wir zum Ziel: Dass gemischte Teams erfolgreicher sind, wissen wir doch ohnehin alle.

Das Gespräch führte Florian Spichalsky

13.09.2021 | 09:44

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