(Bild: Lindera)



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Frauen haben das erste Wort: Swantje Müller

Im Montagsinterview spricht Swantje Müller, CPO des erfolgreichen Startups Lindera, über ihre App in Pflegeeinrichtungen, die Wichtigkeit neuer Technologien und wünscht sich eine Zukunft für ihre Tochter, in der die Geschlechterfrage keine Rolle mehr spielt.

WirtschaftsKurier: Wie war Ihr Wochenende?

Swantje Müller: Schön, ich hoffe, Ihres auch.

Wenn Sie auf den Terminkalender gucken: Wo müssen Sie diese Woche „Ihren Mann stehen“?

Zum Glück stehen nur Aufgaben auf der Agenda, bei denen meine Expertise gefragt ist – und nicht von mir erwartet wird, mich als Mann zu verkleiden. Spannend ist beispielsweise ein Termin mit dem FPZ-Therapiezentrum, auf den ich mich schon freue. Das FPZ wird ein neuer Partner von uns im Bereich der Rückentherapie und greift dafür auf unser Software Development Kit zurück. Dieses Kit ermöglicht eine Bewegungsanalyse per Smartphone oder Tablet. Sie setzt dafür künstliche Intelligenz ein und kann Nutzer*innen einer App beispielsweise Echtzeitfeedback zur korrekten Ausführung von Fitnessübungen liefern.  Gemeinsam mit dem FPZ wollen wir nun die Rückentherapie digitalisieren. Kurzum: Das ist ein sehr spannendes Thema! Für Frauen wie Männer gleichermaßen.

Was halten Sie von der Redewendung „den Mann stehen“?

Ich habe sie vor diesem Interview ewig nicht mehr gehört, sie ist ein bisschen antiquiert.  

Sie haben ein Startup im Health-Bereich gegründet. Warum ist eigentlich die Startup-Szene so stark männlich dominiert?

Ist sie das? Ich kenne so viele hochqualifizierte Frauen im E-Health-Bereich, dass ich selten darüber nachdenke. Lindera selbst ist dafür das beste Beispiel. Aber es stimmt, es gibt wohl auch Gesprächsrunden, wo die Männer noch stark dominieren. Ich bin jedoch optimistisch gestimmt und hoffe, dass es nur eine Frage der Zeit ist, dass wir uns solche Fragen nicht mehr stellen müssen – oder sie gestellt bekommen. Ich würde mir wünschen, dass wir diese Debatte spätestens dann hinter uns gelassen haben, wenn meine Tochter damit beginnt, über ihre Berufswahl nachzudenken.

Wie geht es Ihrem Startup?

Lindera geht es sehr gut. Dafür haben wir die letzten Monate auch besonders hart gearbeitet und zahlreiche Projekte auf den Weg gebracht: Wir konnten unsere App, die das individuelle Sturzrisiko einfach per Smartphone oder Tablet ermittelt, in den Dokumentationssystemen zahlreicher Pflege- und Reha-Einrichtungen integrieren. Inzwischen zählen wir bereits mehr als 15 starke Partner aus den Bereichen Wissenschaft, Medizin, Versicherungen und Sport. Mit der bpa Servicegesellschaft mbH haben wir gerade ein Finanzierungsmodell entwickelt, dass es stationären Einrichtungen erlaubt, die Lindera SturzApp dauerhaft einzusetzen und die Kosten über den Pflegesatz abzurechnen. Das ist ein enormer Fortschritt für die Branche und eine Erleichterung für viele Pflegeheimbetreiber, da die im neuen Jahr kommende Erstattung digitaler Pflegeanwendungen über die gesetzliche Pflegeversicherung den stationären Bereich ansonsten ausschließt. Dabei leistet unsere App einen wichtigen Beitrag, um Pflegende zu entlasten, die Dokumentation in den Heimen effizienter zu gestalten und Bewohner*innen letztlich besser zu betreuen.

Sind Produkte für Senioren angesichts der alternden Bevölkerung in Deutschland die Zukunft?


Innovative Produkte und Technologien, die Senior*innen und Pflegekräften den Alltag komfortabler gestalten und erleichtern, sind eine wichtige Stellschraube vor dem Hintergrund unserer Demografie und des Fachkräftemangels. Als Gesellschaft sollte es jedoch unser Ziel sein, alle Altersgruppen gleichermaßen von den Möglichkeiten in der Prävention und Gesunderhaltung profitieren zu lassen. Deshalb arbeiten wir bereits mit verschiedensten Partnern zusammen. Unsere Software lässt sich im Pflege-Bereich genauso effizient einsetzen, wie im Reha-, Physio- und Fitnessbereich. Ein Beispiel dafür ist die App Skill Yoga: Der digitale Bewegungscoach liefert ein Echtzeitfeedback zur korrekten Ausführung der Posen und verbindet dabei Elemente aus dem funktionalen Training mit Übungen aus dem Yoga.

Zum Schluss ein Wort an die Männer . . .

Wer sind denn „die Männer“? Die lassen sich genauso wenig alle über einen Kamm scheren, wie die Frauen. Ich halte nichts von solchen pauschalen Geschlechterzuschreibungen. Vielmehr bin ich dafür, dass wir alle versuchen, die beste Version unserer selbst zu sein – ganz unabhängig vom Geschlecht. Ich bin überzeugt, dass es das Beste ist, was wir für eine faire (Arbeits-)Welt tun können und sollten.  
 
Das Gespräch führte Oliver Stock

20.09.2021 | 13:05

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