Von wegen gerecht: Gasumlage bläht Gewinne der Konzerne auf
Robert Habeck hat die Gasumlage, die jeden Gaskunden mehrere hundert Euro im Jahr kostet, als die „gerecht möglichste Form“ bezeichnet, um die Versorgung in Deutschland sicherzustellen. Jetzt kommt heraus: Von den Einnahmen aus der Umlage profitieren Konzerne, die es überhaupt nicht nötig haben.
Deutsche Gaskunden zahlen künftig mit ihrer Gasumlage Milliarden Euro an in- und ausländische Konzerne, denen es auch ohne diese Einnahmen glänzend geht. Dies geht aus einem Bericht von Trading Hub Europe hervor, jenem Unternehmen, das die Umlage letztlich im Auftrag des Wirtschaftsministeriums organisiert. „Insgesamt haben zwölf Unternehmen rund 34 Mrd. als Prognosewert gemeldet“, heißt es da. Der Wert, an dem sich die Abschlagszahlungen aus der Umlage orientieren, könne am Ende niedriger – oder noch höher ausfallen. Während sich Trading Hub Europe zu den Namen der begünstigten Konzerne ausschweigt, hat das Handelsblatt recherchiert und einige gut betuchte Kandidaten auf dieser Liste gefunden: Neben dem bereits als Nutznießer bekannten Düsseldorfer Versorger Uniper, der finanziell wirklich gebeutelt ist, finden sich dem Bericht zufolge unter anderem auch die baden-württembergische EnBW, die österreichische OMV und die Schweizer Axpo unter den Geldempfängern.
EnBW rechnet trotz steigender Energiekosten in diesem Jahr mit einem Milliardengewinn, hat jüngst seine Dividende erhöht und freut sich über einen seit Jahresbeginn um knapp 30 Prozent gestiegenen Aktienkurs. Chef Frank Mastiaux bewertet das Risiko, dass EnBW durch die Energiekrise in Mitleidenschaft gezogen wird, als „nicht klein, aber auch nicht existenziell“. Trotzdem schaut er derzeit zu, wie die Tochtergesellschaft VNG, eine Gashandelsgesellschaft mit Sitz in Leipzig, Geld aus der Gasumlage beantragt. Man müsse am Markt Gas zu erheblich höheren Kosten beschaffen, rechtfertigt VNG seinen Antrag auf Nachfrage von WirtschaftsKurier und Focus online.
Ein anderes Beispiel ist der größte an der Börse gelistete österreichische Konzern: die OMV. Als Energieversorger und Mineralölkonzern hat die OMV von den hohen Öl- und Gaspreisen stark profitiert und Umsatz und Gewinn im ersten Halbjahr mehr als verdoppelt. Derzeit ist ein Umbau im Gange und die OMV will weg von der Energieversorgung hin zu einem Chemieunternehmen. Ein Teil der dafür nötigen gewaltigen Umbauinvestitionen kommt jetzt von deutschen Gaskunden.
Auch der Schweizer Energieversorger Axpo möchte Geld von deutschen Gaskunden. Er leidet aktuell zwar ein wenig unter der Energiekrise, aber auf hohem Niveau. Die Halbjahreszahlen vielen nicht so glänzend aus wie früher, aber ein Gewinn von rund einer halben Milliarde Schweizer Franken blieb zuletzt doch übrig. Konzernchef Christoph Brand spricht von einem „guten Ergebnis in stürmischen Zeiten“. Damit das so bleibt, zapft er offenbar jetzt deutsche Gaskunden an, die für die Umlage tief in die Tasche greifen müssen.
Besonders pikant ist, dass auch das viertgrößte Ölhandelsunternehmen der Welt, die in Zypern beheimatete Gunvor, bestätigt, Gas nach Deutschland zu liefern und damit ein Anrecht auf Geld aus der Umlage zu haben. Gunvor war 1997 von einem Schweden und seinem russischen Partner Gennadi Timtschenko geründet worden. Kurz vor Inkrafttreten westlicher Sanktionen gegen Russland im Verlauf der ersten Krimkrise, als Timtschenko auf die westliche Sanktionsliste geriet, verkaufte er seinen Anteil an den schwedischen Partner. Jetzt will Gunvor Geld.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte, als er die Gasumlage in dieser Woche vorstellte, das Instrument als „die gerechteste Form, die zusätzlichen Kosten in der Bevölkerung zu verteilen“ bezeichnet. Um die Verbraucher zu entlasten, hatte Kanzler Olaf Scholz kurz danach eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Erdgas von 19 auf sieben Prozent bekannt gegeben.
Oliver Stock
19.08.2022 | 15:59