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Geldpolitik: Krisenmodus vor dem Ende?

Alle wichtigen Notenbanken verharren im Krisenmodus. So hat die japanische Notenbank jüngst ihre stimulierenden Maßnahmen ausgeweitet, die Fed tut sich mit Zinsanhebungen weiterhin schwer und die EZB hält nicht nur an negativen Zinsen und Aufkaufprogramm fest, sondern tendiert sogar zu einer weiteren Ausweitung diese Maßnahmen. Dabei gibt es schon lange keine Krise mehr, die diese Maßnahmen erfordert. Klaus Bauknecht von der IKB kommentiert.

Aus volkswirtschaftlicher Sicht besteht eine Krise für die Geldpolitik nur dann, wenn sich aufgrund eines Vertrauensverlustes oder realwirtschaftlichen Einbruchs die Liquiditätszuführung in Real- und Finanzwirtschaft deutlich zurückgeht, was signifikante Risiken für Konjunktur und Preisstabilität mit sich bringt. Weder in den USA, der Euro-Zone noch Japan sind solche Entwicklungen erkennbar. Niedriges Wachstum allein ist keine geldpolitische Krise.

Bisher führt die Bilanzausweitung der Notenbanken nicht zu einer eskalierenden Inflation. wie von vielen Kritikern befürchtet. Andererseits zeigt die Erfahrung Japans, dass eine anhaltende Krisenpolitik auch kein nachhaltiges Wachstum sicherstellt, was wiederum einen Ausstieg aus der Krisenpolitik ermöglichen würde. Doch für eine Regierung ist es oftmals der einfachere Weg, auf eine expansive Notenbankpolitik zu vertrauen als selber Reformen einzuleiten, die politisch ungleich schwerer durchzusetzen sind. Der aktuelle Krisenmodus der Notenbanken verhindert somit notwendige Reformen insbesondere auf der Angebotsseite und damit auch eine nachhaltige Anhebung des Zinsniveaus – eine Kritik, mit der auch die EZB oftmals konfrontiert wird.

Krisenpolitik gibt der Realwirtschaft nur kurzfristige Impulse und der Erfolg expansiver Geldpolitik lässt schnell nach, je mehr Maßnahmen ergriffen werden. Allerdings vergrößert sie in der Euro-Zone und Japan den Handlungsspielraum der Fiskalpolitik – denn niedrige Zinsen und Anleiheaufkäufe senken die Zinslast für die Staaten und sichern damit deren Schuldentragfähigkeit. Dies wiederum schafft Raum für fiskalisches Handeln. Insofern mag eine expansive Geldpolitik kurzfristig womöglich das Mittel der Wahl darstellen. Ein Kreislauf aus anhaltend niedrigen Zinsen und steigenden Fiskalausgaben beziehungsweise Schuldenquoten hat allerdings eine schleichende Umverteilung von Sparern und Privatsektor zu Schuldnern und Staat zur Folge.

Die aktuelle Notenbankpolitik verursacht keinen Zusammenbruch des Finanzsystems, wie es oftmals befürchtet wird, reduziert aber die Reformbereitschaft der betroffenen Staaten. In diesem Sinne wäre eine steigende Inflationsrate womöglich keine negative, sondern eine willkommene Entwicklung. Sie dürfte zwar kurzfristig weitere Verteilungseffekte von Sparern zu Schuldnern mit sich bringen, würde aber die Niedrigzinspolitik früher beenden. Nur, woher soll eine steigende Inflationsrate bei geringem Wirtschaftswachstum kommen?

Klaus Bauknecht ist Chefvolkswirt der IKB Deutsche Industriebank AG.

11.08.2016 | 14:06

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