(Foto: Onizuka Yoshiki / Shutterstock)



Karrierealle Jobs


Kein Geld fürs Alter? Mir doch egal.

Nicht einmal 50 Prozent der Deutschen sorgt privat fürs Alter vor, ist das Ergebnis einer exklusiven Studie. Viele geben an, dafür kein Geld übrig zu haben. Wie sie später über die Runden kommen wollen? „Wahrscheinlich länger arbeiten als bis 67“, antwortet eine Mehrheit und zuckt mit der Schulter.

Von Oliver Stock / WirtschaftsKurier

Mehr als die Hälfte der Deutschen sorgt nicht fürs Alter vor. Dies ist das Ergebnis einer Studie von „Weltsparen.de“, einer Plattform, die der Berliner Finanzanlagenvermittler Raisin Pension betreibt. Während fast jeder zweite Mann (47 Prozent) in Deutschland für das Alter Rücklagen bildet, sind es bei den Frauen nur vier von zehn. Mehr als jeder zweiten Frau (56 Prozent) droht statistisch gesehen dadurch die Altersarmut. Die Studie  (https://www.weltsparen.de/altersvorsorge/#wie-sorgen-die-deutschen-fuer-ihren-ruhestand-vor), die Focus online sowie dem WirtschaftsKurier exklusiv vorliegt, nennt auch den Grund für die mangelnde Altersvorsorge: Den Menschen fehlt es schlicht an Geld. Von denen für die Studie befragten 2043 Deutschen gaben knapp die Hälfte an, über keine Mittel zu verfügen, die sie regelmäßig für die Altersvorsorge zurücklegen könnten.

Die Ergebnisse kommen in einer Phase des politischen Vorwahlkampfes, in der das Thema Rente immer mehr ins Blickfeld gerät. Politiker und Politikerinnen aller Parteien wissen, dass der Glaubenssatz: „Die Rente ist sicher“, den vor fast einem Vierteljahrhundert der damalige CDU-Arbeitsminister Norbert Blüm verbreitete, alles andere als sicher ist. In Wahrheit fällt die Altersvorsorge, die der Staat für seine Bürgerinnen und Bürger organsiert, längst nicht so üppig aus, dass die Menschen davon unbeschwert leben könnten. Die Folge: Sie müssten stärker als bisher privat für ihr Alter vorsorgen. Nur – und das zeigt die aktuelle Untersuchung – machen das viel zu wenige.

Die letzte Rentenreform setzte SPD-Kanzler Gerhard Schröder durch, als er im Rahmen seiner Agenda 2020 das reguläre Renteneintrittsalter für die Jahrgänge ab 1964 auf 67 Jahre anhob. Die derzeit noch regierende Koalition aus Union und SPD einigte sich dann darauf, dass das Niveau der Rente nicht unter 48 Prozent des durchschnittlichen monatlichen Netto-Einkommens sinken dürfe. Die Einigung soll bis 2025 gelten. Die Rechnung geht aber von Jahr zu Jahr weniger auf. Die nächste Legislaturperiode muss deswegen eine werden, in der die Rente neu sortiert wird. Klar ist dabei: Die fällige Reform führt sicher nicht dazu, dass mehr für die Rentnerinnen und Rentner herausspringt.

Eher wird es weniger. Die Notwenigkeit für jeden, selbst Geld fürs Alter zu sparen steigt damit. Denn was die Politik lösen muss, ist ohne Einschränkungen für die Betroffenen nicht möglich. Sie muss einen längeren Rentenbezug einkalkulieren, weil die Menschen immer älter werden. Sie muss die Rentenansprüche von immer mehr Menschen berücksichtigen, weil sich die Generation der sognannten Babyboomer in den Ruhestand verabschiedet. Und sie darf am besten gar nicht an Zuschüssen aus der Steuerkasse für die Rente schrauben, weil ansonsten die Lohnnebenkosten zu sehr steigen und Jobs in Gefahr geraten.

Als Auswege gibt es nur: Länger arbeiten als bis 67, was Arbeitgeber befürworten, wogegen Gewerkschaften aber Sturm laufen – oder eben ein niedrigeres Rentenniveau. Der CDU-Vorsitzende und Kanzlerkandidat Armin Laschet hat deswegen jüngst angekündigt, nach der Bundestagswahl im September eine parteiübergreifende Rentenreform anstreben. Er sagt: „Wir müssen jetzt sehen: Wie können wir die Rentensysteme auch für künftige Generationen zukunftssicher machen?“ Auch die Grünen haben das Thema auf dem Zettel. Sie planen laut ihrem Wahlprogramm unter anderem, die Basis derjenigen, die in die Rente einzahlen, zu verbreitern: „Um das Rentenniveau zu stabilisieren“, so heißt es bei den Grünen, „wollen wir Schritt für Schritt alle Bürgerinnen und Bürger in die Rentenversicherung einbeziehen – auch Abgeordnete, Selbständige und Beamte.“

Welche Reformen kommen, ist derzeit nicht absehbar. Absehbar aber ist, dass es so oder so zum Leben nicht reichen wird, was der Staat an Rente bezahlt.  Für die, die noch im Arbeitsleben stecken, heißt das, jetzt vorzusorgen. Und die Faustregel der schwäbischen Hausfrau hat bei allen Möglichkeiten, die es für die Altersvorsorge gibt, unverändert Gültigkeit: Je früher und je mehr gespart wird, desto entspannter lässt sich der Ruhestand angehen. Zehn bis 15 Prozent des Jahresgehalts, so lautet die Empfehlung, sollten ab dem 30. Lebensjahr zurückgelegt werden, um im Alter den Lebensstandard halten zu können. Zudem sollte das Geld möglichst sicher, aber auch nicht ertragsfrei angelegt sein. Das heißt: Wertpapiere wie Aktien sollten Teil des Sparguthabens sein. Die beliebtesten Vorsorgearten sind laut der aktuellen Studie die betriebliche Altersvorsorge mit 35 Prozent und Wertpapiere wie Aktien, Anleihen oder Fonds mit 34 Prozent. Die staatlich geförderte Riester-Rente landet mit 29 Prozent nur auf den dritten Platz, ein Verlust von acht Prozentpunkten gegenüber den letzten Daten zu dem Thema, die „Weltsparen.de“ im Jahr 2019 erhoben hatte.

Das Kernproblem liegt aber, wie die Studie zeigt, nicht in bei der Auswahl der richtigen Altersvorsorge, sondern in dem Umstand, dass es vielen Deutschen nach eigenen Angaben an Geld mangelt, um überhaupt vorzusorgen: 47 Prozent der Befragten gaben an, am Monatsende nichts übrig zu haben, was sie sparen könnten. Die Folge: Jeder zehnte Befragte plant, noch im Rentenalter weiterarbeiten zu wollen, um einigermaßen über die Runden zu kommen.

26.04.2021 | 11:13

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