Karrierealle Jobs


Bekommt Lufthansa den Ölpreisschub?

Lufthansa war im vergangenen Jahr von Problemen geplagt: Streiks, geopolitische Krisen und harte Konkurrenz durch Billig-Airlines stutzten dem Kranich die Flügel. Jetzt aber hilft der niedrige Ölpreis.

Die Ölpreise sind stark gefallen, der Kerosinpreis auch - und das spart Lufthansa jeden Tag Millionen. Wieviel genau? „Signifikant“ lautet die Antwort, die der Lufthansa-Vorstand gebraucht, fragt man diesen nach den Erwartungen für den Anstieg des operativen Gewinns 2015. Während der Weltkonzern im Vorjahr, in ein Überschuss von rund einer Milliarde Euro erwirtschaftet wurde, noch 6,7 Milliarden Euro an Kerosinkosten zahlen musste, sollen sich 2015 die Spritkosten nach Absicherungsgeschäften gegen Ölpreisschwankungen (Hedging) auf nur noch 5,8 Milliarden Euro belaufen. Dabei kalkuliert der Vorstand mit einem Preis für das Fass der Nordseesorte Brent von 68 Dollar. Derzeit liegt er sogar deutlich darunter. Damit ist der Ölpreis seit Juni vergangenen Jahres um rund die Hälfte eingebrochen.

Dementsprechend herrscht bei den Analysten und Aktionären derzeit Optimismus, der sich auch am Verlauf des Aktienkurses ablesen lässt. Experten wie Thomas Bergmann, Redakteur beim Anlegermagazin „Der Aktionär“, gehen davon aus, dass ein Fall der 16-Euro-Marke unmittelbar bevorsteht und sich der Kurs bis zum Jahresende auf mindestens 20 Euro steigern könnte. Ähnlich sieht es das japanische Analysehaus Nomura. Dieses hat das Kursziel für Lufthansa von 19 auf 20 Euro angehoben und die Einstufung auf "Buy" belassen. Der Kerosinpreis sei in den vergangenen sechs Monaten um 48 Prozent gefallen - für Europas Fluggesellschaften ein bedeutsamer Kostenvorteil, schrieb Analyst James Hollins in einer Branchenstudie.

Die Commerzbank hat das Kursziel für Lufthansa von 18 auf 20 Euro angehoben und die Einstufung auf "Buy" belassen. Nach reichlich Gegenwind sei nun Rückwind für die größte deutsche Fluggesellschaft zu erwarten, schrieb Analyst Volker Braun in einer Studie vom Dienstag. Der niedrige Ölpreis, bessere Aussichten hinsichtlich der Langstreckenkapazität sowie Selbsthilfe-Maßnahmen dürften positiv wirken. Er habe seine Schätzungen für den operativen Gewinn 2015 und 2016 angehoben

Doch nicht nur die Analysten haben derzeit offenbar Flugzeuge im Bauch, wenn sie an die Lufthansa denken. Auch die Fluggäste bleiben dem Weltkonzern trotz monatelangen Pilotenstreiks und günstigeren Konkurrenten mehr als nur gewogen. So konnte die 1953 neu gegründete Fluggesellschaft im vergangen Jahr erneut die Marke von 100 Millionen Passagieren übertreffen. 2014 flogen im Vergleich zum Vorjahr 1,3 Prozent mehr Menschen mit der Kranich-Airline, was die Anzahl der Fluggäste auf 106 Millionen steigerte. Dabei stieg der Sitzladefaktor um 0,3 Prozentpunkte auf 80,1 Prozent, im Schnitt waren also acht von zehn Sitzen besetzt.

Doch eine milliardenschwere Schadenersatzforderung der Deutsche-Bahn-Frachttochter Schenker und anderer Unternehmen wegen des Vorwurfs illegaler Preisabsprachen gegen mehr als 30 Fluggesellschaften- darunter auch gegen die Lufthansa Cargo AG- bereitet der Kranich-Airline Bauchschmerzen. Bisher ist allerdings unklar, wie hoch der Anteil der deutschen Fluggesellschaft an den inzwischen geforderten, insgesamt fast 3 Milliarden Euro tatsächlich ist. Insidern zufolge soll er jedoch geringer ausfallen als die in früheren Presseberichten angenommenen 10 bis 20 Prozent.

|

Auch die aggressive Konkurrenz der Golf-Konkurrenten werde der Lufthansa die Geschäfte auf Jahre hinaus schwer machen. Die Emirate verfolgen eine Strategie der Marktverdrängung und hätten enorme Kapitalressourcen. Nicht zufällig schickte Qatar Airways im Januar den weltweit ersten Airbus A350 XWB zum Jungfernflug ins Lufthansa-Herz nach Frankfurt. Wie Emirates und Etihad verstärkt Qatar-Chef Akbar Al Baker die Präsenz mit modernsten Jets an Europas Flughäfen, begrenzt nur von den heftig kritisierten Einschränkungen durch die bilateralen Verkehrsrechte. Zudem geht die Einkaufstour der Araber in Europa weiter: Knapp zehn Prozent der British- Airways- und Iberia-Mutter International Airlines Group (IAG) gehen an Qatar Airways. Etihad aus dem Nachbar-Emirat Abu Dhabi sitzt längst bei Air France, Air Berlin, Air Serbia und Alitalia mit am Steuerknüppel.

Die meisten Tarifprobleme der Lufthansa bleiben ebenfalls ungelöst. Der Dauerstreit mit den Piloten kann jederzeit wieder zu Streiks eskalieren. Obendrein hat sich die Kabinengewerkschaft UFO die grundsätzliche Zustimmung ihrer Flugbegleiter für Arbeitskämpfe geholt. Streitpunkt sind hier unter anderem die Betriebsrenten, für die Lufthansa nicht mehr die Renditen garantieren will. Für das Bodenpersonal verlangt Verdi 5,5 Prozent mehr Geld. Stark sinkende Personalkosten sind jedenfalls nicht in Sicht. Kritische Analysten warnen daher vor zu großem Optimismus nur weil die Kerosinpreise derzeit günstig seien.

Weniger erfreulich lief es auch für die Tochtergesellschaft Austrian Airlines. Diese musste 2014 einen Rückgang von 1,1 Prozent auf 11,2 Millionen Passagiere hinnehmen. Die schlechteren Geschäfte in den Krisenregionen Ukraine und Naher Osten haben zu dem Passagierrückgang geführt, hieß es von Seiten der Lufthansa Group. Auch das Cargo-Geschäft startete nicht durch. Hier musste der Konzern erneut rückläufige Zahlen vermelden. Insgesamt ging die Anzahl der umgesetzten Fracht 2014 um 2,7 Prozentpunkte auf knapp 1,7 Millionen Tonnen zurück.

Auch in Zukunft soll die Lufthansa als Premiummarke am Markt positioniert werden. Daher sollen weiterhin die mit Abstand meisten Gelder auch in die Lufthansa-Kernmarke fließen. Dennoch sieht sich der Konzern durch den heterogener gewordenen Markt auch dazu veranlasst, in den „Billigsektor“ zu investieren. Um die Marke Lufthansa nicht zu überdehnen, hat sich der Vorstand dazu entschlossen, eine zweite Marke namens „Eurowings“ aufzubauen. Diese soll zwar auch für Qualität stehen. Allerdings in einem anderen Segment. Die neue Fluggesellschaft fängt zunächst mit sieben Flugzeugen an.

Wenn das Produkt vom Markt angenommen wird und Profitabilität erreicht, kann sich Lufthansa-Chef Carsten Sport, der erst seit einem Jahr im Amt ist, durchaus vorstellen, das Wachstum von „Eurowings“ finanziell voranzutreiben. Günstig soll nicht nur das Fliegen mit dieser Airline sein, die Aktie ist es momentan ebenfalls. Mit einem 2015er KGV von 7 dürfte sie einige neue Anleger an Bord locken.

WIM

17.02.2015 | 16:20

Artikel teilen: