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Macher der Woche: Christopher Cavoli

Die Nato bekommt einen neuen Oberbefehlshaber. Er hat die gefährlichste Aufgabe der Welt: Der US-General muss die Ostflanke der Nato sichern und die Waffen und Munition für die Ukraine organisieren. Dabei darf er die Nato nicht in einen Krieg führen. Der in Deutschland geborene Soldat ist darauf perfekt vorbereitet.

Er sei, sagt er, ein Kind des kalten Krieges. Geboren 1964 in Würzburg, als der Vater, ein US-Soldat mit italienischen Wurzeln gerade dort stationiert gewesen war: Christopher Cavoli derzeit Vier-Sterne-General und Kommandeur der US-Truppen in Europa und Afrika soll im Sommer den Nato-Oberbefehl übernehmen. Sein Titel dann: „Supreme Allied Commander Europe", kurz Saceur. Der, der diesen Titel führt, stammt stets aus den USA - der erste war der US-Weltkriegsgeneral Dwight D. Eisenhower, der als Präsident ins Weiße Haus einzog, nachdem er den bis dahin schwierigsten Job für die USA im kriegswütigen Europa gemeistert hatte. An der Seite des Oberbefehlshabers steht der Nato-Generalsekretär, sozusagen der politische Kopf, den traditionell die Europäer stellen.

Cavolis Aufgabe ist die derzeit die gefährlichste der Welt: Er muss die Ukraine um jeden Preis unterstützen, ohne dass die Nato selbst gegen Russland in den Krieg zieht. Es ist ein Tanz auf dem Vulkan, der mit jeder Haubitze, die die Nato in die Ukraine liefert, und mit jedem Geschoss, das Putins Truppen Richtung Westen feuern, in einen heißen Krieg zwischen Ost und West münden kann. Cavoli bestimmt, welches die richtige Reaktion ist und wo es angemessen sein kann, selbst in Aktion zu treten. Seit Beginn der russischen Invasion in die Ukraine unterstehen dem Befehl des Saceur 40 000 Nato-Soldaten, Tendenz steigend.

Die Nato darf nicht Kriegspartei werden

Für den Mann mit dem kahlgeschorenen Kopf und den freundlichen dunklen Augen sind das überschaubar viele, wenn er es mit dem vergleicht, was sein Vater als Offizier und er als Kind damals für normal gehalten hatten. Während des kalten Krieges bis in die neunziger Jahre waren mehr als eine Viertelmillionen US-Soldaten in Westeuropa stationiert. Cavoli hat in dieser Zeit, 1987 nach Abschluss eines Biologie-Studiums in Princeton seine aktive Laufbahn begonnen. „Es war ziemlich simpel: Wir wusste, wo der Feind stand und wo er voraussichtlich angreifen würde“, berichtet Cavoli in einem Videointerview. (https://www.marshallcenter.org/en/remote-video/marshall-center-voices-general-christopher-cavoli-commander-us-army-europe-and-africa) Es folgte die Offiziersausbildung in Italien, wo sich die Familie heimisch fühlt, das Osteuropa-Studium in Yale, und das Sprachenlernen: italienisch, französisch und russisch – der Vater zweier Söhne ist gut für die neue Aufgabe vorbereitet. Er war „Russland-Direktor“ der US-Streitkräfte in Washington und aktiv an Einsätzen in Bosnien und Afghanistan beteiligt.

Cavoli stellt Zusammenhänge her: „2013 verließen die letzten US-Panzer Europa. Ein Jahr später eroberte Russland Teile der Ostukraine und annektierte die Krim. Das war ein Weckruf.“ Inzwischen kehren die schweren Waffen zurück an eine neue Front. Die Soldaten folgen bis an die Grenze des Nato-Gebietes. Der neue Oberbefehlshaber, weiß, wie er so etwas organisieren muss. Er hat Großübungen geplant, bei der Tausende Soldaten samt Ausrüstung in Windeseile über den Atlantik transportiert wurden. Jetzt muss er Waffen an eine Front transportieren, die schon bei der Anfahrt unter Beschuss geraten. In den letzten Tagen hat die russische Armee mit Raketen und Kampfjets gezielt versucht, Bahnhöfe und Schienenstränge zu zerstören, um Cavoli seine Aufgabe so schwer wie möglich zu machen. Der allerdings macht kein Hehl daraus, genau darauf vorbereitet zu sein: Seit der Annexion der Krim habe die Nato umgedacht. Es sei klar gewesen, dass die Friedensdividende aufgebraucht sei. Er fügt dann mit der Nüchternheit eines Militärs das Ungeheuerliche hinzu: „Ein Krieg mit erheblichen Ausmaßen ist in Europa wieder möglich geworden.“         

Oliver Stock

13.05.2022 | 09:37

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