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Macher der Woche: Ingo Reinhardt

Bisher gilt in Unternehmen die Formel: Bauchgefühl des Marketingmanagers mal Excel des Controllers gleich Preis, der den Kunden für ein Produkt aufgetischt wird. Das geht besser, dachte sich Ingo Reinhardt und gründete mit einem Partner buynomics.

Wahrscheinlich ist Ingo Reinhardt so etwas wie ein „Brain“, der in Sebastian Baier einen kongenialen Partner gefunden hat. Der 44jährige Mathematiker, der sein Rüstzeug unter anderem in Oxford vervollständigt hat, stapelt jedenfalls nicht tief, wenn er sich und Isaac Newton in eine gewisse Beziehung setzt. „Wir haben nicht die Coca-Cola-Formel für die Preisfestsetzung gefunden, sondern, was wir machen, ist eine neue Theorie. Das ist wie Newtons Physik“, sagt er und macht damit neugierig. Immerhin hat Newton die Schwerkraft erklärt und damit der Welt einen gewissen Halt verliehen. Was haben Reinhardt und Baier gemacht?

Ihrer beider Werk dreht sich um Preise. Für Unternehmen bedeutet die richtige Preisfindung durchaus einen gewissen Halt. Man könnte sie sogar die zentrale strategische Herausforderung nennen. Buynomics heißt das Unternehmen, das beide vor drei Jahren in Köln gegründet haben. Es hilft Unternehmen bei der „Preisgestaltung sowie der Komposition von Produkt-Portfolien“, erklären die Gründer und Geschäftsführer. Konkret hat das Unternehmen eine Plattform entwickelt, die mit Hilfe von künstlicher Intelligenz Kaufprozesse simuliert, Kunden sozusagen modelliert und sehr genau ermitteln kann, wer wieviel Geld wofür ausgeben würde. Wer zahlt ein paar tausend Euro für ein paar PS mehr? Wie muss ein Privat-Tarif beim Telekom-Anbieter kalkuliert sein? Was darf der Joghurt kosten, wenn die Marke stark ist? „Unsere Kunden sind Unternehmen, die schon gewachsen und erfolgreich sind. Danone zum Beispiel“, sagt Reinhardt.

Bisher lautete die Formel meistens: Bauchgefühl mal Excel gleich Preis. Dazu dachten sich Marketingabteilungen und Agenturen Kunden und Kundinnen aus, nannten sie verschwörerisch „Buyer“ oder „Personas“ und entwickelten für diese Wunschgestalten Produkte und Dienstleistungen. Reinhardt hält das für Mittelalter oder zumindest für eine „Methode aus dem Vor-Computer-Zeitalter“. Er sagt: „Mit unserer Technologie lässt sich genau bestimmen, wie Präferenzen auf Populationen verteilt sind. Wie wird die Zahlungsbereitschaft eines Produktes durch nachhaltige Verpackungen beeinflusst? Solche Fragen können wir beantworten.“

Die Methode dahinter zu beschreiben – dazu schweigt Reinhardt allerdings genauso verbissen wie Coca-Cola, wenn es ums Limonadenrezept geht. Nur so viel ist sicher: So wie bei Cola Zucker der wesentliche Bestandteil ist, ist künstliche Intelligenz die wichtigste Zutat für buynomics. Und sonst? Reinhardt bleibt wolkig: „Wir haben fleißig wie eine Raupe gearbeitet und jetzt schlüpft der Schmetterling.“ Er ist sich allerdings sicher: „Wir sind noch eine Weile allein mit unserer Technologie. Es ist einfach schwer, uns nachzubauen.“

Seine Geldgeber jedenfalls vertrauen ihm und Mitgründer Baier und haben jüngst die nächste Finanzierungsrunde mitgetragen. DvH-Ventures, der Risikokapitalgeber der Holtzbrinck-Gruppe gehört zu diesen Geldgebern, die Aussagen wie die von Reinhardt, dass die Technologie stehe und es „jetzt um die Skalierung“ gehe, gerne hören. Das nämlich bedeutet Wachstum - ein Wert, der bei den meisten Startups mehr zählt als Profitabiliät.

Für Kunden jedenfalls soll sich der Einsatz von buynomics vom ersten Tag an lohnen. „Mit Hilfe unserer Pricing-Technologie lassen sich je nach Ziel Umsätze oder Gewinne um zwei bis vier Prozent erhöhen“, sagt Reinhardt, womit klar wird, dass er als Mathematiker immer auch ein Realist geblieben ist. Wie Newton eben.                 

Oliver Stock

27.08.2021 | 11:41

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