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Macher der Woche: Robin Jaacks

Der Geschäftsführer von Ocean Insights hat sich auf das Geschäft mit Verspätungen spezialisiert. Das Datenanalyse-Unternehmen sagt voraus, wann Seefracht pünktlich oder zu spät ankommt. Die Information spart Kunden bares Geld.

Auf hoher See geht es gewissermaßen nicht viel anders zu als auf dem platten Land: Wer von einem Ort zum anderen muss, kommt nicht immer pünktlich an. Das Klagelied über verspätete Bahnen singen alle. Auf See sind es die Schiffe, die den Fahrplan nicht einhalten, und mit ihnen das, was sie geladen haben: „35 Prozent der Container sind einen Tag oder mehr verspätet“, sagt Robin Jaacks, einer von drei Geschäftsführern bei Ocean Insights.

Als er 2015 zu dem Hamburger Unternehmen stieß, war er einer der ersten, inzwischen sind es 84 Statistiker, Mathematikerinnen und Physiker, die in Hamburg, Rostock und Indien ihren Arbeitsplatz haben, und das Unternehmen ist im Gegensatz zu den allermeisten Gründungen dieser Jahre seit 2017 profitabel. Das hat damit zu tun, dass Ocean Insights ein Produkt herstellt und selbst verkauft und nicht die Plattform baut, über die andere Produkte gehandelt werden. In der Digitalisierung stehen Unternehmen beide Wege offen, kurzfristig jedenfalls ist der Weg über den Produktverkauf der profitablere. Mit einem kleinen Seitenhieb auf die Gründerszene fügt Jaacks noch hinzu, das mitunter die Konzentration aufs Wachstum verschleiere, dass das eigentliche Geschäftsmodell vielleicht noch nicht ganz so ausgereift sei.

Jaacks jedenfalls, 30 Jahre alt, studierter Politologe und Volkswirtschaftler, beherrscht das Geschäft mit den Verspätungen. Ocean Insights sammelt weltweit Daten in Echtzeit von Satelliten, Häfen und Reedereien und kann so sehr genau vorhersagen, wann welche Fracht, wo eintrifft – oder eben nicht ankommt. Für Branchen, wie die Automobilzulieferindustrie, für die die absolut pünktliche Bereitstellung von Teilen existenziell geworden ist, sind solche Informationen reines Geld wert, weil sie rechtzeitig auf sich abzeichnende Verspätungen reagieren kann. Zu den mehr als 200 Kunden in 30 Ländern, die das schnell erwachsen gewordene Startup inzwischen betreut, gehören neben den Automobilzuliefern in Deutschland Weltkonzerne wie der Getränkehersteller Pernot Ricard und der Konsumgüterkonzern Procter & Gamble.

Die Pandemie hat den Hamburgern dabei in die Hände gespielt. Seit dem Januar spielten die Daten verrückt. Die Zahl der „Blank Sailings“, worunter Reeder und Kapitäne jene Häfen verstehen, die sie aus Zeitgründen oder mangels Nachfrage bei ihren Routen einfach auslassen, schoss nach oben. „Uns ist die Kinnlade runtergeklappt“, sagt Jaacks. Die Daten zeigten, dass sich von Asien ausgehend etwas zusammenbraute, was die Lieferketten bedrohen würde. „Leider ist die globale Schifffahrtsbranche seit langem von manuellen Prozessen geprägt, die die Effizienz erheblich verringern, weil sie fehleranfällig und langsam sind“, sagt Jaacks. Der automatisierte Zugriff auf Daten zur Sichtbarkeit der Fracht garantiere nicht nur Transparenz darüber, wo sich eine Sendung befindet, sondern helfe Unternehmen auch bei strategischen Entscheidungen. Auch die Performance von Reedereien lasse sich so messen – womit klar wird, dass die traditionellen Seespediteure in den Hansestädten und anderswo einen ungewöhnlichen, jungen Partner bekommen haben, der ihnen auch mal die Hölle heiß machen kann.

Was Daten für Seefracht angeht, bezeichnet Jaacks sein Unternehmen selbstbewusst als Weltmarktführer, allerdings schläft der Wettbewerb nicht. Mit „Project44“ oder „FourKites“ haben sich beispielsweise in den USA Anbieter etabliert, die das, was Ocean Insights für den Seeweg anbietet, für den Landweg produzieren: Daten über absehbare Verspätungen von LKW’s und Bahnen. Erzeugt das Konkurrenzdruck? Jaacks ist entspannt. „Wir spüren“, sagt er, „derzeit keinen Atem im Nacken.“

oli

18.12.2020 | 14:16

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