Glaubt nicht an sinkende Immobilienpreise im Luxussegment: Sven Odia, Vorstandsvorsitzender von Engel & Völkers.



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Macher der Woche: Sven Odia

Luxusimmobilien zu mögen, ist keine Seltenheit. Die Leidenschaft zum Beruf zu machen, gelingt nicht vielen. Der Vorstandsvorsitzende von Engel & Völkers hat es gemacht. Und stellt fest, wie stabil das Segment in der Wirtschaftskrise dasteht. Sinkende Preise sieht er nicht. Auch wenn im nächsten Jahr eine Pleitewelle übers Land schwappen sollte.

Lange gab es den Duden, für die Rechtschreibung und den Brockhaus, um etwas nachzuschlagen. Dann kamen Google und Wikipedia und lösten die Platzhirsche des Wissens ab. Die „Fibel“ aber ist geblieben.

Die „Fibel“ wird beim Immobilienunternehmen Engel & Völkers jenes Werk genannt, das Mitgründer Christian Völkers vor mehr als 40 Jahren niederschrieb und worin er die perfekte Immobilienvermittlung skizzierte. Unter anderem ist darin geregelt, dass jede Hausbesichtigung im schönsten Raum und zum Beispiel nicht im Heizungskeller endet. Einer, der die Fibel völlig verinnerlicht hat, ist Sven Odia, der im vergangenen Jahr Völkers an der Spitze des Unternehmens ablöste. Er regiert seither ein Immobilienreich, das sich über 33 Länder erstreckt und in dem rund 13000 Menschen unter der Marke Engel & Völkers arbeiten.

Hamburger Jung

Blond und mit klaren blauen Augen könnte er als ein Hans Albers des Jahres 2020 durchgehen und tatsächlich ist er ein „Hamburger Jung“, lebt mit seiner Familie in den Elbvororten, wenn er nicht wie jetzt gerade in Spanien oder sonstwo im Kosmos des Unternehmens unterwegs ist. Die Geschäfte laufen gut, man könnte sogar sagen: sehr gut. Die Corona-Krise hat im Bereich der Luxusimmobilien Spuren hinterlassen: positive Spuren. Die Vermittlung von Anwesen der teureren Sorte, deren Preis so zwischen zwei und fünf Millionen Euro liegt, sei im Sommer sprunghaft gestiegen, berichtet Odia. Sie habe 60 Prozent über dem Vorjahr gelegen. Eine Meldung, wie die der Schweizer Großbank UBS aus der vergangenen Woche, wonach in Ballungszentren wie München und Frankfurt, der Markt so überhitzt sei, dass die Immobilienpreise einbrechen könnten, kann Odia deswegen nicht nachvollziehen. „Der fundamentale Trend zu Immobilien in hervorragenden Stadtlagen hat sich nicht geändert. Das liegt einfach daran, dass es nach wie vor zu wenig Wohnraum gibt. 350 000 Wohneinheiten in Deutschland müssten pro Jahr neu entstehen, um die Nachfrage zu stillen. Rund 260000 sind es nur. Deswegen und angesichts niedriger Zinsen bleiben die Immobilienpreise stabil“, glaubt er und spricht von einem sehr langfristigen Trend.

Dass Odia gerade durch sein Lieblingsland Spanien tourt und hier trotz neuerlichen Corona-Beschränkungen seinem Geschäft nachgeht, hängt auch damit zusammen, dass Spanien für ihn eine Art zweite Heimat sein muss. Die Geschichte des 43jährigen ist eng mit Spanien und noch enger mit Mallorca verknüpft. Es war vor mehr als 20 Jahren die damals gerade beginnende Suche vieler Deutscher nach Feriendomizilen auf der Insel Mallorca, die ihm zu seinem beruflichen Fundament verhalf. Nach seiner Ausbildung zum Kaufmann der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft zog er auf die Ferieninsel und baute als Lizenzpartner das Geschäft für Engel & Völkers auf – als 22jähriger. Liebt er das Risiko? „Irgendetwas hat mich getrieben, ich wollte das unbedingt und voller Überzeugung machen“, sagt er. Er sagt es empathisch. Seine gute Laune steckt an. Und sie hat es wahrscheinlich auch damals schon, denn Odia wurde schnell einer Topverkäufer im Unternehmen, weshalb die Zentrale auf ihn aufmerksam wurde und der berufliche Aufstieg seinen Lauf nahm.

Die Schockstarre war kurz

Dass im Jahr eins seiner Tätigkeit als Vorstandschef Corona gekommen ist, verbucht er als Herausforderung: „Wir hatten früh im März unser regionales Büro in Mailand temporär geschlossen. Kurz darauf habe ich entschieden, auch die Zentrale in Hamburg zeitweilig zu schließen. Wir haben dann für vier Wochen im Frühjahr so etwas wie eine Schockstarre verspürt. Käufer und Verkäufer waren verunsichert.“

Es ging dann schnell wieder los, allerdings haben sich die Ansprüche verändert: „Die Bedürfnisse der Käufer sind heute anders als noch vor sechs Monaten: Separates Arbeitszimmer, ein eigenes Spielzimmer für Kinder, Garten, Terrasse oder zumindest Balkon, überhaupt: mehr Platz – das ist das, was seither verstärkt gesucht wird. Dahinter steckt der immer fliessendere Übergang zwischen Arbeits- und Familienleben“, sagt Odia. Sinkende Preise im Luxussegment seien nicht in Sicht, auch wenn im nächsten Jahr die Wirtschaftskrise anhalte. „Wenn ich mir anschaue“, meint er, „was während der Finanzkrise passiert ist, glaube ich nicht daran. Immobilien werden wie Gold als sicherer Hafen gehandelt. Als Anlageklasse sind sie immer wertvoller geworden, in dem Maße wie Zinsanlagen unattraktiver geworden sind.“

Odia gibt sich damit als unerschütterlicher Optimist. Als Kaufmann weiß er, dass das eine gute Geschäftsstrategie ist: Nichts ist so sexy wie der Erfolg. Eine Hamburger Zeitung hat ihn einmal nach jenem Wunsch gefragt, von dem auch einer, wie er nicht in der Lage ist, ihn sich zu erfüllen: „Ich würde gerne mit John F. Kennedy vor Cape Cod segeln, wenn ich eine Persönlichkeit aus der Vergangenheit treffen könnte.“ Vielleicht wäre er auch gerne Autor der Fibel geworden. Aber die gibt es ja schon.                    

oli

09.10.2020 | 12:42

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