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Machtkampf ohne Gegner

Eigentlich ist ein Machtkampf in der Regierungspartei die Stunde der Opposition. Doch Olaf Scholz ist nicht der richtige Mann, und die SPD nicht mehr die richtige Partei, um hieraus Kapital schlagen zu können.

Von Oliver Stock / WirtschaftsKurier

Es war einmal eine Zeit, da war die politische Niederlage des einen Grundlage für den politischen Aufstieg des anderen. Helmut Kohl wurde Kanzler, nachdem die Union ein Misstrauensvotum gegen Helmut Schmidt inszeniert und gewonnen hatte. Gerhard Schröder war nach 16 Jahren Kohl die Alternative, die die SPD erfolgreich gegen die Union ins Feld führen konnte. Und die Union mit Angela Merkel als Kandidatin nutzte die Entfernung des Kanzlers Gerhard Schröder von seiner Partei gnadenlos aus, um sich als geschlossene Alternative zu präsentieren und Schröder die Macht zu entreißen. Das Hin und Her zwischen Union und Sozialdemokraten, zwischen Schwarz und Rot – es liest sich wie ein Märchen, dessen gütliches Finale stets darin bestand, dass eine neue Hoffnungsfigur am Horizont erschien.

Doch das Märchen ist auserzählt. Es gibt kein neues Kapitel mehr. Denn es gibt keine Hoffnungsfigur von der anderen Seite. Sie hätte allerspätestens jetzt kraftvoll auf der Bildfläche erscheinen müssen. Jetzt, wo sich die Erben Angela Merkels im Nahkampf zerfleischen. Jetzt, wo sich die CDU daran aufreibt, entweder einen wie Markus Söder zu ihrem Kandidaten zu machen, der trickreich und mit dröhnendem Charisma Wahlen gewinnen kann. Oder einem Armin Laschet das Ticket zur Kanzlerkandidatur zu überreichen, der es besser versteht als sein Konkurrent, eine politische Partei zusammenzuhalten. Jetzt wäre nach alter bundesrepublikanischer Arithmetik die Stunde des Olaf Scholz. Heute ist der Tag, an dem er seine Partei aus dem Umfragetief herausführen kann.

Das Zeug dafür hat er. Als Generalsekretär unter Kanzler Gerhard Schröder beherrscht er die Abteilung Attacke. Als ehemaliger Fürsprecher der Agenda 2020 hat er zumindest einmal erfahren, was es bedeutet, größer und über die Parteigrenzen hinweg zu denken. Als amtierender Vizekanzler ist er näher an der Machtspitze als irgendjemand anderes im Land. Als Finanzminister verfügt er über die Übersicht, was alles in der Pandemie möglich wäre, wenn sich Deutschland nur dazu entschließt. Und als Kanzlerkandidat der SPD liegt er in Umfragen derzeit gleichauf mit dem bislang möglichen Kanzlerkandidaten der Union Armin Laschet.

Doch Scholz ist eben nicht Schröder und die Borjans-Esken-Kühnert-SPD ist keine Truppe mehr, die wirklich an die Macht strebt. Sie hat es sich eingerichtet mit ihren Posten und Pöstchen in der Großen Koalition. Vor lauter Willen zum Mitmachen ist ihr der Willen zur Führung abhandengekommen. Vor lauter Mindestlohn, Corona-Hilfe hier und Klimaschutz dort ist ihr die Frage aus dem Blick geraten, wofür sie überhaupt steht. Scholz Fehler ist es, auf diese Truppe zu setzen, die ihn links von der Mitte positioniert. Eine Kanzler-Mehrheit ist damit nicht zu holen. Selbst für eine gespaltene Union ist Scholz damit keine Gefahr. Laschet und Söder wissen: Ihre Parteien standen niemals einem schwächeren SPD-Herausforderer gegenüber.

12.04.2021 | 14:02

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