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Manuela Schwesig - märkische Gouvernante

Familienministerin Schwesig startete als telegener Star der SPD im Kabinett. Doch inzwischen ist sie isoliert und mit vielen zerstritten. Die Debatte um die Frauenquote offenbart ihr Problem.

Sie sieht aus wie Maria Furtwängler. Sie kann reden wie Ursula von der Leyen. Sie denkt links wie eine französische Sozialistin und agiert hyperaktiv wie ein Zappelphilipp. Vor allem aber ist sie stur wie ein märkischer Landpolizist. Manuela Schwesig gelangt in diesen Tagen an einen Wendepunkt ihrer Karriere. Die Familienministerin kam nicht nur ins Kabinett, weil sie telegen, weiblich und aus dem Osten daherkam. Sie war eine echte Hoffnungsträgerin der SPD. Nach einem Jahr als Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend aber wirkt sie entzaubert.

Dabei wirbelt sie durch Aktionen, Interviews und Themen, als gäbe es kein politisches Morgen: Als Kämpferin gegen Kinder-Pornografie im Internet und für Diversität wie Inklusion. Gegen Genderdiskriminierung. Für die Familienpflegezeit. Für Antifa-Aktionen gegen Neonazis. Es hagelt Interviews und Auftritte bis hin zur Offenbarung, auch sie sei schon mal Opfer von "unterschwelligem Sexismus" geworden. Dann will sie plötzlich im Vorbeirauschen noch schnell das deutsche Wahlrecht revolutionieren: Ein Elternteil soll pro Kind eine Stimme mehr bekommen. Und am Abend der Revolution wird sich noch schnell dafür eingesetzt, dass Krankenkassen die Kosten für künstliche Befruchtung doch auch bei unverheirateten Paaren übernehmen. Puh.

Untätigkeit kann ihr keiner vorwerfen. Eher eine Hyperaktivität, die ihr Ministerium manchmal zur Verzweiflung treibt. Im eigenen Haus wird enttäuscht über die Ministerin gesprochen, die Organisation sei zuweilen vogelwild, sie übergehe die Linien ebenso wie die Sachkompetenz und sei zu sehr auf die PR ihrer Person konzentriert.

Schwesig leidet an ihrer mangelnden Erfahrung im Regierungshandeln. Und an der fehlenden Einbindung in Parlament und Fraktion. Sie hat nicht einmal ein Bundestagsmandat. Damit lässt sie die Spielregeln der Kompromisskultur zuweilen außer Acht, vergisst es, Allianzen zu schmieden und Verbündete zu suchen. Stattdessen begibt sie sich gerne in die Pose der streitlustigen Widerständlerin, was ihr bei Medien manchen Punkt beschert, in der wahren Politik aber die Durchschlagskraft mindert.

In der Regierung, im Parlament, ja selbst unter den Genossen geben sich einige inzwischen "genervt" von Schwesig.

Mit ihrer konfrontativen PR-Strategie hat sie in der Familienpolitik für die SPD wenig erreicht. Dabei sollte das ein Schlüsselthema der sozialdemokratischen Profilierung werden. "Sie will nicht zu wenig, sondern zu viel", mahnt ein führender Sozialdemokrat. Sie verhandle nicht diskret und geschickt um die Sache, sondern laut und plump für den Effekt. Damit lockt sie vordergründig vor allem die CDU/CSU aus der Reserve der Kritik und provoziert Blockaden. Im Hintergrund aber ärgert sich auch Sigmar Gabriel zusehends über die Gouvernante aus der Mark. Das Wort von der "Nervensäge" macht die Runde.

Deutlich wird die Ablehnung des Regierungsstils von Schwesig bei Unionsfraktionschef Volker Kauder. Der rüffelt die Ministerin offen und will bei der Einführung einer Frauenquote "keinen Deut mehr" umsetzen, als im Koalitionsvertrag steht. Genau das aber versucht Manuela Schwesig; sie will etwa Unternehmen zu längeren Dokumentationen verpflichten, Kauder fährt ihr in die Parade und lässt über die Bildzeitung klären, dass die Union "keine ausufernde Berichtspflicht" für Unternehmen mittragen werde. "Davon haben auch die Frauen nichts", belehrt Kauder.

In der CSU ist Schwesig mittlerweile noch unbeliebter als Andrea Nahles - und das will schon etwas heißen. Doch während Nahles ihre ganze politische Erfahrung bei der Durchsetzung ihrer umstrittenen Reformen einsetzt, sich vernetzt und Rückhalt sucht, hat sich Schwesig - reichlich unpolitisch - isoliert: "Sie bekommt derzeit sogar noch weniger durch als mit der Union eigentlich möglich wäre", heißt es aus dem Kanzleramt. So bekämpft sie nach wie vor das Betreuungsgeld ideologisch verbissen, obwohl ihr eigenes Ministerium es milliardenschwer verantwortet. Sie verhält sich zuweilen immer noch wie eine Oppositionspolitikerin, obwohl sie längst selber regiert.

Sah es vor Monaten noch so aus, als werde Schwesig das weibliche Zukunftsgesicht der SPD, weil sie nicht mit roten Haaren, giftigen Parolen und flachen Schuhen daher gestampft kam wie viele SPD-Politikerinnen vor ihr, sondern modern und life-stylig wirkte. Heute zweifelt man an der politischen Substanz. Plötzlich hört man im Bundestag Witze über ihren brandenburgischen Akzent und ihre vielen Fototermine. Die harten Themen werden ihr zusehends von anderen Ministern entwunden. So spricht inzwischen Justizminister Heiko Maas bei der Frauenquote das entscheidende Wort mit. Maas ist in seiner Regierungstechnik geradezu das Gegenteil von Schwesig, er sucht pragmatische Lösungen und baut Brücken, um voran zu kommen. Und er hat jederzeit die Rückendeckung Gabriels.

Schwesig wird - will sie nicht richtig abstürzen in ihrem Regierungshandeln - Verbündete finden müssen. Das allerdings dürfte mit ihrer märkischen Dickköpfigkeit nicht ganz leicht werden. Wo Nahles und Maas manche Probleme auf rheinische Art weg kungeln, gibt sie sich immer preußisch fordernd - und bleibt so am Ende hinter ihren Möglichkeiten zurück.




Manuela Schwesig ist "Person der Woche" in Wolfram Weimers Kommentar für n-tv.de.

29.11.2014 | 10:58

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