Sprachlos: Der als "Living Brand" ausgezeichnete Journalist und Talkmaster Markus Lanz führt zusammen mit dem Verleger Wolfram Weimer sein erstes Interview, in dem er nur über Mimik, Gestik und Pappschilder kommuniziert.



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Markus Lanz sieht sich als „Fiat 500“ des deutschen Journalismus



Markus Lanz sieht sich als „Fiat 500“ des deutschen Journalismus

Talkmaster wird auf der Markengala als „Living Brand des Jahres 2022“ ausgezeichnet. In der aktuellen Krisenlage Deutschlands rät er zum Optimismus: „Dieses Land ist viel besser als wir glauben“
 
Sie gilt als eines der wichtigsten Gipfeltreffen der deutschen Kommunikationsbranche: Die „Marken Gala“ in Frankfurt. Die Spitzen der deutschen Werbewirtschaft ehren dort alljährlich die Marken und Kommunikatoren des Jahres. Als „Living Brand des Jahres 2022“ ist diesmal der Journalist und Talkshow-Star Markus Lanz ausgezeichnet worden, dessen Name laut Juryurteil „für die offene Debatte, kritisches Hinterfragen und informationelle Aufklärung in allen großen Fragen der politischen Nation steht“.
 
Lanz wurde wegen einer schweren Erkältung vom Hamburger Krankenbett in die mit 700 Galagästen voll besetzte Alte Oper zugeschaltet und gab dem Verleger und Gala-Gastgeber Wolfram Weimer ein außergewöhnliches Interview. Da Lanz in der Krankheit seine Stimme verloren hat, führte er mit Weimer den Dialog via Papptafeln, expressiver Gestik und Mimik. Auf die Frage, „Wären Sie eine Marke, welche wäre das?“ kritzelte Lanz als Antwort „Fiat 500“ auf ein Schild. Als Rat an Deutschland in der Krise empfahlt er Optimismus mit der Losung: „Dieses Land ist viel besser als wir glauben!“ Auf die Frage, was Lanz eigentlich wähle, spielte Lanz den Wechselwähler der Mitte. Er hielt eine gelbe Banane, einen roten Apfel, ein schwarzes Lakritz und ein grünes Bonbon in die Höhe und zuckte jeweils mit den Schultern. Mit Blick auf 2025 und die Frage, wer denn wohl Deutschlands nächster Kanzler werde, antwortete Lanz zur Verblüffung des Publikums per Malstift „Scholz“, um dann stirnrunzelnd „Scholz ???“ nachzuschieben.
 
Der Verleger Wolfram Weimer hatte Lanz zuvor in seiner Laudatio als „erfolgreichsten Podcaster und Talkmaster zugleich“ gewürdigt – und das, obwohl er seine Sendung „zur miserabelsten Sendezeit rund um Mitternacht“ ausstrahlen müsse. Weimer forderte das ZDF direkt auf, „Lanz endlich zur Prime Time auf Sendung“ zu nehmen. Das wäre „ein Dienst an der Debattenkultur Deutschlands und am Schlafbedürfnis Millionen politisch Interessierter“. In seiner Laudatio rühmte Weimer die „herausragende Sprachmacht“ von Markus Lanz: „Er schwebt mit der Präzision einer Südtiroler Drahtseilbahn dialogisch immer geschmeidig hinauf in die Sphären des böigen, manchmal stürmischen Meinungskampfes und der machtpolitischen Decouvrage als würde er Wolken der Erkenntnis aufreißen.“ Lanz führe seine Talkrunden „leidenschaftlich wie ein Süddeutscher, stringent wie ein Norddeutscher, kritisch wie ein Ostdeutscher und doch verbindlich wie ein Österreicher. So was kann nur ein Südtiroler.“
 
Weimer verwies darauf, dass Die Lanz-Sendung von „kreativer Varianz“ geprägt sei. Lanz sei ein „Unberechenbarer im besten Sinne des Wortes“. Er verfüge über „eine seltene Ligatur des Suchenden, wo andere immer schon alles Gefunden zu haben glauben“. Diese „urwuchtige und urjournalistische Neugier“ führe dazu, dass „sein Erkenntnisfeld größer ist als andernorts, es geht ihm beim Politischen auch um das Komische und Tragische, das Entsetzliche und Verblüffende, das Sehnsüchtige, letztlich das Menschliche.“ Lanz habe seine Sendung permanent neu erfunden. In der Pandemie habe er „ein aufklärerisches Oberseminar für modernes Wissensfernsehen“ geliefert, im Bundestagswahlkampf dann „ein Heißer-Stuhl-Format für Politiker“. Ein Erfolgsgeheimnis von Lanz liege darin, dass er „in einer Republik, die die Korridore des Gesagten zusehends eng macht, die sich am liebsten auf einem Quadratmeter politisch korrekter Mitte treffen will“, den Raum für Debatten bewusst offenhält. Lanz gehe es nicht um die Mobilisierung von Vorurteilen, sondern schlichtweg um die Wahrheit. Lanz leiste damit einen guten Beitrag zur politischen Kultur, weil er der Warnung von Martin Walser, in Deutschland drohe „das Ungesagte zum Eigentlichen“ zu werden, offen entgegenwirke. Lanz sei - obwohl er sich nur als Fiat 500 der Medienbranche wähne - schlichtweg „ein großer Journalist“.   
 
TE

30.10.2022 | 18:05

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