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„Meldestelle“ sammelt auf Staatskosten antifeministische Vorfälle

Familienministerin Lisa Paus fördert mit mehr als zwei Millionen Euro eine Stiftung, die jetzt eine „Meldestelle für Antifeminismus“ online geschaltet hat. Brisant: Auch der Chef des Verfassungsschutzes in Thüringen ist verantwortlicher Stelle bei der Stiftung dabei. Inzwischen hagelt es Kritik.

Seit knapp einem Jahr ist die grüne Familienministerin Lisa Paus im Amt. Vor allem das Thema Grundsicherung für Kinder treibt sie voran. Derzeit jedoch überlagert ein anderer Vorgang das, was Paus eigentlich vorhat. Es geht um die Heidelberger Amadeu Antonio Stiftung, deren Ziel es nach eigener Auskunft ist, „eine demokratische Zivilgesellschaft zu stärken, die sich konsequent gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus wendet“. Die Stiftung erhält seit Jahren Millionen-Zuwendungen aus dem Familienministerium, allein 2022 waren es mehr als zwei Millionen Euro, wie aus einer Bundestagsdrucksache hervorgeht. (https://dserver.bundestag.de/btd/20/038/2003843.pdf)

Die Stiftung hat in diesem Monat ein Online-Portal in Betrieb genommen, das sich „Meldestelle für Antifeminismus“ nennt. Dort kann jeder eine Meldung eintragen, wenn ihr oder ihm auffällt, dass jemand beispielsweise gegen das Gendern in der Sprache wettert. Oder wenn Kritik an der Arbeit von Gleichstellungsbeauftragten geübt wird. Oder wenn etwa kritische Berichte zur Finanzierung von Transgender-Gruppen erscheinen. Auch das namentliche Nennen von Aktivistinnen, die sich für Feminismus einsetzen, kann schon einer Meldung würdig sein.

Judith Gahner, Leiterin der Fachstelle Gender bei der rund 120 Mitarbeiter starken Amadeu Antonio Stiftung begründet die Notwendigkeit dieser Meldestelle so: „Antifeminismus zeigt sich in verschiedenen Formen und ist gezielte Strategie.“ Vor allem Frauen und queere Menschen in Politik und Zivilgesellschaft würden bedroht und angegriffen. „Sie sollen eingeschüchtert und mundtot gemacht werden. Ihr Einsatz für Geschlechtergerechtigkeit und Gleichberechtigung wird behindert und zurückgedrängt. Das ist zutiefst demokratiegefährdend.“ Deswegen gibt es eben nun die Möglichkeit, unter der Adresse www.antifeminismus-melden.de Erfahrungen mit solchen antifeministischen Angriffen bekannt zu machen. Die Stiftung will dabei nach eigener Auskunft nur „dokumentierten, berichten und sensibilisieren“. Sie will zwar nicht die Strafverfolgungsbehörden ersetzen, aber sie ist mit der Arbeit der Polizei in diesem Bereich deutlich unzufrieden: „ Zwar sei die polizeiliche Erfassung von Straftaten seit dem vergangenen Jahr durch das Unterthema „frauenfeindlich“ ergänzt worden, „doch viele Vorfälle werden nicht als antifeministisch erkannt und bisher nicht systematisch erfasst – auch weil viele unterhalb der Strafbarkeitsgrenze liegen“, heißt es in einer Stiftungsmitteilung zu der neuen Meldestelle. Deswegen wolle man dieses Dunkelfeld erhellen.

In der Stiftung legen die Verantwortlichen Wert darauf, dass die Meldestelle keine Namen oder personenbezogenen Daten speichert. Allerdings können die Macher am Ende nicht verhindern, dass die Urheber der Meldungen, auch Ross und Reiter nennen. Solche Meldungen würden dann anonymisiert, heißt es. Heikel ist vor diesem Hintergrund allerdings, dass in der Stiftung Funktionäre sitzen, die von Berufswegen aufs Datensammeln spezialisiert sind: Stiftungsrat bei der Organisation ist unter anderen Stephan Kramer, der im Hauptberuf den Verfassungsschutz in Thüringen leitet.

Kritik an der Meldestelle kommt inzwischen von berufener Seite. Kristina Schröder, als CDU-Familienministerin unter Angela Merkel Vorgängerin von Lisa Paus schreibt in einem Gastbeitrag für die „Welt“: „Zivile Meldestellen bewegen sich immer am Rande des Denunziantentums – und sprechen dem Staat eine zentrale Funktion ab. Doch die Amadeu-Antonio-Stiftung tut genau das. Die woken Diskurs-Killer werden ausgerechnet vom deutschen Staat finanziert.“ „Wozu, fragt sie, „braucht es in einem Rechtsstaat privat initiierte Meldestellen?“ Die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU Bundestagsfraktion Dorothee Bär spricht von „Denunzieren und Diffamieren auf Staatskosten“. Bundesfamilienministerin Paus schäme sich nicht, „zur vermeintlichen Stärkung unserer Demokratie eine Kultur des Anschwärzens zu fördern. Damit lässt sie jegliche Sensibilität dafür vermissen, was unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt wirklich gefährdet und spaltet.“

Oliver Stock

24.02.2023 | 13:03

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