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Mit diesen fünf Punkten bekommen wir die Energiepreise in den Griff

Steuersenkungen, Subventionen, Gutscheine: Die Diskussion, um ein Gegenmittel gegen die hohen Energiepreise, ist in vollem Gange und vieles geht durcheinander. Wenn wir uns jedoch fünf Punkte stellen, lässt sich das Durcheinander lichten.

Es ist ein psychologischer Effekt: Nach einem unvorhergesehenen Ereignis herrscht ängstliches Durcheinander. Jeder braucht Zeit, sich zu sortieren. Die durch den Krieg in der Ukraine und die Sanktionen gegen Russland über jedes Maß hinausgeschossenen Energiepreise sind ein solches unvorhergesehenes Ereignis. Sie führen zu Angst: Angst bei energieintensiven Unternehmen in der Chemie und Montanindustrie, die nicht wissen, wie sie die Preise bezahlen sollen. Angst bei den Spediteuren, die bei jeder Fuhre draufzahlen, Angst bei den Händlern, weil die Regale leer bleiben, wenn die Lastwagen wegbleiben, Angst bei den Energieversorgern, die nicht wissen, wie sie den Preis, den sie ihren Kunden garantiert haben, noch anbieten sollen, ohne selbst in die Pleite zu rutschen. Und Angst bei all denen, die aufs Auto angewiesen sind, weil es keine machbare Alternative gibt.

In der Politik, wo eben noch alles auf Energiewende gepolt war, führen diese Ängste zum derzeitigen Durcheinander: Tankgutscheine, Steuersenkungen, Anzapfen von Reserven – alle möglichen Vorschläge machen die Runde. Tatsächlich ist es Zeit, das was Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zu Aufrüstung und Nato gesagt haben, auch auf die Energiepolitik anzuwenden: Auch dort gibt es jetzt eine Zeitenwende. Und die führt zu einer Abkehr von der Energiewende, wie wir sie uns bisher vorgestellt haben.

Fünf Punkte sind es, die sich ändern, die von der Politik vorangetrieben und von den Menschen und Unternehmen in Deutschland akzeptiert werden müssen:

Erstens: Schneller wenden

Die Wende von der Wende bedeutet nicht den Ausstieg aus der Energiewende, sondern eine Beschleunigung. Das was die Ampelregierung mit Blick auf eine CO2-Neutralität bis 2035 vorhatte, muss sich jetzt von ihr mit Blick auf die gefährliche Abhängigkeit von russischer Energie noch schneller vorangetrieben werden. Deutschland muss unabhängiger werden von Energielieferungen, an denen andere nach Lust und Laune herummanipulieren können. Das gilt für alle Lieferquellen: arabisches Öl genauso wie amerikanisches Gas.

Zweitens: Atomstrom ist okay

Es nützt nichts, den Ausstieg aus der Kernkraft zu bedauern. Deutschland hat hier auf Jahrzehnte den Anschluss verloren. Es nützt aber etwas, Atomenergie nicht länger zu verteufeln und nicht jedes Mal, die Nase zu rümpfen, wenn Energie aus Atommeilern von jenseits der Grenze importiert werden muss. Ohne den französischen, tschechischen oder belgischen Atomstrom geht es nicht. Wir sollten unseren Nachbarn, die uns beliefern, helfen, ihre Kraftwerke so sicher wie möglich zu machen.

Drittens: Kohle bleibt

Kohle ist ohne Zweifel die dreckigste Form der Energieversorgung. Wir brauchen sie dennoch länger als ursprünglich gedacht. Kohlekraftwerke müssen die Grundlast übernehmen, wenn die Wind nichts bläst, die Sonne nicht scheint, das Gas knapp wird und der Atomstrom aus dem eigenen Land ausbleibt. Deswegen müssen Kohlekraftwerke am Netz bleiben. Aus dem vorgezogenen Ausstieg im Jahr 2030 wird nichts.

Viertens: Vollgas

Wir brauchen Gaslieferungen aus allen Richtungen, jeder Kubikmeter, der aus dem Westen kommt, kann einen aus dem Osten ersetzen. Allerdings braucht die Bau neuer Flüssiggasterminals Zeit, ist teuer und das Gas heranzuschaffen ist alles andere als ökologisch nachhaltig. Deswegen sollten diese Terminals auch wasserstofftauglich sein, wobei klar ist: in den nächsten zehn Jahren gibt es keine nennenswerte Versorgung mit grünem Wasserstoff. Bisher sind alle dazu notwendigen technischen Verfahren noch viel zu inneffizient. Eine direkte Nutzung grüner Energie ist wirtschaftlicher.

Fünftens: Weniger verbrauchen

Wir müssen sparen. Langsamer fahren, weniger heizen, besser isolieren, effizienter verbrennen. Energie ist nicht länger nur eine Frage der Kosten, sondern es ist ein knappes Gut, das wir selber rationieren sollten, bevor es uns andere vorschreiben. Angesichts von Preisen, auch das müssen wir uns eingestehen, die nie wieder günstig sein werden, ist Sparen die einzige Option.

Unterm Strich geht es darum, durch weniger Verbrauch und einem stärkeren Ausbau der Energiequellen, über die das Land selbst verfügt, schneller zu mehr Selbständigkeit in der Versorgung zu kommen. Damit sind die Prioritäten festgeschrieben. Das Durcheinander könnte jetzt aufhören.

Oliver Stock

14.03.2022 | 17:30

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