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Neuer Rekord: ARD und ZDF nehmen jeden Tag 23,1 Millionen Euro an Zwangsgebühren ein

Das öffentliche-rechtliche System wird von Skandalen erschüttert. Die Akzeptanzkrise wächst. Doch die Gebühreneinnahmen sprudeln wie nie zuvor. Immer mehr Besitzer von „Betriebsstätten“ und Dienstfahrzeugen werden zur Kasse gebeten. Die Deutschen erleben dabei ein System von millionenfachen Mahnungen und Vollstreckungen. In offiziellen Stellungnahmen wollen die Verantwortlichen davon nichts wissen.

Von Wolfram Weimer

Die Zwangsgebühren für die öffentlich-rechtlichen Medien erreichen neue Rekorde. Aus dem Jahresbericht des Beitragsservices von ARD, ZDF und Deutschlandradio geht hervor, dass die Deutschen im vergangenen Jahr mit ihren Rundfunkbeiträgen die Rekordsumme von 8,4 Milliarden Euro (exakt: 8.422.080.636,04 Euro) gezahlt haben. Das sind 311 Millionen Euro mehr als 2020. Damit sind die Gesamterträge gegenüber dem Vorjahr um 3,84 Prozent gestiegen. Hauptursache für den Anstieg der Erträge ist die Erhöhung des Rundfunkbeitrags auf 18,36 Euro pro Monat zum 1. August 2021. Für das laufende Jahr 2022 rechnen die Branchenexperten für eine noch höhere Rekordsumme - trotz Kriegs- und Konjunkturkrise. Die Gesamterträge verteilen sich mit 6,06 Milliarden auf die ARD und 2,12 Milliarden auf das ZDF. Der Deutschlandfunk schlägt mit 243 Millionen zu Buche.

Der Beitragsservice profitiert bei den Rekordeinnahmen aber nicht nur von der Gebührenerhöhung. Er greift auch immer strenger in die Geldbeutel der Bürger und Unternehmen. Mittlerweile sind 39,7 Millionen Wohnungen beim Beitragsservice gemeldet. Immer weiter wächst die Anzahl der Betriebsstätten, die nun ebenfalls die Zwangsgebühren zahlen müssen. Nach einem Plus von 2,2 Prozent im Jahr 2020 sind es 2021 noch einmal 1,6 Prozent mehr. Insgesamt waren 4,1 Millionen Betriebsstätten gemeldet. Und auch bei den Autos greift der Gebührenzwang immer fester zu. Inzwischen sind 4,5 Millionen Kraftfahrzeuge angemeldet, denn grundsätzlich ist in Deutschland für jedes Fahrzeug, das nicht ausschließlich privat genutzt wird, ein Drittelbeitrag von monatlich 6,12 Euro zu entrichten. Pro beitragspflichtige Betriebsstätte ist nur jeweils ein Kraftfahrzeug beitragsfrei.

Während immer mehr Unternehmen zahlen müssen, sinkt die Zahl der Befreiungen oder Ermäßigungen aus sozialen Gründen. Zum 31.12. waren rund 2,5 Millionen Personen deswegen von der Zahlung des Rundfunkbeitrags befreit. Das ist ein Rückgang um rund 138.000 (minus 5,2 Prozent) im Vergleich zum Vorjahr. Auch die Anzahl der Ermäßigungen etwa für Schwerbehinderte ist 2021 weiter gesunken (minus 2,8 Prozent). Viele Menschen beschweren sich darüber, doch der Beitragsservice meldet: „Rund 92 Prozent dieser Widersprüche waren nicht berechtigt; rund 3,8 Prozent wurde stattgegeben und rund 4,2 Prozent der Widersprüche wurde teilweise entsprochen.“

Die gestiegenen Gebühren, das strengere Forderungsmanagement und die nachlassende Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Systems führen dazu, dass der Streit um den Gebühreneinzug inzwischen massenhaft stattfindet. Insgesamt wurden 2021 rund 16,76 Millionen „Maßnahmen im Forderungsmanagement“ eingeleitet. Rund

1,11 Millionen Vollstreckungsersuchen wurden im Jahresverlauf erstellt. Mehr als 3 Millionen Beitragskonten befinden sich in einer Mahnstufe oder gar in einer Vollstreckung.

Über den sozialen Unmut, den massenhaften Ärger und die Rekordsummen verliert Katrin Vernau, die Vorsitzende des Verwaltungsrats, in ihrem Vorwort des Jahresberichts kein Wort. Dafür wird lobend das neue „Diversity Management“ erwähnt: „Die Einführung eines Diversity Managements zum strategischen Umgang mit dem Thema Vielfalt steht exemplarisch für den eingeleiteten Struktur- und Kulturwandel im Haus. Das neu etablierte Team ist eng an die Geschäftsführung angebunden und wird das Thema Vielfalt intern wie auch extern strategisch begleiten: intern, wenn es um die veränderten Anforderungen einer immer diverser werdenden Belegschaft geht. Und extern, um den berechtigten Erwartungen der Beitragszahlenden an eine zeitgemäße, diskriminierungsfreie Kommunikation Rechnung zu tragen.“

Vernau ist erst kürzlich für ein Jahr befristet zur Interims-Intendantin des Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) gewählt worden. Sie hat zum Amtsantritt ihr Gehalt öffentlich gemacht. Die 49-Jährige erhält demnach 295.000 Euro im Jahr. Das Bruttogehalt ihrer Vorgängerin Patricia Schlesinger betrug im Jahr 2021 insgesamt 338.058 Euro.

20.09.2022 | 12:41

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