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Wer die Digitalisierung verschläft, wird bestraft

Bei den Landtagswahlen in Niedersachsen hat die CDU knapp sieben Prozent verloren. Spitzenkandidat Bernd Althusmann scheiterte als „Superminister“ auch an mangelnden Erfolgen bei der Digitalisierung. Damit ist er nicht der erste. Eine Wahlanalyse aus Sicht des Mittelstandes.

Andreas Pinkwart (FDP) und Bernd Althusmann (CDU) gehören nicht derselben Partei an und waren politisch in unterschiedlichen Bundesländern aktiv. Aber sie haben drei nicht unwesentliche Gemeinsamkeiten: Ihre Parteien haben bei Landtagswahlen in diesem Jahr kräftig verloren. Sie hatten zweitens die Position des „Superministers“ unter anderem für Wirtschaft und Digitalisierung inne und – drittens – standen sie bei der Wahl in der Kritik, eben die Digitalisierung nicht wirkungsreich genug vorangetrieben zu haben. Daraus muss die Politik die richtigen Schlüsse ziehen.

Die Gründe für die heftigen Wahlniederlagen der FDP in Nordrhein-Westfalen im Mai und der CDU am Sonntag in Niedersachsen sind vielschichtig. Aber auffällig ist die Parallele, dass die beiden Wirtschaftsminister ihre wichtigen Ämter nicht so ausführten, dass sie dafür Anerkennung erhielten. Ein Grund dafür ist ihre durchwachsende Bilanz beim – gerade für den Mittelstand – entscheidenden Zukunftsbereich: Im "Masterplan Digitalisierung" versprach Bernd Althusmann zum Start seiner seine Amtszeit, dass eine Milliarde Euro vor allem für schnelles Internet und verlässlichen Mobilfunk fließen sollen. Tatsächlich ausgezahlt wurde davon bis zur Wahl nur ein Fünftel. Bis Ende des Jahres sei aber die gesamte Digitalisierungs-Milliarde mehr oder weniger verbindlich verplant.

Städte und Gemeinden kritisieren, dass gerade der ländliche Raum nach wie vor nicht ausreichend mit schnellem Internet und stabilem Handynetz versorgt ist. Das Stadt-Land-Gefälle und dass Althusmann im Fall eines Wahlsiegs ein eigenes Digitalministerium schaffen wollte, sei natürlich kein Eingeständnis, dass das Anbinden des Themas an das Wirtschafsministerium gescheitert ist.

Die Geschichte von Andreas Pinkwart, quasi der erste deutsche Digitalminister, klingt ähnlich: Auch der FDP-Mann startete in Nordrhein-Westfalen hochambitioniert: Bis 2025 sollten die Verwaltung des Landes digital und Behördengänge überflüssig sein. Im Januar 2022 feierte Pinkwart den sogenannten „Meilenstein“: 10.000 Beschäftigte der Landesverwaltung würden ihre Akten nun rein digital bearbeiten. NRW hat insgesamt über 300.000 Beschäftigte. Wenn das ein Meilenstein ist, nun ja.

Kritiker, die nachzählten, kamen auf 14 von 44 Zielen, die Pinkwart erreicht hatte. Einen Großteil der Versprechen habe das Ministerium außerhalb der Legislaturperiode datiert. Ein Versprechen lautete, dass bis 2022 sämtliche Gewerbegebiete an das Glasfasernetz angeschlossen sein sollen. Das Ziel ist bei weitem nicht erreicht worden. Am Ende seiner Amtszeit waren nur etwa zehn Prozent der Menschen in NRW laut einer Civey-Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Eco mit der digitalen Infrastruktur zufrieden, etwa vier Prozent mit der digitalen Verwaltung.

Richtig ist: Die Digitalisierung Deutschlands ist komplex und von vielen Faktoren abhängig, die Politiker allein nicht beeinflussen können. Und es dürfen auch die Projekte nicht vergessen werden, die ein Wirtschaftsminister anstößt, aber erst nach der Legislaturperiode wirksam werden. Aber aus der Wahl in Niedersachsen müssen Politiker in Bund, Land und Kommunen eines lernen: Groß ankündigen, zu spät liefern und damit durchkommen – das funktioniert nicht mehr. Bei der Digitalisierung ist absolut keine Zeit mehr zu verlieren.

Thorsten Giersch

10.10.2022 | 09:08

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