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Dieser Mann hat ein Jahrhundertschnäppchen gemacht

In der Schweiz entsteht durch die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS eine neue Mega-Bank. Ihr CEO ist ein gewitzter Holländer, der nicht nur clever verhandelt hat und sehr viel verdient. Er solidarisiert sich - gegen diskrete Banker-Gepflogenheiten - auch offen mit der LGBTQ-Szene und bringt damit die Rechtspopulisten gegen sich auf.
 
Ralph Hamers kann sein Glück kaum verbergen: „Es ist ein guter Tag für den Finanzplatz Schweiz“, ruft er dem Schweizer Fernsehen (SRF) zu. Doch vor allem ist es guter Tag für ihn. Der CEO der Großbank UBS hat in einer handstreichartigen Rettungsaktion den größten Konkurrenten Credit Suisse übernommen und muss dafür nur drei Milliarden Franken zahlen. Dabei war die zweitgrößte Bank der Schweiz (167 Jahre alt, 531 Milliarden Bilanzsumme, 50.000 Mitarbeiter) vor wenigen Tagen an der Börse noch mehr als sieben Milliarden wert. In Börsenkreisen raunt man sich das Wort „Jahrhundertschnäppchen“ zu. Der prominente Schweizer Wirtschaftsprofessor Sergio Rossi kommentiert den Coup so: „Die UBS hat ein Geschenk erhalten.“

Die Angst vor einer neuen Finanz- und Bankenkrise war vergangene Woche so groß, dass man der UBS als Retterin sogar noch 9 Milliarden staatliche Garantien (an der Börse ist von „Sterbehilfe“ die Rede) sowie Liquiditätszusagen im Umfang von bis zu 200 Milliarden Franken zugestand. Auf die Frage des SRF-Journalisten, ob Hamers nicht verblüffend günstig zur Übernahme gekommen sei, antwortet dieser verschmitzt: „Es ist halt ein Deal….Es war wichtig, das heute zu machen. Es musste an diesem Wochenende passieren.“

Hamers hat die kleine Bankenkrise geschickt genutzt und an einem Wochenende einen globalen Finanzgiganten gezimmert. Mit dem Zusammenschluss der beiden Institute entsteht eine der größten Banken der Welt. Die UBS beschäftigte bislang bereits über 72.000 Mitarbeiter und kam auf eine Bilanzsumme von 1,1 Billionen US-Dollar. Nun werden - selbst nach einem Personalabbau - mehr als 100.000 Mitarbeiter beim Schweizer Finanzriesen arbeiten.“Wir können jetzt eine weltweite Bank sein, mit einem verwalteten Vermögen von bis zu 5 Billionen, im Privatvermögen und im Asset Management. Damit bringen wir der Welt und der Schweiz etwas, worauf wir stolz sein können.“

Hamers wird damit nichts weniger als der weltgrößte Vermögensverwalter. Seinen Namen wird man sich merken müssen. Und der holländische CEO hat sogar für jede einzelne Billion verwaltetes Vermögen einen Namen: Ralph Adrianus Joseph Gerardus Hamers heißt er vollständig.

Sollte Hamers die Übernahme gut managen, dann kann er für das kommende Jahr mit einem der höchsten Gehälter rechnen, das in Europa für Bankmanager je verdient worden ist. Schon jetzt zahlt ihm die UBS durchschnittlich eine Million Franken im Monat aus. Im Jahr 2022 summierten sich seine Bezüge auf insgesamt 12,6 Millionen Franken. Neben dem Fixgehalt von 2,9 Millionen Franken erhielt er 9,7 Millionen Franken Bonus. Der clevere UBS-Chef lebt aber nicht am Zürichsee, sondern am steuergünstigen Zugersee. Der Spitzensteuersatz beträgt dort nur 22,4 Prozent.

Hamers genießt in der Bankenbranche trotzdem einen sehr guten Ruf als verbindlicher, integrer und erfolgreicher Manager. Von 2013 bis 2020 war er Vorstandsvorsitzender der niederländischen ING-Gruppe. Als er die Führung bei ING übernahm, war das Institut in ähnlichen Schwierigkeiten wie jetzt die Credit Suisse und nach der Finanzkrise von Staatshilfen abhängig. Hamers gelang eine überaus erfolgreiche Restrukturierung. Unter seiner Führung wurde ING zum Vorbild bei digitalen Innovationen. 2016 kürte man Hammers daraufhin  zum „European Banker of the Year“. Der Abschied bei der ING-Bank fiel Hamers nicht leicht. Er verliess seinen Langzeitarbeitgeber nach 29 Jahren unter Tränen. Weggefährten verabschiedeten ihn mit emotionalen Worten. Selbst seine Frau Patricia und seine Zwillings-Kinder hatten einen Auftritt. Hamers nennt „seine“ ING die „orangene Familie“. Nun muss er eine neue, rot-weiße Schweizer Familie formieren. In der Finanzwelt trauen ihm das viele zu, weil er schon bei der ING als zupackender Sanierer und Innovator „Vertrauen“ als Markenkern ausgerufen hatte.

Dass ausgerechnet ein liberaler Holländer nun die konservative, aber in Schieflage geratene Schweizer Bankenehre retten muss, wird in der Alpenrepublik nicht bei allen gerne gesehen. So unterstützt die UBS unter Hamers offensiv die LGBTQ-Szene. Hamers läßt sich auf der Zürcher Pride-Parade winkend mit Regenbogenfahnen fotografieren. Die Jugendorganisation der größten Schweizer Partei (der nationalkonservativen SVP) kritisiert daher Hamers und sein liberales Weltbild lautstark: „Schluss mit Umerziehung durch die UBS!“ fordern die SVP-Politiker und wüten, dass die Großbank UBS unter Hamers die „grassierende Woke-Kultur“ auf die Spitze treibe. So wolle die UBS mit internen Sprachvorschriften sicherstellen, dass genderneutral kommuniziert werde. Zudem unterstütze die UBS aktiv die LGBTQ-Paraden durch Sponsoring, die Teilnahme mit eigenem Wagen und mit Werbung in den sozialen Medien. „Mit der Schützenhilfe der Grossbank können die Transgender-Ideologen fernab von biologischen Fakten und gesundem Menschenverstand gestörte Realitäten aufbauen und bewährte gesellschaftliche Werte umkrempeln. Insbesondere Kinder laufen Gefahr, dadurch verwirrt und psychisch geschädigt zu werden“, wettern die Schweizer Konservativen. Als Protest hat die Junge SVP sogar ihr UBS-Konto demonstrativ aufgelöst. Hamers kann das gelassen zur Kenntnis nehmen, er bekommt ja nun viele tausend neuer Konten zum Schnäppchenpreis hinzu.

Wolfram Weimer

23.03.2023 | 08:49

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