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Schmutzige Sensation bei Deutschlands Energieverbrauch

Deutschlands Energieverbrauch wird in diesem Jahr um knapp drei Prozent ansteigen. Dabei sticht ins Auge: Der Kohle-Verbrauch boomt nach wie vor. Sogar die Kernenergie legt zu. Erneuerbare Energien verlieren dagegen an Bedeutung. Bei der Windenergie ist es zu einem Einbruch gekommen.
 
Der Energieverbrauch in Deutschland wird in diesem Jahr voraussichtlich um knapp 3 Prozent ansteigen. Zu dieser Einschätzung kommt die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen auf Grundlage neuer Daten zum Verbrauch in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres. Nach den Berechnungen der Statistiker (sie erstellen jährlich die offizielle Energiebilanz für die Bundesrepublik Deutschland) erhöhte sich der Verbrauch an Primärenergie in den ersten drei Quartalen 2021 auf 8.758 Petajoule beziehungsweise 298,9 Millionen Tonnen Steinkohleneinheiten. Das entspricht einem Anstieg um 3,3 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Der leichte Anstieg war von Experten erwartet worden, weil die wirtschaftliche Erholung 2021 zu einem Mehrverbrauch führt. Eine faustdicke Überraschung zeigen die Daten allerdings mit Blick auf die Energiequellen - denn das größte Plus melden ausgerechnet die klimapolitisch umstrittenen Kohlekraftwerke. So stieg der Verbrauch an Steinkohle in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres um 20 Prozent. Beim Einsatz von Steinkohle zur Strom- und Wärmeerzeugung kam es als Folge der kühlen und der gegenüber dem Vorjahr windarmen Witterung zu einem Zuwachs von 28 Prozent. Der Einsatz von Koks und Kohle in der Stahlindustrie nahm ebenfalls zu und erhöhte sich um 15 Prozent. Der Verbrauch von Braunkohle erhöhte sich in den ersten neun Monaten des Jahres 2021 sogar um 25,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Zuwachs ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die im Vorjahreszeitraum witterungsbedingt hohe Einspeisung von Strom aus Windanlagen in diesem Jahr bisher deutlich niedriger lag und „eine andere Wettbewerbssituation auf dem Strommarkt vorliegt“, so die Experten über den Einbruch bei der Windenergie.

Im Kontrast zur steigenden Kohlenutzung verminderten die erneuerbaren Energien ihren Beitrag zum Primärenergieverbrauch in den ersten neun Monaten um insgesamt 2 Prozent. Vor dem Hintergrund des Verbrauchsanstiegs reduzierte sich der Anteil der Erneuerbaren am gesamten Energieverbrauch (Energiemix) auf 16,1 Prozent. Während die Wasserkraftwerke um 14 Prozent zulegen konnten, kam es bei der Windenergieanlagen an Land zu einem Rückgang der Stromerzeugung um 18 Prozent und auf See um 14 Prozent. Die Stromerzeugung aus PV-Anlagen erreichte knapp die Höhe des Vorjahreszeitraumes. Die Biomasse, deren Anteil an den erneuerbaren Energien bei über 50 Prozent liegt, verzeichnete infolge der kühleren Witterung einen Verbrauchsanstieg um 3 Prozent.

Überraschend ist auch die gestiegene Rolle der Kernenergie. In den neuen Monaten ist es bei den Atomkraftwerken zu einem Anstieg der Stromproduktion von 8,2 Prozent gekommen – offenbar haben die Kraftwerke kurz vor der nächsten Stilllegungsetappe noch mal richtig gepowert. Im Zuge des Kernenergieausstiegs stehen zum Jahresende 2021 die Stilllegungen der Kraftwerksblöcke Grohnde, Brokdorf sowie Grundremmingen C mit zusammen mehr als 4.000 Megawatt (MW) Stromerzeugungsleistung an.

Auch Gas zählt zu den Gewinnern. Der Erdgasverbrauch erhöhte sich um 8,5 Prozent. Hauptursache für diese Entwicklung war die in den ersten fünf Monaten deutlich kühlere und größtenteils eher windarme Witterung, die zum Mehreinsatz von Erdgas sowohl in der Wärme- wie auch in der Stromerzeugung führte. Ab der Jahresmitte sorgte der Preisanstieg für einen Mehreinsatz anderer Energieträger in der Strom- und Wärmeerzeugung.

Der Verbrauch von Mineralöl verminderte sich in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres insgesamt um 7 Prozent. Preis- und pandemiebedingt sank der Verbrauch von Ottokraftstoff um 1,1 Prozent und der von Dieselkraftstoff um 3,7 Prozent. Der Absatz von leichtem Heizöl verminderte sich sogar um 38 Prozent, da im Vorjahr viele Verbraucher bei niedrigen Preisen ihre Tanks aufgefüllt hatten. Der Absatz von Flugkraftstoff stieg dagegen um 15,5 Prozent und die Lieferungen von Rohbenzin an die chemische Industrie erhöhten sich um knapp 5 Prozent.

Schaut auf nationale Grenzen, so zeigt sich: In den ersten drei Quartalen des laufenden Jahres floss mehr Strom ins Ausland als umgekehrt nach Deutschland. In Summe ging der positive Stromaustauschsaldo allerdings leicht zurück.

Wolfram Weimer

15.11.2021 | 11:46

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