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Scholz will von Steuersenkung auf Impfstoffe und Tests nichts wissen

Rund die Hälfte der EU-Länder verzichtet auf die Mehrwertsteuer bei Impfdosen und Corona-Tests. Nicht so Deutschland. Hier gilt unverändert 19 Prozent Mehrwertsteuer. Für die Bundesländer ist das ein Geldsegen, für Patienten und Pflegkassen bedeutet es eine deutliche Mehrbelastung.

Die Preise für Impfstoffe und Corona-Tests könnten deutlich niedriger sein, als sie es derzeit in Deutschland sind. Der Grund: Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) will nicht mit anderen EU-Staaten gleichziehen, die die Mehrwertsteuer auf diese Produkte, die zur Bekämpfung der Pandemie entscheidend sind, bereits abgeschafft haben. Eine entsprechende Richtlinie der EU vom Dezember bietet den Mitgliedsstaaten dazu die Möglichkeit. Nach Informationen des WirtschaftsKuriers hat rund die Hälfte der EU-Länder davon bereits Gebrauch gemacht. So hat beispielsweise Österreich die Mehrwertsteuer auf Tests und Impfstoffe abgeschafft.

Nicht so der Bundesfinanzminister. Sein Haus prüft die Möglichkeit seit knapp drei Monaten. Inzwischen kommt der Minister offenbar zu dem Schluss, von der Möglichkeit, die die EU aufgetan hat, besser keinen Gebrauch zu machen. Eine Sprecherin des Ministeriums sagte jedenfalls jetzt auf Nachfrage: „Von einer Steuerbefreiung würde primär der Hersteller der Produkte profitieren.“ Ob der den gesunkenen Preis dann weitergebe oder seine Gewinnspanne anhebe, liege allein in seiner Hand.  „Von staatlicher Seite könnte eine Preisreduktion nicht erzwungen werden“, fügte sie hinzu. Bleibt Scholz bei dieser Haltung fallen hierzulande auf Impfdosen und Tests weiter 19 Prozent Mehrwertsteuer an. Nicht einmal den reduzierten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent, der ursprünglich einmal für dringende Dinge des täglichen Bedarfs gelten sollte, will Scholz anwenden.

Der Bund stellt die meisten Impfstoffe von Biontech, Moderna, je nach Zulassung Astra Zenecca sowie  Johnson & Johnson kostenlos zur Verfügung, und bietet auch die Tests verbilligt an. Dennoch ist die Mehrwertsteuererhebung für den Bund kein Nullsummenspiel. Er zahlt die Mehrwertsteuer, wenn er selbst als Käufer auftritt, nicht an sich selbst, sondern die Einnahmen teilen sich Bund und Länder. An die Länder fließt die Hälfte. Und das ist nicht wenig: Um Impfstoffe zu kaufen, hat der Finanzminister in diesem Jahr 8,8 Milliarden Euro bereitgestellt. Rund 1,4 Milliarden davon flössen in die Mehrwertsteuer, die Hälfte davon wiederum landet bei den Ländern, die auf diese Einnahmen ungern verzichten würden.

Das Nachsehen bei dieser Regelung haben vor allem private Käufer wie Pflegekassen oder Krankenhäuser. Nach einer Berechnung der Pflegeversicherung, die dem WirtschaftsKurier vorliegt, bedeutet die Beibehaltung der Mehrwertsteuer bei geschätzten 40 Millionen Tests, die monatlich für ambulante oder stationär versorgte Menschen fällig werden können, Mehrkosten von knapp 50 Millionen Euro.

Vor diesem Hintergrund sind Vertreter der Opposition empört: „Die Ausflüchte des Bundesfinanzministeriums sind peinlich und verteuern die dringend notwendigen Corona-Medizinprodukte in einem erheblichen Maße“, sagt der Obmann der FDP-Fraktion im Finanzausschuss Markus Herbrand dem WirtschaftsKurier. Das Argument aus dem Hause Scholz, dass die Unternehmen die gesenkte Steuer vielleicht gar nicht weitergeben, wischt er vom Tisch: Das habe bei der temporären Umsatzsteuersenkung im zweiten Halbjahr 2020 auch niemanden interessiert. „Offenkundig“, sagt Herbrand, „sorgt man lieber für volle Kassen bei Bund und Ländern, anstatt die Bevölkerung und die Pflegeversicherung zu entlasten.“

Oliver Stock

19.03.2021 | 11:03

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