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Karrierealle Jobs


Soviel Rente bekommen Sie. Und soviel müssen Sie sich hinzuverdienen.

Wer immer Deutschland die nächsten Jahre regiert, muss eine Rentenreform durchboxen. Denn die Lücke zwischen Verdienst und Rente steigt stetig. Eine aktuelle Studie rechnet vor, in welchem Alter die Deutschen wieviel zurücklegen müssen, um ohne finanzielle Einbußen den Ruhestand zu erleben. Die Ergebnisse sind ernüchternd.

Eines ist sicher: Die Rente ist es nicht. Dies ist eine Erkenntnis, die sich seit einigen Monaten in der Berliner Politik verbreitet und die insbesondere bei der Union eine Weltsicht verändert. Sie hat Folgen für die Menschen in Deutschland: Sie müssen stärker als bisher privat für ihr Alter vorsorgen.

CDU und CSU hatten sich jahrzehntelang hinter dem Satz ihres ehemaligen Arbeitsministers Norbert Blüm verschanzt, der 1997 im Bundestag an die damalige SPD-Opposition gerichtet, feststellte: „Zum Mitschreiben: Die Rente ist sicher.“ Der SPD-Kanzler Gerhard Schröder brach den Blümschen Glauben von der sicheren Rente zum ersten Mal auf, und hob im Rahmen seiner Agenda 2020 das reguläre Renteneintrittsalter für die Jahrgänge ab 1964 auf 67 Jahre an. Die derzeit noch regierende große Koalition einigte sich außerdem darauf, dass das Niveau der Rente nicht unter 48 Prozent des durchschnittlichen monatlichen Netto-Einkommens sinken dürfe. Die Einigung soll bis 2025 gelten. Die Rechnung geht aber von Jahr zu Jahr weniger auf. Die nächste Legislaturperiode muss deswegen eine werden, in der die Rente neu sortiert wird. Klar ist dabei: Die fällige Reform führt sicher nicht dazu, dass mehr für die Rentnerinnen und Rentner herausspringt.

Im Alter schrumpft das Einkommen

Eher wird es weniger. Die Notwenigkeit für jeden, selbst Geld fürs Alter zu sparen steigt damit. Denn was die Politik lösen muss, ist ohne Einschränkungen für die Betroffenen nicht möglich. Sie muss einen längeren Rentenbezug einkalkulieren, weil die Menschen immer älter werden. Sie muss die Rentenansprüche von immer mehr Menschen berücksichtigen, weil sich die Generation der sognannten Babyboomer in den Ruhestand verabschiedet. Und sie darf am besten gar nicht an Zuschüssen aus der Steuerkasse für die Rente schrauben, weil ansonsten die Lohnnebenkosten zu sehr steigen und Jobs in Gefahr geraten. Als Auswege gibt es nur: Länger arbeiten als bis 67, was Arbeitgeber befürworten, wogegen Gewerkschaften aber Sturm laufen – oder eben ein niedrigeres Rentenniveau. Der CDU-Vorsitzende Armin Laschet hat deswegen jüngst angekündigt, nach der Bundestagswahl im September eine parteiübergreifende Rentenreform anstreben. Er sagt: „Wir müssen jetzt sehen: Wie können wir die Rentensysteme auch für künftige Generationen zukunftssicher machen?“

Für die, die noch im Arbeitsleben stecken, heißt das allerdings, jetzt vorzusorgen. Und die Faustregel der schwäbischen Hausfrau hat bei allen Möglichkeiten, die es für die Altersvorsorge gibt, unverändert Gültigkeit: Je früher und je mehr gespart wird, desto entspannter lässt sich der Ruhestand angehen. Von Finanzanlagenvermittler Raisin Pension, der eine Bank in Frankfurt betreibt und unter seiner Plattform „Weltsparen.de“ Möglichkeiten zur Altersvorsorge anbietet, stammt eine jetzt veröffentlichte Studie, die detailliert den privaten Vorsorgebedarf der Deutschen in unterschiedlichen Altersgruppen ermittelt. „Weltsparen.de“ teilt dabei die Menschen, die auf Vorsorge bedacht sind, in vier Altersgruppen auf, und geht von durchschnittlichen Einkommen aus, die sich aus Berechnungen des Einkommensportals „gehalt.de“ ergeben. Das ist das Ergebnis:

Wie viel Geld sollte ich im Alter von 30 Jahren bereits gespart haben?

Das durchschnittliche Einkommen 30-Jähriger betrug 2019 genau 45.213 Euro brutto pro Jahr, nach Wegfall des Solidaritätszuschlags sind das 2368 Euro netto monatlich. Eine unverheiratete Person ohne Kinder hat darauf beruhend einen Rentenanspruch von 1570 Euro monatlich (brutto). Im Alter fehlen also 1000 Euro im Monat, um den Lebensstandard von heute weiterzuführen. Bei einem geschätzten Bezug von 15 Jahren Rente ab 67 würden die 1000 Euro monatlich eine „fehlende“ Gesamtsumme von 181.000 Euro hervorrufen. Rund 128.000 Euro davon kann jemand bis zum Renteneintritt sparen, der vom 30. Lebensjahr an beginnt, zehn Prozent seines monatlichen Gehalts zurückzulege. Er müsste dann mit 30 Jahren bereits 53.000 Euro auf der hohen Kante haben, um am Ende die Rentenlücke voll auszugleichen. Schneller ginge es, falls es Zinsen gäbe – doch das ist bislang nicht in Sicht. Es bleibt eine risikofreudigere Geldanlage etwa in Wertpapiere.

Wie viel Geld sollte ich im Alter von 40 Jahren bereits gespart haben?

40-Jährige verdienen in Deutschland rund 55.627 Euro brutto pro Jahr, also 2723 Euro netto monatlich. Eine unverheiratete Person ohne Kinder hat  damit einen Rentenanspruch von etwa 1920 Euro monatlich (brutto). Im Alter fehlen 1140 Euro im Monat, um den Lebensstandard von heute weiterzuführen. Bei 15 Jahren Rente ab 67 würden die 1140 Euro monatlich eine „fehlende“ Gesamtsumme von 106.000 Euro hervorrufen, rechnen die Autoren von „Weltsparen.de“ aus. Wer jetzt anfängt, zehn Prozent des monatlichen Einkommens unverzinst zu sparen, könnte bis zur Rente noch eine Teilsumme von 97.000 Euro anhäufen. Das bedeutet, dass bereits 109.000 Euro da sein müssen, um im Alter ohne Verzicht über die Runden zu kommen.

Wie viel Geld sollte ich im Alter von 50 Jahren bereits gespart haben?

50-Jährige beziehen durchschnittlich ein Jahreseinkommen von 58.121 Euro, monatlich ergeben sich daraus 2892 Euro netto. Eine unverheiratete Person ohne Kinder hat so einen Rentenanspruch von etwa 2020 Euro monatlich (brutto). Im Alter fehlen 1160 Euro im Monat, um den Lebensstandard von heute weiterzuführen. Bei 15 Jahren Rente ab 67 würden die 1160 Euro monatlich eine „fehlende“ Gesamtsumme von 208.000 Euro bedeuten. Wer mit 50 Jahren ab sofort zehn Prozent des monatlichen Einkommens unverzinst spart, kann bis zur Rente eine Teilsumme von 63.000 Euro zurücklegen und sollte deswegen mit seinen 50 Jahren bereits 146.000 Euro auf der hohen Kante haben.

Wie viel Geld sollte ich im Alter von 60 Jahren bereits gespart haben?

Auch hier wieder die gleiche Rechnung: Das durchschnittliche Jahreseinkommen beträgt bei 60jährigen 58.658 Euro brutto, auf monatlicher Basis sind das 2911 Euro. Eine unverheiratete Person ohne Kinder hat in spätestens sieben Jahren einen Rentenanspruch von 2050 Euro monatlich (brutto). Im Alter fehlen damit 1145 Euro im Monat, um den Lebensstandard von heute weiterzuführen. Bei 15 Jahren Rente ab 67 würden die 1135 Euro monatlich eine „fehlende“ Gesamtsumme von 204.000 Euro hervorrufen. Wer von sofort an zehn Prozent des monatlichen Einkommens spart, kann bis zur Rente zumindest eine Teilsumme von rund 28.000 Euro zurücklegen. Das bedeutet, dass 60jährige bereits 176 000 Euro auf der hohen Kante haben sollten, um die Rentenlücke zu schließen.

Die Zahlen sind Durchschnittszahlen mit all ihren Tücken. 15 Jahre Lebenserwartung nach Renteneintritt mit 67 Jahren dürfte zum Beispiel für heute 30jährige knapp bemessen sein. Insbesondere bei Frauen liegt hier die Lebenserwartung deutlich höher, derzeit bei mehr als 83 Jahren. Aufgeteilte Rentenansprüche nach Scheidungen, Kinder, die spät geboren und möglicherweise noch versorgt werden müssen, ergeben zusätzliche Abweichungen von den Durchschnittszahlen. Da die wenigsten Menschen vor diesem Hintergrund genügend Geld gespart haben, um Einkommensverluste im Alter auszugleichen, führt an einer Reform des Systems kein Weg vorbei. CDU-Chef Laschet macht dabei seine Perspektive klar: „Wir haben immer gesagt, wir brauchen eine längere Lebensarbeitszeit, wenn wir alle älter werden“, sagt er, wobei er aber auf Konsens bedacht ist, weil er weiß, dass die Ergebnisse eine Reform über mehrere Jahre hinweg und vor unterschiedlichen Regierungskoalitionen Bestand haben sollten. Die FDP springt ihm bei: „Es ist dringend notwendig, bei der Rente endlich wieder in Jahrzehnten und über Legislaturperioden hinweg zu denken“, sagt der rentenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Johannes Vogel.          

Oliver Stock

Sie finden die gesamte Studie mit der Methodologie hier: www.weltsparen.de/sparen/

13.04.2021 | 11:40

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