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Tesla gegen Tank und Rast

Das Oberlandesgericht Düsseldorf muss im Streit zwischen Tesla und Tank & Rast entscheiden. Es geht um mehr Ladesäulen.

Es ist der Horror für alle Fahrerinnen und Fahrer von Elektroautos: die vergebliche Suche nach einer Ladesäule. Am besten noch auf der Fahrt in den Urlaub mit Kindern auf dem Rücksitz. Gerade an Autobahnen braucht es ein engmaschiges Netz, doch das ist noch längst nicht ausgebaut. Das hat auch damit zu tun, dass entscheidende Rahmenbedingungen nicht geklärt sind. Im Gegenteil, sie sind hoch umstritten und nun sogar vor Gericht. Mittendrin ist diesem Spektakel: E-Auto-Pionier Tesla, Tank & Rast als Quasi-Monopolist an den Autobahnraststätten und die Bundesregierung.

Ab Donnerstag verhandelt das Oberlandesgericht Düsseldorf, ob der Bund das Monopol von Tank & Rast an Autobahnraststätten auf das Schnellladen ausdehnt. Tank & Rast gehörte ursprünglich dem Bund und wurde 1998 privatisiert. Heute gehört der Konzern Allianz Capital Partners, einer Münchener-Rück-Tochter, der Abu Dhabi Investment Authority und dem kanadischen Infrastrukturfonds Borealis Infrastructure. Solche Eigentümer wollen Rendite machen. Auf der anderen Seite sind die Bande zwischen der Bundesregierung und dem Tankstellenbetreiber immer noch eng. Und so laut wie Politiker gegen Monopolisten wie Google und Facebook wettern, so unaufgeregt sind sie seit Jahren bei Tank & Rast. Dabei hält das Unternehmen immer noch 95 Prozent der Konzessionen für den Betrieb von Tankstellen, Restaurants und Hotels an deutschen Autobahnen.

Diese marktbeherrschende Stellung möchte das Unternehmen auch auf das Geschäft mit Schnellladesäulen ausdehnen, die gerade auf zig Autobahnraststätten entstehen – oder besser gesagt entstehen sollten. Tesla und Fastned, ein niederländischer Ladestationenbetreiber, wollen nicht hinnehmen, dass sie dabei nicht zum Zuge kommen. Konkret klagen die beiden Unternehmen vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf.

Warum der Prozess für Autofahrer so wichtig ist

Die Entscheidung der Richter ist bedeutend für die allermeisten Besitzer von Elektrofahrzeugen und solche, die darüber nachdenken, sich eines zuzulegen. Denn alle, die Ladesäulen an Autobahnraststätten bauen, warten darauf. Es herrscht keine Planungssicherheit, weswegen der Ausbau der Ladeinfrastruktur seit rund einem halben Jahr stockt. Das Problem: Selbst nach dem Urteil des OLG dürfte es immer noch keine finale Klarheit geben, da einer der Prozessteilnehmer bis vor den Europäischen Gerichtshof ziehen kann.
Aller Wahrscheinlichkeit nach wäre es für E-Auto-Besitzer gut, wenn Tesla und Fastned Recht bekämen. Denn mehr Wettbewerb an den stark frequentierten Rastplätzen wäre wünschenswert: Der Ausbau dürfte deutlicher schneller erfolgen und mehr Angebot sorgt üblicherweise für geringere Gebühren.
Nun betreibt Tank & Rast die Ladesäulen zwar nicht selbst, sondern setzt Unternehmen wie EnBW, MER, Ionity und Eon-Innogy ein. Doch die unterscheiden bei ihrer Preise für den Ladestrom sehr stark zwischen eigenen Kunden und Fremdkunden. Wer dort also an den Tankstellen bezahlt, gilt als Fremdkunde und zahlt kräftig drauf. Fachleute glauben nicht, dass dies ein echter Wettbewerb ist. Die Monopolkommission, ein Beratungsgremium der Bundesregierung, kritisiert: „Der Wettbewerb bei den Ladesäulen an den Bundesautobahnen wird durch die monopolähnliche Stellung von Tank & Rast erschwert.“ Die Folge seien überhöhte Strompreise. Dem widerspricht Tank & Rast: Die Ladepreise seien „völlig marktüblich“.

Worum es bei dem Streit genau geht

Linda Boll, die bei Fastned für den deutschen Markt verantwortlich ist, sagt: „Es geht nicht nur um diesen Fall, sondern um den Wettbewerb generell. Wir sehen eine realistische Chance, den Prozess zu gewinnen.“ Ein Sieg würde bedeuten, dass es für die Schnellladeinfrastruktur an deutschen Autobahnen Ausschreibungen gibt, an denen alle interessierten Marktteilnehmer teilnehmen können. Derzeit wird die nur an Tank & Rast und deren Partner vergeben.

Tank & Rast sagt, dass die bei der Privatisierung 1998 geschlossenen Konzessionsverträge für herkömmlich Zapfsäulen nun genauso für Elektroladestationen gelten, also quasi erweitert werden können. Das OLG Düsseldorf muss nun entscheiden, ob dem so ist. Das wesentliche Argument von Tesla und Fastned lautet: Das ist nicht einfach erweiterbar auf Ladesäulen, da diese eine neue Erlösquelle darstellen – ein neues Geschäftsfeld, das auch externen Bewerbern offenstehen sollte. „Laden und Tanken unterscheiden sich unserer Meinung nach fundamental“, argumentieren Tesla und Fastned. „Beim Laden gibt es komplett neue Geschäftsmodelle und Marktteilnehmer, die mit Tanken gar nichts zu tun haben.“

Bisher hat sich das Bundesverkehrsministerium auf die Seite von Tank und Rast gestellt: „Der Konzessionsnehmer muss die Möglichkeit haben, auf technischen Fortschritt oder einen im Laufe der Zeit geänderten Bedarf zu reagieren.“ Vergaberechtler sehen das durchaus anders: Würde man Grundverträge freihändig um immer neue Services erweitern, die zum Vertragsschluss noch nicht absehbar waren, würde das dem Vergaberechtsbruch Tür und Tor öffnen und jeglicher Wettbewerb torpediert werden.

Wie mächtig Tank & Rast ist

Der Streit begann 2021, als die damalige Bundesregierung das Schnellladegesetz verabschiedet hat, wonach bis 2023 an 1000 Standorten Ladesäulen installiert werden, die mit mindestens 150 Kilowatt Energie in die Akkus pumpen. Der Plan war ambitioniert und ist kaum noch zu halten. Schon damals erklärte Fastned-Chef Michiel Langezaal: „Wenn der Tank & Rast-Einkaufs-Manager eine Ladestation an einem Ort nicht will, wird auch keine gebaut.“

Tank & Rast gab stets an, die Zahl der Ladesäulen ausbauen zu wollen, ergänzte schon 2021 aber vielsagend: „Tank & Rast hält es allerdings weiterhin für wichtig, beim weiteren Ausbau der Schnellladeinfrastruktur auch Wirtschaftlichkeitskriterien zu berücksichtigen.“ Das bedeutet, dass viele Tankstellenbetreiber von Tank & Rast ausgebremst werden. Die Kleinunternehmer wollen Ladesäulen bauen, dürfen aber nicht.

Und dann gibt es da noch die vielen unbewirtschafteten Rast- und Parkplätzen, auf denen es keine Tankstelle und kein Restaurant gibt. Grundsätzlich würden Tesla, Fastned und andere hier durchaus gern E-Ladesäulen installieren, aber Tank & Rast wehrte sich dagegen. 2021 erlaubte die Regierung in ihrem Gesetz zwar den Ausbau der Ladestruktur eben auch an unbewirtschafteten Plätzen. Aber die meisten Autofahrer brauchen in der Pause mehr Infrastruktur als Parkbank und Mülleimer. Deswegen fordern die Unternehmen das Recht, dass auch Toiletten und Kioske gebaut werden dürfen, wenn man eine Ausschreibung für solche kleinen Standorte gewinnt.

Thorsten Giersch

28.04.2023 | 10:12

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