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Trotz Corona: Dispozinsen wieder auf Rekordniveau

Eigentlich wollten Sparkassen und Banken Teil der Lösung in der Wirtschaftskrise sein. Dies gilt aber offenbar nicht für die Dispozinsen: Nach einer kurzen Senkung sind die Überziehungszinsen beim Girokonto wieder auf ihr altes, hohes Niveau zurückgekehrt.

Es war nur ein kurzes Aufatmen: Zu Beginn des ersten Lockdowns, als Deutschland im März dieses Jahres die Läden schloss, die Unternehmen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ins Home Office schickte und Restaurants und Hotels die Gatter herunterließen, haben einige Banken die Zinsen für die Überziehung des Girokontos gesenkt. Der sogenannte Dispo lag statt im zweistelligen, nur noch im deutlich einstelligen Prozentbereich – es war als Maßnahme gedacht, um Soforthilfe bei Corona zu leisten.

Inzwischen allerdings ist klar: Die Soforthilfe wurde auch sofort wieder beendet. Eine Untersuchung der FMH-Finanzberatung, die sich auch mit Zahlen des Vergleichsportals check 24 deckt, hat ergeben, dass trotz eines historisch niedrigen Zinsniveaus und der Belastungen aus der Corona-Krise Banken und Sparkassen in Deutschland immer noch Dispozinsen von durchschnittlich fast zehn Prozent verlangen. Die Untersuchung von mehr als 3400 privaten Girokontenmodellen bei 1250 Kreditinstituten zeigte, dass die Spanne der erhobenen Dispozinsen zwischen 0 bis 13,75 Prozent liegt. Mehr als die Hälfte der untersuchten Banken bietet mindestens ein Konto an, bei dem zehn Prozent und mehr Zinsen verlangt werden.

Untragbare Praxis

Die Bürgerbewegung Finanzwende, die der ehemalige finanzpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag Gerhard Schick gegründet hat, hält das für eine untragbare Praxis: „Hohe Dispozinsen können in der Coronakrise unverschuldet zu einer finanziellen Überlastung von Menschen beitragen und in die Überschuldung führen“, heißt es von der Bürgerbewegung. Der Dispozins müsse runter.

Die Banken räumen ein, dass der Zins für eine Überziehung des Girokontos hoch sei. Sie raten deswegen, ihn nur kurzfristig zu nutzen, was nach Angaben des Bundesverbands der Volks- und Raiffeisenbanken, der derzeit die Sprecherrolle der Deutschen Kreditwirtschaft übernommen hat, von den meisten Kunden auch so gehandhabt wird. Darüber hinaus, so stellt der Bankenverband fest, sei der Aufwand für die Banken, das Geld vorzuhalten und mit Eigenkapital zu unterlegen, hoch und der Zinssatz entsprechend teuer.

Die Argumente besänftigen die Kritiker nicht. Die Bundesregierung sprach bereits im Januar 2019 von „übertrieben hohen Dispozinsen“, die nicht selten zu Überschuldung führten. Sie hat deswegen eine Beratung seites der Banken vorgeschrieben: Kunden, die länger in den Miesen sind, sollen automatisch Angebote erhalten, wie sich günstigere Kredite abschließen lassen. Die Bürgerbewegung Finanzwende fordert, Dispozinsen von zehn Prozent und mehr sollte es während der andauernden Corona-Krise nicht geben und hat deswegen bereits im Mai an die zentralen Bankenverbände geschrieben. Sie verwies auf die hohen Kurzarbeiterzahlen und die Einnahmeausfälle für die Betroffenen.

Banken geben Niedrigzins nicht weiter

Zudem stellt sie fest, dass sich Banken immer wieder über die Negativzinsen der Europäischen Zentralbank beschweren. Eine Folge ist, dass viele Menschen keine Zinsen mehr auf ihr Guthaben bekommen und sich Banken untereinander sogar zu Minuszinsen Geld leihen. Bei den Dispozinsen, die die Kunden zahlen müssen, sei diese Entwicklung oftmals aber nicht wirklich angekommen. „Und das genau bei dem Teil der Kundschaft, der eh sehr knapp bei Kasse ist und aufgrund der Corona-Krise den Gürtel oft nochmal enger schnallen muss.“

Jetzt zeige sich auch noch, dass die Senkung der Dispozinsen, die die Banken im Frühjahr angekündigt hatten, nur ein Strohfeuer gewesen sei, beklagt ein Sprecher der Bürgerbewegung. Die allermeisten Geldhäuser hätten die Zinsen inzwischen wieder aufs ursprünglich hohe Niveau gehoben. Spitzenreiter sind nach Angaben der Bürgerbewegung eine Volksbank in Oberbayern, die 13,75 Prozent verlangt. Die ökologisch orientierte GLS-Bank bietet dagegen ein Girokonto an, bei dem auch die Überziehung im Gesamtpreis für die Kontoführung inbegriffen ist.  

oli

29.09.2020 | 14:24

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