Die Logistik soll grüner werden, sind sich die Experten auf dem Podium einig. (Foto: WEIMER MEDIA GROUP).



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Weltweite Konkurrenz um neue Treibstoffe

Ob Auto, Schiff oder Flugzeug: Die Logistik soll grüner werden. Doch fünf Hindernisse müssen Politik und Unternehmen dafür noch aus dem Weg räumen.
 
Audi-Chef Markus Duesmann hat sich schon entschieden. Ab 2026 bringen die Ingolstädter nur noch neue, elektrische Modelle auf den Weltmarkt. Bis 2033 lassen sie ihre Verbrenner-Produktion auslaufen. Von so klaren Plänen auf dem Weg zur klimafreundlicheren Mobilität sind andere Anbieter zu Land, zur See und in der Luft noch weit entfernt.

Was oft an den Rahmenbedingungen liegt, wie Experten auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel am Tegernsee aus der Praxis anschaulich beschrieben. Duesmann vermisste auf der Suche nach Alternativen zum Öl mehr Offenheit der deutschen Politik: „Sie muss mehr in den Ausbau von Grünstrom zum Beispiel bei der Solarenergie und der Windkraft investieren.“ In der Prozesskette mangele es aber auch an Unterstützung beim Ausbau der Ladeinfrastruktur, resümiert Marcus Berret, Global Managing Director von Roland Berger, ernüchtert. „Das ist ein Nadelöhr, mit dem die Logistikbranche derzeit kämpft. Solche Fragen ziehen sich entlang der gesamten Wertschöpfungskette, obwohl wir seit 20 Jahren über solche Fragen diskutieren.“
 
Bürokratie bremst

Nicht nur klassische Tankstellenbetreiber würden dieses Problem gerne für ihre Kunden lösen. Doch zwei Faktoren bremsen aus Sicht von BP-Europa-Chef Patrick Wendeler: „die Geschwindigkeit bei den Baugenehmigungen und die Netzanschlüsse.“ Der Manager nannte Zahlen: „Wir haben im vergangenen Jahr rund 500 neue Ladepunkte in Deutschland gebaut. Es hätten 1000 sein können, wenn wir die nötigen Genehmigungen schneller bekommen hätten.“

Doch schon davor klemmt es für deutsche Forscher und Entwickler. „Erst wenn die Behörden alle neuen Zulassungsvorschriften veröffentlichen, können wir die Technik entsprechend designen“, sagte Klaus Roewe, CEO des Elektro-Flugzeugbauers Lilium. Und da hakt es offenbar. Maximilian Rothkopf, Chief Operating Officer der Reederei Hapag-Lloyd, war für seine Branche nicht optimistischer. „In der Schifffahrt werden wir noch Jahrzehnte klassische Treibstoffe nutzen, auch wenn wir an alternativen Stoffen wie Ammoniak und Methanol forschen.“
 
Seeschiffahrt unter Druck

Für die Umwelt ist das keine gute Nachricht. 80 Prozent des Welthandels gleiten über die Meere. Die Handelsschifffahrt ist für zwei bis drei Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Die Schiffer stehen unter enormem öffentlichen Druck. Die UN-Seeschifffahrtsorganisation IMO hat beschlossen, bis 2030 ihren CO2-Ausstoß um 40 Prozent, bis 2050 um 50 Prozent zu senken.

Eine gute Nachricht hat Rothkopf aber: „Wir sehen, dass viele Kunden grüne Mobilität nachfragen und bereit sind, den Aufpreis von rund 20 Prozent Aufpreis zu tragen.“ Um den Anteil synthetischer Kraftstoffe zur See zu erhöhen, brauche es aber erstmal eine Systempartnerschaft mit den Herstellern.
 
Zu hohe Erwartungen bei E-Fuels

Auch der Charme von E-Fuels ist aus Sicht von BP noch begrenzt: „Hier gibt es realistisch betrachtet noch erheblichen Entwicklungsbedarf und die Frage der Bezahlbarkeit muss gelöst werden“, dämpfte Wendeler zu hohe Erwartungen. Bei ihnen zeige sich das gleiche Problem wie bei anderen Öl- und Diesel-Alternativen. Nicht nur Deutschland, die ganze Welt konkurriert um die Kraftstoffe für grüneren Antrieb. Wäre Wasserstoff eine Lösung? „Auch wir forschen daran weltweit und wollen die gesamte Wertschöpfungskette abbilden. Aber realistisch wird Wasserstoff noch für lange Zeit ein begrenztes Gut bleiben.“

Wie ließen sich diese technischen, politischen und finanziellen Probleme im Sinne des Klimas lösen? „Wir brauchen dringend eine viel höhere Bereitschaft zu Sprunginnovationen“, ist Berater Berret überzeugt. „Aber das widerspricht unserer deutschen Kultur. Auf diesem Feld sind wir eines der schlechtesten Länder Europas“, las er allen Beteiligten gleichermaßen die Leviten. „Wir scheuen Fehler und Risiko und ersticken in den Regeln, die wir uns selbst geben.“
 
Mit Strom senkrecht starten

Zum Beispiel, wenn es um die frühzeitige Förderung innovativer Ideen geht. Lilium entwickelt den nach eigenen Angaben ersten senkrecht startenden und landenden Elektrojet. Die Idee: Kleine, elektrisch betriebene Flugzeuge werden zur ökologischen Alternative und entlasten die Verkehrsflüsse am Boden. Ende 2024 soll der erste, von allen Behörden zugelassene Flieger in die Luft gehen. Rund eine Milliarde Euro Startkapital hat das Startup dafür schon eingesammelt.

CEO Roewe berichtete auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel aus der letzten Finanzierungsrunde. „Wir brauchten 100 Millionen Dollar. Binnen fünf Stunden Verhandlungen haben unsere chinesischen Partner zugesagt. In Deutschland laufe ich mir dafür die Füße wund.“ Schlimmer noch: „Wir haben uns durch elf deutsche Förderprogramme gekämpft. Aber irgendeine Auflage konnten wir als Startup immer nicht erfüllen.“ Seine Erfahrung: „Förderung bekommen Unternehmen erst in einem so sicheren Stadium, in dem sie sie nicht mehr brauchen.“

Anke Henrich

04.05.2023 | 15:15

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