Wie sich Klimakleber hautschonend vom Asphalt lösen lassen
Die Polizei im In-und Ausland steht vor einer neuen Herausforderung: Sie muss immer wieder Demonstrierende, die sich auf der Straße festgeklebt haben, vom Pflaster lösen. Inzwischen haben die Beamten Erfahrungen gesammelt. Welche Methoden zur Asphaltablösung haben sich bewährt?
Von Oliver Stock / WirtschaftsKurier
Dieses Thema geht jeden an: Demonstranten, die beispielsweise den Klimawandel aufhalten wollen, kleben sich am Asphalt fest, backen am Pflaster oder scheinen unlösbar mit dem Teer auf der Straße verbunden. Wenn die Polizei anrückt, steht sie vor der Aufgabe, die auf diese Art Demonstrierenden möglichst ohne sie zu verletzen, vom Pflaster zu lösen. Wie geht das? Focus online hat eine Umfrage gemacht.
Die meiste Erfahrung in dieser Angelegenheit in Deutschland haben ohne Zweifel die Beamten in Berlin. Dort betrachten die Klima-Protestler der Gruppe „Letzte Generation“ das Sich-selbst-Ankleben im öffentlichen Raum als legitimen Protest. Erst jüngst bappten sich sieben Aktivisten am Frankfurter Tor und anderswo fest, was selbst SPD-Innensenatorin Iris Spranger auf die Zinne brachte, weil die Aktivisten so Rettungseinsätze behinderten. „Wer Helfer:innen behindert, Retter fehlalarmiert, raubt Menschen in Not die Hilfe und gefährdet sie und setzt ihr Leben aufs Spiel,“ genderte Spranger halbherzig.
Die Polizei muss deswegen schnell handeln und die Einsatzkräfte haben inzwischen Gebrauchsanweisungen erhalten, wie sie vorgehen müssen. Das Mittel der Wahl ist dabei Speiseöl, wie ein Polizeisprecher auf Anfrage erklärt. Man habe festgestellt, dass Speiseöl mit den unterschiedlichsten Klebstoffen fertig werde. Im Arsenal der Demonstranten befindet sich davon einiges: von schnell härtender Dichtmasse, wie sie Heimwerker zum Stopfen von Rissen in Abflussrohren verwenden, über bewährten Sekundenkleber bis zu selbst angerührter Klebemasse, die mit Sand vermischt wird, um schneller hart zu werden. Gegen alle diese Klebemethoden sei Speiseöl unschlagbar, erklärt der Polizeisprecher.
Auf ein anderes Mittel setzt die Polizei in Hessen. Auch die Frankfurter leiden seit Monaten unter dem Problem festgeklebter Demonstranten. So hieß es beispielsweise bereits im April in einem Polizeibericht, dass an neun Stellen gleichzeitig wichtige Straßenverbindungen auf diese Weise blockiert worden seien, unter anderem war die Miquelallee als Haupteinfahrtsstraße betroffen. Bis zum späten Vormittag waren damals einige Blockaden aufgelöst, das heißt, die Beamten hatten die Protestler vom Asphalt gelöst. „Wir benutzen Spüli und kratzen dann ganz vorsichtig“, berichtet ein Sprecher der Polizei Frankfurt. Die Seifenlauge werde auf die Hand oder andere festgeklebte Körperteile sowie auf die umgebende Straße gegossen und führe dazu, dass nach kurze Einwirkungszeit der Demonstrant oder die Demonstrantin praktisch schmerzfrei vom Pflaster gelöst werden könnten.
Auch im Ausland studiert die Polizei inzwischen die Vorgehensweise der deutschen Kollegen und macht eigene Versuche. In Zürich zum Beispiel ist die Stadtpolizei dafür ist zuständig, angeklebte Klima-Aktivisten vom Teer zu lösen. Um möglichst hautschonend vorzugehen, bevorzuge die Polizei wie die Berliner Kollegen „pflanzliches Öl“, wie Polizeisprecherin Judith Hödl mitteilt. Auch funktionieren würden unter Umständen alkoholische Desinfektionsmittel. Miteinbezogen wurde dabei stets die Abteilung Schutz und Rettung. „Inzwischen haben wir aber gesehen, dass das Ablösen relativ einfach geht“, sagt deren Sprecher gegenüber dem Schweizer Magazin „Weltwoche“. Im schlimmsten Fall komme es zu einer leichten Rötung oder Schürfung. „Dafür braucht es keinen Rettungsdienst, das wäre unverhältnismäßig.“ Ebenfalls hilfreich dafür, dem zivilen Ungehorsam ein Ende zu setzen, sei: warmes Wasser mit Seife, Aceton, dreiprozentige Wasserstoffperoxid-Lösung oder Nagellackentferner. Die Straßensperre verschwinde dann wie von Zauberhand.
In Köln beobachtet die Polizei die Szene aufmerksam. Die Beamten dort haben bislang nur Erfahrung mit angeketteten Demonstrierenden etwa im benachbarten Hambacher Forst. Von Klebaktionen sei das Pflaster der Domstadt bislang verschont geblieben. „Toi, toi, toi – das kann gerne so bleiben“, sagt ein Sprecher und weist vorsorglich darauf hin, dass jede Sich-selbst-Anklebeaktion mit einer Anzeige wegen des Verdachts der Nötigung im Straßenverkehr und der Einleitung eines Strafermittlungsverfahrens verbunden ist.
08.11.2022 | 15:40