
Im RailGap-Projekt kam ein sehr kompaktes System zum Einsatz. Hier zu sehen sind der Empfänger für die Satellitennativationsdienste GPS und Galileo (hellgrüner Kasten), Stromversorgung, Lüfter und Infrastruktur für das Datenmanagement. (Foto: DLR)
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Wie Züge den Himmel anzapfen – DLR bringt Satellitennavigation auf die Schiene
Man stelle sich vor: Ein Zug rast durch die Toskana, verschwindet in einem Tunnel – und bleibt für das GPS trotzdem sichtbar. Was bisher wie Science-Fiction klang, wird durch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) greifbare Realität. Denn was für Schiffe und Flugzeuge längst Alltag ist, soll nun auch für Züge funktionieren: exakte Navigation via Satellit – selbst wenn dicke Mauern oder urbane Schluchten dazwischenfunken.
Klingt einfach? Ist es nicht. Zwar läuft ein Zug brav auf Schienen, aber das bedeutet nicht, dass man ihn punktgenau orten kann. Städte, Wälder, Tunnel – überall dort, wo Satellitensignale gestört, reflektiert oder ganz blockiert werden, wird es kompliziert. Und genau diese Herausforderungen nimmt sich das DLR nun vor – mit viel Hirnschmalz, Technik und einer Prise Erfindergeist.
Für ein EU-Forschungsprojekt hat das DLR nicht nur graue Theorie betrieben, sondern gleich Nägel mit Köpfen gemacht: In Spanien und Italien wurden Züge mit spezieller Empfangstechnik ausgerüstet – unter anderem ein Werkstattzug, der nun Satellitensignale wie ein Weltraumdetektiv aufzeichnet. Doch der Clou liegt nicht nur im Empfang: Vielmehr geht es darum, zu verstehen, wo und wann die Signale aus dem All gestört werden – etwa weil sie an einem Metallwagon abprallen und das GPS in die Irre führen. Die Wissenschaft spricht hier von „Mehrwegeffekten“, für die Passagiere heißt das: Der Zug wird auf der Karte plötzlich woanders angezeigt – teils hundert Meter daneben.
Aber statt die Hände zu heben, hat das DLR umgedacht: Wenn Satellitensignale schwächeln, springen andere Systeme ein. Bewegungssensoren – ganz ähnlich denen in unseren Smartphones – übernehmen die Navigation. Sie spüren, wie der Zug sich bewegt, beschleunigt, abbremst – und helfen dabei, die Position auch dann zu bestimmen, wenn vom Himmel gerade nichts zu holen ist.
Gekrönt wird das Ganze von einem eigens entwickelten Multisensorsystem, das alle Informationen zusammenführt und daraus eine Positionsangabe bastelt, die es in sich hat: auf einen Meter genau – selbst unter der Erde. Was hier wie Hightech-Spielerei klingt, hat enorme Auswirkungen: Je präziser ein Zug geortet werden kann, desto effizienter lässt sich das Streckennetz nutzen. Mehr Züge auf denselben Gleisen, pünktlicher, sicherer, automatisierter – und das ohne neue Trassen bauen zu müssen.
Wer steckt dahinter?
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt – kurz DLR – klingt nach Raketen und Raumfahrt, hat aber noch viel mehr im Angebot. Mit über 10.000 klugen Köpfen an rund 30 Standorten forscht das DLR an allem, was sich bewegt – auf der Straße, in der Luft, im All. Und manchmal eben auch auf Schienen. Ihr Ziel: Technologien entwickeln, die nicht nur visionär sind, sondern auch im Alltag funktionieren. Die zentimetergenaue Ortung von Zügen ist da nur ein Kapitel von vielen – aber eins, das gerade besonders Fahrt aufnimmt.
02.06.2025 | 22:23