Wolfgang Porsche hat sich zum Geburtstag ein Gesetz geschenkt
Wolfgang Porsche blickt als mächtigster Mann im VW-Reich bei seinem heutigen 80. Geburtstag auf eine Karriere zurück, die von Tränen bis Triumph alles zu bieten hat. Mit dem „E-Fuels-Gesetz“ hat er sein Unternehmen überlebensfähig gemacht.
Milliardär und Maler, Walldorf-Schüler und Schlosser, Betriebswirt und Bauernhofbesitzer: Wer versucht, Wolfgang Porsche ein Klischee anzuheften, wird vermutlich scheitern. Dafür ist der Clan-Chef, der heute 80 Jahre alt wird, viel zu vielfältig. Kürzlich landete er sogar in der Regenbogenpresse, weil er sich nach der Scheidung von seiner dritten Gattin auf Mallorca mit einer neuen Frau an seiner Seite zeigte: Gabriela Prinzessin zu Leiningen, in der High Society wohl bekannt. Die Prinzessin kennt sich mit Milliardären noch besser aus als Wolfgang Porsche mit Adligen, war sie doch mit so manchem liiert.
Frühlingsgefühle und Schmetterlinge im Bauch beschert Wolfgang Porsche nicht nur eine neue Liebe, sondern auch ein neues Gesetz. Dank des intensiven Insistierens von Verkehrsminister Volker Wissing sind E-Fuels nicht nun doch nicht beim Verbot von Verbrennungsmotoren inkludiert, wie es die Europäische Union eigentlich ab 2035 vorgesehen hatte. Fahrzeuge, die mit solchen synthetischen Kraftstoffen betrieben werden, dürfen also auch danach noch verkauft werden.
Dass sich Wissing dafür mit der halben EU angelegt hatte, war für den Porsche-Konzern wichtig – für kaum ein anderes Unternehmen sind E-Fuels so bedeutend. Auch wenn der Autobauer inzwischen seine Liebe für Elektroautos gefunden hat: Verbrenner sollen bitte noch Jahrzehnte rollen, die Haltbarkeit von Porsches gehört zum Markenkern. Das Modell 911 ist dabei der Kern vom Kern. Und den gibt es erst einmal auf gar keinen Fall mit einem Elektromotor, stellt Konzernchef Oliver Blume klar: „Das Konzept des 911 erlaubt kein reines Elektroauto, denn wir haben den Motor im Heck, und wenn das Gewicht der Batterie ins Heck verlagert würde, könnte man das Auto nicht fahren. Für dieses Jahrzehnt ist für mich ganz klar: Der 911 wird ein Auto mit Verbrennungsmotor sein." Wenn das beim margenstarken 911 so ist, darf nicht nur der Verbnrennungsmotor nicht sterben, sondern es braucht auch den Sprit dafür. Schon längst will Porsche synthetischen Kraftstoff CO2-neutral produzieren, zum Beispiel in Chile. Es braucht dafür aber reichlich „grünen Strom“, der rar ist. Von daher gibt es an E-Fuels immer wieder Kritik. Porsche hat sich mit dafür eingesetzt, dass diese Kritik jetzt bis auf weiteres verstummt.
Hauptversammlung statt Geburtstagsfeier
Allein diese beiden Ereignisse zeigen, dass es Wolfgang Porsche zu seinem 80. Geburtstag weder privat noch beruflich ruhiger machen will. Den heutigen Tag selbst verbringt er – ob Zufall oder nicht – auf der Hauptversammlung von VW. Nun gut, da kann er als Aufsichtsmitglied auch nicht fehlen, in dem „Wopo“ seit anderthalb Jahrzehnten die Geschicke leitet. Die Holding der Aktionärsfamilien Porsche/Piëch, die Porsche SE, ist an VW mehrheitlich beteiligt. Man kann nicht alles allein bestimmen, aber alles verhindern, was den Familien nicht passt. Einmal will er sich im Amt noch bestätigen lassen, dann sollen „Jüngere ran“.
Wolfgang Porsche möchte seine Zeit offenbar weiter in langen Sitzungen verbringen, statt mehr mit seiner neuen Lebensgefährtin zu unternehmen. Wenn seine Amtszeit regulär endet, wird er 85 Jahre alt sein. Niemand weiß, wie VW dann dastehen wird – was wohl auch der wesentliche Grund dafür ist, dass „Wopo“ weitermacht. Allein schon die erheblichen Probleme bei der Software-Tochter Cariad und der Rückstand in China bei Elektrofahrzeugen bieten reichlich Anlass zur Sorge.
Experten für gute Unternehmensführung, im Fachjargon Corporate Governance genannt, ist das ein Dorn im Auge – wie so vieles bei VW. Eigentlich gibt es für Aufsichtsratsmitglieder die Altersgrenze von 75 Jahren. Gegen die verstößt Wolfgang Porsche nun schon zum zweiten Mal. Doch gegen den Willen der Familie hat kein Aktionärsschützer eine Chance. Wolfgang Porsche hat zwar zwei Söhne, aber die sind noch zu jung für den Job.
Immerhin ist nach Jahren der Machtspiele, der Sorgen und Siege, das komplexe Konstrukt rund um Porsche und Volkswagen derzeit in einer sortierten Situation: Die wilde Fahrt begann mit Opa Ferdinand Porsche, der einst den Käfer konstruierte. Wolfgang Porsche Vater Ferry formte den legendären Sportwagenhersteller Porsche. Und bei Wolfgang flossen im Sommer 2009 in Zuffenhausen die Tränen, als er vor die Porsche-Beschäftigten trat, um zu verkünden, dass der Sportwagenhersteller seine Unabhängigkeit verliert. Er hatte den inter-familiären Machtkampf mit Cousin Ferdinand Piëch verloren, also die Übernahmeschlacht zwischen Porsche und VW. Porsche ging im VW-Konzern auf, genau andersherum war es geplant gewesen. Immerhin blieben die Porsches an der gemeinsamen Holding beteiligt.
So ganz anders als die Piëchs
Nicht alle im Porsche-Reich waren davon begeistert. Trotz teilweise glänzender Absatz- und Gewinnzahlen war das Drama von 2009 erst „korrigiert“, als Porsche 2022 an die Börse ging. Nunmehr kontrollieren die Porsches immerhin wieder ein Viertel der Stammaktien direkt, was dazu führt, dass über ihren Kopf hinweg nichts Wesentliches entschieden werden kann. So hat die Familie wieder deutlich mehr Zugriff als zuvor mittelbar über ihre Beteiligung an VW, was den Porsches sehr wichtig ist.
Wolfgang Porsche ist eben traditionsbewusst und emotional, was ihn spürbar von vielen aus dem Piëch-Clan abhebt. Sein inzwischen verstorbener Cousin Ferdinand Piëch besuchte ein Internat, „Wopo“ eine Walldorfschule. Das Abitur machte er auf der reformorientierten Odenwaldschule, vor dem Studium absolvierte er eine Schlosserlehre. Der passionierte Jäger malt gern und macht sich auf dem Bauernhof der Familie bei Salzburg auch gern die Hände schmutzig. Doch seine größte Leidenschaft ist und bleibt das Autobauen.
Thorsten Giersch
11.05.2023 | 08:17