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Zentralbank-Aufsicht warnt vor faulen Krediten in Bankbilanzen

Einlagen von Kunden sind abgesichert – aber nur bis zu einer Grenze von 100.000 Euro. Pleiten träfen damit vermögende Sparer und Aktionäre gleichermaßen. Die Aufsicht ist deswegen alarmiert. Sie fordert Mäßigung bei Banker-Bonis und Zurückhaltung bei Dividenden.

Die in Europa laufende zweite Welle der Pandemie zieht die Banken immer stärker in den Strudel der Krise. Andrea Enria, oberster Bankenaufseher der Europäischen Zentralbank (EZB) schätzt, dass Schwierigkeiten oder gar die Insolvenz von Unternehmen die Belastungen aus „notleidenden“ Krediten in den Bankbilanzen auf 1,4 Billionen Euro erhöhen. Das wäre deutlich mehr als nach der Finanzkrise. Derzeit liegen in den Bilanzen faule Kredite in Höhe von rund 500 Milliarden Euro. Nach Einschätzung von Ökonomen und Verbandsvertretern der Wirtschaftsverbände dürfte der derzeitige Lockdown zu zahlreichen Insolvenzen insbesondere im Handel und der Gastronomie führen.

Die Krise frisst sich damit immer tiefer ins Bankensystem. Anders als bei der Finanzkrise 2008, als kranke Banken die Realwirtschaft infizierten, könnte es diesmal eine leidende Realwirtschaft sein, die die Banken mit sich reißt. Eine neue Bankenkrise sei bislang deswegen nicht eingetreten, weil Staaten teilweise die fehlenden Umsätze der Unternehmen auf die Bilanz genommen haben, sagte der Finanzexperte der Linksfraktion im Bundestag, Fabio De Masi kürzlich in einem Interview. Die aktuell bessere Ausstattung der Banken mit Eigenkapital schütze aber nur so lange, wie es nicht gleichzeitig bei vielen Banken zu Kreditausfällen komme.
Kunden sollten deswegen die Entwicklung genau verfolgen. Am Ende geht es um das Geld, was sie auf der Bank habe - und das ist in Deutschland besonders viel: Laut Berechnungen der DZ-Bank hatten die Deutschen trotz teils negativer Zinsen im vergangenen Jahr rund 1,8 Billionen Euro in Form von Sichteinlagen auf ihren Konten. Was passiert damit, wenn die Banken selbst in die Krise geraten?

Schutz bis 100.000 Euro

Geschäftsbanken sowie Volksbanken und Sparkassen verweisen für so einen Fall auf ihre jeweiligen Sicherungssysteme. Sie helfen sich untereinander, wenn ein Institut in Schieflage gerät. Sie können außerdem auf ihren seit Jahren angehäuften Puffer zeigen, der sie vor Kreditausfällen schützt, und sie können Optimismus verbreiten: Bisher sei zumindest bei Sparkassen und Volksbanken noch nie ein Euro eines Sparers wegen einer taumelnden Bank verloren gegangen. Und auch diesmal werde es nicht so schlimm kommen, zumal die meisten Kredite mit Immobilien besichert seien, heißt es aus den Bankverbänden.
Tatsächlich steckt viel Optimismus in diesen Aussagen. Das Einspringen untereinander funktioniert nur, solange es nicht zu einem Dominoeffekt kommt. Wenn ein Mitgliedsinstitut in Schieflage gerät, sind alle anderen zusammen in der Lage, dies aufzufangen und für die Einlagen der Kunden bis zu einer Höhe von 100.000 Euro zu gerade zu stehen. Kippen aber mehrere Banken gleichzeitig um, bricht auch die versprochene Sicherheit in sich zusammen wie ein Kartenhaus. De Masi spricht in so einem Fall von einer „systemischen Krise“.  Zwar gibt es einen Rechtsanspruch auf eine Entschädigung bis 100.000 Euro im Schadensfall. Für Einlagen darüber hinaus jedoch wird es schwierig, weil seit 2016 die sogenannte Bail-in-Regelung gilt: Die sieht bei einer Bankpleite eine abgestufte Beteiligung von Gläubigern und Sparern mit Einlagen von mehr als 100.000 Euro vor.

In den Rettungsprogrammen der Bundesregierung verbergen sich deswegen viele Maßnahmen, die am Ende die Banken stützen. Dazu gehören Kreditgarantien, aber auch die Aussetzung der Pflicht zur Insolvenzanmeldung, deren Verlängerung gerade erneut diskutiert wird. Die EZB macht sich allerdings Sorgen über das, was passiert, wenn diese Schutzmechanismen wieder abgestellt werden. Deswegen empfehlen die Aufseher der EZB den Banken in der Eurozone, bis September 2021 auf Dividendenzahlungen und Aktienrückkäufe zu verzichten. Sollten sich die Geldhäuser angesichts dümpelnder Aktienkurse dennoch dazu entschließen, darf die Summe, die sie dafür ausgeben, nicht mehr als 15 Prozent des Gesamtgewinns aus den Jahren 2019 und 2020 betragen. Einen Freifahrschein gibt es trotzdem nicht, die Aufseher behalten sich ein Veto-Recht vor.

Extreme Mäßigung bei den Boni

Im Euro-Raum hatte die EZB-Bankenaufsicht, welche die rund 120 wichtigsten Geldhäuser direkt überwacht, den Banken nach Ausbruch der Corona-Pandemie einen Verzicht auf Dividendenzahlungen und auf Aktienrückkäufe bis Oktober und später bis Januar empfohlen. Die Empfehlungen sind zwar nicht bindend, sie gleichen trotzdem einem Verbot, denn keine Bank will es sich mit den Aufsehern verscherzen. Sie erwarte außerdem „extreme Mäßigung“, was die Auszahlung von Boni an die Banker angehe, heißt es von den Aufsehern. Bankvertreter sehen sich deswegen im Wettbewerb mit Konkurrenten außerhalb der EU im Nachteil, gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Aktionäre – so die Befürchtung – würden sich abwenden.                             

oli


16.12.2020 | 13:21

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