Für Altersvorsorgespezialist Frank A. Werner hat die klassische Lebensversicherung ausgedient (Foto: VKB).



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„Betriebliche Altersversorgung bietet entscheidende Vorteile“

Frank A. Werner von der Versicherungskammer Bayern erklärt, worauf Arbeitnehmer setzen sollten.
 
Wirtschaftskurier: Viele Deutsche haben Angst, dass Sie ihren Lebensstandard im Alter nicht halten können. Sie auch?
 
Frank A. Werner: Ich persönlich nicht – nein. Bei mir passt auch der Spruch „der Schuster hat die schlechtesten Schuhe“ nicht. Ich bin seit über 35 Jahren in der Versicherungsbranche tätig – und zwar überwiegend im Bereich der Lebensversicherungen. Sie können sich also vorstellen, dass ich privat mit Lebensversicherungen Vorsorge getroffen und von den einst hohen Zinsen profitiert habe. Heute investiere ich zusätzlich in moderne kapitalmarktorientierte Produkte. Zudem arbeite ich bei einem tollen Arbeitgeber, der auch betriebliche Altersvorsorge bietet. Ich fühle mich also gut abgesichert. Aber ich mache mir Sorgen um die breite Bevölkerung, die hauptsächlich auf die gesetzliche Rentenversicherung setzt.

Der Schlüssel für die richtige Altersversorge heißt für also Diversifikation?

Ganz genau. Und man sollte das Thema ganzheitlich sehen. Denn was sind die Probleme, die wir haben? Seit Jahren haben wir keinen Zinseszins. Aktuell kommen die Zinsen wieder leicht zurück, dennoch bewegen wir uns auf einem Niedrigzinsniveau. Außerdem befindet sich die Inflationsrate auf einem sehr hohen Level. Einige Experten sagen, dass die Inflation – spätestens im nächsten Jahr – wieder sinkt, aber aktuell helfen diese Prognosen nicht. Die größte Herausforderung unserer Gesellschaft ist der demographische Wandel. Wir wissen, dass wir deutlich länger leben als unsere Vorgängergeneration. Und für jeden Tag, den Sie leben, brauchen Sie Geld. Es gilt somit für ein würdevolles Leben im Alter vorzusorgen und gleichzeitig ihre Familie zu schützen.

Die Höhe des ins Verhältnis gesetzten Rentenniveaus sinkt von Jahr zu Jahr. Ist es nicht Aufgabe der Politik gegenzusteuern?

Ja, die Politik muss die Rahmenbedingungen schaffen, damit die Versorgung im Alter ausreichend auskömmlich ist. Wir wissen, dass die Bevölkerung schrumpft und gleichzeitig älter wird. Heißt: Das Geld für die Rente muss länger Leistungen finanzieren als das bisher der Fall war. Ein Maurer in den 70er-Jahren hatte eine Lebenserwartung von rund 75 Jahren; da war relativ klar: Wenn er bis 60 arbeitet, dauert sein Rentenbezug 15 Jahre lang.

Schauen wir heute auf das durchschnittliche Alter weltweit, stellen wir fest, dass wir bis Ende des Jahrhunderts fast 20 Millionen Hundertjährige zählen werden. Eine Menschenmenge in etwa so groß wie die Bevölkerungen in Rumänien oder Australien. Wir laufen also in eine demografische Falle hinein. Das weiß der Gesetzgeber und steuert auch dagegen, allerdings nicht komplett in die richtige Richtung.
Wir arbeiten mit unseren Verbandsinitiativen und guten Vorschlägen dagegen an, Stichwort Riester. Riester ist eine Idee, die mittlerweile über 20 Jahre alt ist, und als ergänzende Altersvorsorge über 16 Millionen Sparer erreicht. Das aktuelle Zinsniveau führt aber dazu, dass die Vorgaben – nämlich 100 Prozent Beitragsgarantie – nicht mehr funktionieren. Etwa 70 Anbieter haben sich bereits aus dem Riester-Markt verabschiedet. Deshalb sage ich ganz grundsätzlich: Ja, die Politik muss gegensteuern; macht sie auch, aber zu wenig. Zudem muss die Bevölkerung mit richtigem Vorsorgesparen ergänzen.

Ein Teil der Unternehmen bietet betriebliche Altersvorsorge als Ergänzung an. Worauf sollte man da achten?

Ganz wichtig ist natürlich eine gute Beratung. Dann sollte ein anbietendes Unternehmen dahinterstehen, das eine gewisse Größe sowie finanzielle Stärke hat und möglichst alle – und vor allem moderne – Produkte der betrieblichen Altersvorsorge abdecken kann. Was meine ich mit guten bzw. modernen Produkten? Sie müssen möglichst flexibel sein und sollten sich an die Marktgegebenheiten und die persönliche Lebens- und Arbeitssituation anpassen lassen. Wenn ich beispielsweise den Plan habe, mal ins Ausland zu gehen oder den Arbeitgeber zu wechseln, sollten die Produkte, so gestaltet sein, dass meine Absicherung weiter funktioniert.

Außerdem ist es wichtig, eine hohe Chancenorientierung in die Produkte zu nehmen. Damit meine ich konkret: ein Stück runter von einer Beitragsgarantie und gleichzeitig Erhöhung kapitalmarktorientierter Anlageklassen wie Aktien und ETFs. Das sind die zentralen Aspekte bei einer betrieblichen Altersversorgung aus Arbeitnehmersicht. Ein Arbeitgeber kann diese Vorteile seinen Mitarbeitenden anbieten und so diese besser an sein Unternehmen binden und neue Fachkräfte im heutigen „War for Talents“ von sich überzeugen. So profitieren beide Seiten - Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
 
Gibt es denn auch Fälle, wo Sie von einer betrieblichen Altersvorsorge abraten und stattdessen eine private Vorsorge empfehlen?

Nein. Private und betriebliche Altersvorsorge sind keine Konkurrenten, sie passen sehr gut zusammen. Schauen wir uns mal das Drei-Säulen-System an. Schicht eins: gesetzliche Rentenversicherung. Schicht zwei: Förderungen durch den Staat und über den Arbeitgeber. Hier können sie ganz einfach die volle steuerliche Förderung mitnehmen. Und ergänzend Schicht drei: private Altersvorsorge. Auch hier profitieren Sie von staatlichen Anreizen. Staatliche Förderung, chancenorientierte Partizipation am Kapitalmarkt und eine lebenslang garantierte Rente - so kann man sich effektiv mit der privaten und betrieblichen Altersvorsorge absichern. Aus allen drei Schichten ergibt sich eine Gesamtversorgung, die Sie ganz individuell ausgestalten können. Sie sind also Ihres eigenen Glückes Schmied.

Arbeitnehmer mit kleinem Einkommen können oft keine private Vorsorge aufbauen. Was, wenn der Arbeitgeber keine betriebliche Altersvorsorge anbietet?

Zunächst: Jeder Arbeitnehmer hat seit 2002 ein Recht auf Entgeltumwandlung. Wenn der Arbeitgeber es nicht anbietet, dann kann man darauf pochen. Wenn sich der Arbeitnehmer an einen Berater bei uns wendet, dann gehen wir unterstützend auf den Arbeitgeber zu und machen Vorschläge oder zeigen ihm Optionen auf. Aus Arbeitgebersicht gibt es überhaupt keine finanziellen Nachteile bei einer betrieblichen Altersvorsorge.

Außerdem fördert der Gesetzgeber auf Basis des Betriebsrentenstärkungsgesetzes Arbeitgeber, die zusätzlich Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge für Personen erbringen, deren monatlicher Arbeitslohn 2.575 € nicht übersteigt. Zahlt der Arbeitgeber für diese im Kalenderjahr einen Betrag in Höhe von mindestens 240 Euro an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung, kann er sich diesen Beitrag mit 30 Prozent bezuschussen lassen. Der maximal mögliche Zuschuss beträgt 288 Euro für 960 Euro Beitrag. Der Zuschuss wird dem Arbeitgeber bei Anmeldung seines Arbeitnehmers zur Lohnsteuer gutgeschrieben.

Die Umsetzung des Anspruchs auf Entgeltumwandlung in Kombination mit der staatlichen Förderung der betrieblichen Altersvorsorge, dem gesetzlichen Arbeitgeber-Zuschuss sowie möglicher zusätzlicher Arbeitgeberbeteiligung, bieten auch Personen mit geringem Einkommen eine Option, um eine attraktive Zusatzversorgung aufzubauen.

Was passiert mit dem eingezahlten Geld, wenn der Arbeitgeber Insolvenz geht?

Da gibt es Lösungen und vor allem Sicherheitsmechanismen. Im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge greifen in Abhängigkeit vom gewählten Durchführungsweg eine Vielzahl dieser gesetzlich verankerten Mechanismen, wie beispielsweise der Pensionssicherungsverein oder ein Direktanspruch des Arbeitnehmers gegenüber dem Risikoträger einer Direktversicherung.

Erstmal müssen wir allerdings schauen, wer zahlt die Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge. Ist sie arbeitnehmer- oder arbeitgeberfinanziert? Wenn sie arbeitnehmerfinanziert ist, gilt eine sofortige Unverfallbarkeit und die bisherigen Ansprüche sind gesichert. Und wenn sie der Arbeitgeber zahlt, gilt die Unverfallbarkeitsfrist von drei Jahren Betriebszugehörigkeit. Wenn diese Zeit überschritten wurde, ist das anteilige Geld ebenfalls gesetzlich gesichert. Im Vergleich zur privaten Altersvorsorge gibt es bei der betrieblichen Altersvorsorge also Mechanismen, die eine zusätzliche Absicherung gewährleisten. Kurzum: eine sichere Variante, Vorsorge zu betreiben.

Und was tun bei einem Job-wechsel?

Sofern die so genannte Unverfallbarkeit eingetreten ist, bleibt der zeitanteilige Anspruch auf die Betriebsrente für den Arbeitnehmer in allen Durchführungswegen erhalten. Im am häufigsten genutzten Durchführungsweg zur Entgeltumwandlung, der Direktversicherung, gibt es im Fall eines Jobwechsels eine Vielzahl von Möglichkeiten: So kann die Direktversicherung beim neuen Arbeitgeber - mit dessen Zustimmung - weitergeführt werden. Alternativ ist auch eine private Weiterführung oder eine Beitragsfreistellung möglich.

Um im Bedarfsfall eine Übertragung auch einfach zu gestalten, besteht außerdem für Verträge die seit dem 01.01.2005 abgeschlossen wurden, ein Rechtsanspruch auf Übertragung des Vertragskapitals auf einen neu einzurichtenden Vertrag beim neuen Arbeitgeber. Hier sollte allerdings geprüft werden, ob die Beibehaltung des Altvertrages ggf. mit Beitragsfreistellung aus der Arbeitnehmersicht nicht vorteilhafter ist.
 
Hat die klassische Lebensversicherung längst ausgedient?

Ja, die klassische – wie man sie von früher kennt – hat ausgedient. Klassisch heißt ja, wir bieten Garantien an, die sich oftmals am einst hohen Zinsniveau orientieren, das wir schon seit geraumer Zeit nicht mehr haben. Wenn ich aber Garantien anbiete, muss ich diese jederzeit bedienen, bin als Versicherung in dem Sicherungsvermögen gefangen. Und aufgrund der eingeschränkten Anlagemöglichkeiten ergibt es sich, dass nur die eingezahlten Beiträge rauskommen. Das kann also aus Sparer-Sicht nicht funktionieren, um eine auskömmliche Rente zu finanzieren.

Wenn Sie aber fragen, ob die grundsätzliche Lebensversicherung eine Zukunft hat, dann würde ich sagen: Wir als Versicherungskammer bieten sogar eine große Zukunft für die moderne Lebensversicherung an. Was heißt das und warum sprechen wir dabei von einer schon eingangs erwähnten „modernen Lebensversicherung“?

Schauen wir uns nochmal das Grundproblem an. Wir beobachten wegen der niedrigen Zinsen und der hohen Inflation einen Realzinsverlust von fünf bis sechs Prozent, gleichzeitig steigt die Lebenserwartung. An dieser Stelle können wir mit einer Lebensversicherung Sicherheit bieten. Wie hoch die Sicherheit ist, entscheidet der Versicherte selbst; sollen 50, 70 oder 90 Prozent meiner eingezahlten Beiträge gesichert sein? In unserem Fall sind es nahezu 61 Milliarden Euro Kapital, das wir mit unserer Kapitalanlage-Expertise im Konzern Versicherungskammer verwalten.

Unsere Kapitalanleger investieren das Geld heute neben Rentenpapieren weltweit in Aktien, Fonds und ETFs. Heißt also: Ich habe einerseits die Sicherheit und gleichzeitig die Möglichkeit am Kapitalmarkt zu partizipieren. Dabei kann ich sogar; während der Laufzeit Fonds wechseln, ohne dass dabei Gebühren anfallen. Ich kann auch Auszeiten nehmen, wenn ich beispielsweise ins Ausland gehen möchte oder ich wechsle den Arbeitgeber und nehme meinen Vertrag einfach mit. Ich habe also so viel eigene Flexibilität während der Laufzeit. Und zugleich profitiere ich von staatlicher Förderung und kann steuerliche Anreize in Anspruch nehmen. Kurzum: Die klassische Lebensversicherung wird immer mehr zurückgedrängt, aber die modernen Lebensversicherungsprodukte haben eine Zukunft!  
 
Das Deutsche Aktieninstitut plädiert dafür, die Altersvorsorge mit Aktien, beispielsweise in Form von ETFs, lieber gleich selbst in die Hand zu nehmen. Investments in breit gestreute Indexfonds könnten mehr Rendite bringen. Wieso also nicht ausschließlich auf diese Säule setzen?

Weil Ihnen dann ein Leistungsaspekt fehlt, den Ihnen nur die Lebensversicherung bietet: eine lebenslange Garantie auf monatliche Auszahlung. Sie wissen ja nicht, wie lange Sie leben werden und wie lange Sie deshalb Geld brauchen. Was machen Sie, wenn Ihr Auszahlungsplan für das Fondsvermögens endet und Sie sich unvermindert am Leben erfreuen? Außerdem haben Sie in der Lebensversicherung einen steuerlichen Vorteil, den Sie bei ETFs beispielsweise nicht haben. Zusätzlich haben Sie bei der betrieblichen Altersvorsorge die Förderung vom Staat; Sie genießen die Sicherheitsmechanismen der Versicherung und profitieren nicht zuletzt vom Expertenwissen unserer Kapitalmarktstrategen. Aber ich bin natürlich nicht gegen ein Investment in ETFs. Wir setzen mit den beschriebenen, modernen Konzepten einer Lebensversicherung ja auch genau darauf. Der Mix macht‘s!            
 
Frank A. Werner
Vorstand der Feuersozietät Berlin Brandenburg und der SAARLAND Versicherungen sowie als Generalbevollmächtigter der Bayern-Versicherung Lebensversicherung AG verantwortlich für die Lebensversicherung im Konzern Versicherungskammer

 

06.07.2022 | 16:32

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