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Wechselbad der Gefühle für Daimler: DAX-Spitze und Kartellstrafe

Die Riesen wanken, Daimler aber steht wie der Fels in der Brandung: Laut einer Studie ist der deutsche Autobauer der Konzern mit dem höchsten Vorsteuergewinn in ganz Europa. Doch der Erfolg fußt auch auf Kartellrechtsverstößen. Es drohen hohe Strafzahlungen - trotzdem ist die Aktie der Top-Wert im DAX.

Deutschlands Vorzeigeindustrie wackelt - Abgasskandal bei Volkswagen, Absatzkrise bei BMW. Daimler hingegen schaffte es laut einer Studie der Beratungsgesellschaft Ernst & Young im vergangenen Jahr auf den ersten Platz der gewinnträchtigsten Unternehmen in ganz Europa. Der Stuttgarter Konzern steht mit 13,2 Milliarden Euro das mit Abstand höchste Ebit, weit vor dem Brauereiriesen AB Inbev mit 12,8 Milliarden Euro und dem Pharmaspezialisten Roche mit 12,7 Milliarden Euro. 

Zwei weitere deutsche Konzerne schafften es in die Top 10: BMW auf Platz sechs, Siemens auf Platz zehn. Dabei ist es dieser Tage keine Selbstverständlichkeit, dass die Konzerne derart glänzen. Laut E&Y ging der Umsatz der europäischen Spitzenunternehmen 2015 um vier Prozent zurück, der Gesamtgewinn gar um 14 Prozent. Besonders schlecht stand Volkswagen mit einem operativen Minus von rund 4,1 Milliarden Euro da, der Verlust belief sich auf 1,6 Milliarden.

Doch der Erfolg von Konkurrent Daimler bekommt erste Risse. Insbesondere das kriselnde LKW-Geschäft sowie ein Massenrückruf in den USA schickten die Aktie des Konzerns vor kurzem auf Talfahrt. Heute wurde zudem bekannt, dass Daimler und anderen LKW-Herstellern wohl eine Milliardenstrafe aus Brüssel droht. Gemeinsam mit Unternehmen wie Renault, Volvo und Scania soll der Stuttgarter Autobauer über ein Jahrzehnt lang mittels Preisabsprachen Kunden in der Transportbranche geprellt haben. Auch der Vorwurf, dass die Konzerne gemeinsam neue Emissionsvorschriften verhindert haben, steht im Raum.

Daimler stellte bereits dreistelligen Millionenbetrag zurück

Die Kartellbehörden der Europäischen Union ermitteln bereits seit 2011 in dieser Sache. Damals brachte die VW-Tochter MAN den Stein durch eine Selbstanzeige ins Rollen. Während die Ermittlungen nun kurz vor dem Abschluss stehen, können die Beschuldigten schon einmal kurz aufatmen. Denn die im vergangenen Jahr kolportierte Strafe von bis zu vier Milliarden Euro ist offenbar vom Tisch, stattdessen ist von 1,4 Milliarden die Rede. Es wäre die höchste Kartellstrafe in der EU-Geschichte.

Daimler trifft das nicht unerwartet: Der Konzern hat seine Beteiligung bereits zugegeben, umfangreiches Material beigesteuert und könnte so von der Kronzeugenregelung profitieren. Dennoch haben die Stuttgarter mindestens 600 Millionen Euro zurückgestellt, denn unendlich ist die Milde der EU nicht. Die Anleger an den Börsenplätzen scheint das am Montagmorgen nicht sonderlich zu stören. Der Name Daimler hallt vor allem durch die Handelshallen, weil die Aktie mit einem Plus von 1,7 Prozent unangefochtener DAX-Spitzenreiter ist. Auch Volkswagen und BMW schaffen es in die Top 4 und können gut zulegen. 

Die aktuellste Analyse zur Daimler-Aktie liefert die Baader Wertpapierhandelsbank. Klaus Breitenbach führt vor allem die Autoverkäufe in China als Argument für Daimler an. Diese seien zwar im April merklich schlechter als im Vormonat ausgefallen, doch den Konkurrenten BMW und Audi sei man mit der Kernmarke Mercedes trotzdem enteilt. Das Kursziel bleibt für Breitenbach daher bei 85 Euro, was eine eindeutige Kaufempfehlung darstellt. Warum auch in die schattige Vergangenheit blicken, wenn die Zukunft leuchtet.

Marius Mestermann 

30.05.2016 | 12:03

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