Das Ziel: Wind- und Solarenergie werden in Eisen-Salz-Batterien von VoltStorage gespeichert (Foto: VoltStorage).

Das Führungsteam: Verena Graf, Jakob Bitner, Felix Kiefl und Michael Peithner (v. l.) steuern VoltStorage (Foto: VoltStorage).

Im Münchener Werk steht bereits ein Demonstrationsmodell (Foto: VoltStorage).



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Der Trick mit dem Eisen

Serie: Macher des Monats

Das Unternehmen VoltStorage arbeitet an einem Speicher für erneuerbare Energien. Die Batterie setzt auf ein innovatives Verfahren.

In der idealen Welt kommt Strom ausschließlich aus erneuerbaren Energien. Das Problem: Knallt die Sonne und weht der Wind, erzeugen Windräder und Solarzellen mehr Strom als benötigt. Und in der Flaute, oder wenn es dunkel ist, fehlt Strom. Bei Dunkelflaute geht nichts mehr: Blackout. Außer der Strom lässt sich in windig-sonnigen Zeiten speichern. Am besten kostengünstig. VoltStorage aus München hat da eine Idee, die so einfach ist, dass jeder sie im Keller umsetzen kann, wie Firmenchef Jakob Bitner sagt. Ganz so einfach ist es dann doch nicht. Die Tücke liegt wie immer im Detail.

VoltStorage setzt auf das Redox-Flow-Verfahren. Reduktion, Oxidation und Fluss stecken in dem Namen. Die Grundlagen stammen aus den 50er-Jahren, die erste funktionsfähige Technik entwickelte die US-Raumfahrtbehörde Nasa in den in den Siebzigern. Jetzt sind die eher trägen Batterien ein Zukunftsmarkt. VoltStorage bietet dabei zwei Varianten für unterschiedliche Anwendungen an: eine Batterie auf Basis von Vanadium für Gewerbe, die den Strombedarf über Nacht abdecken soll, und eine auf Basis von Eisen für erneuerbare Energien etwa für Solarparks.

„Unsere Speicher sind darauf ausgelegt, lange gleichmäßig Energie bereitzustellen“, sagt Bitner. Bei der Batterie für erneuerbare Energien können die Lade- und Entladezeiten 10 bis 100 Stunden betragen. Schließlich sollen sie die Grundlast bereitstellen. Zudem lassen sich die Batterien beliebig oft laden und entladen.

Begonnen hat VoltStorage mit Speichern für den Heimgebrauch.  Das Geschäft stellte das Unternehmen ein, um sich auf den Gewerbe- und Großspeichermarkt zu konzentrieren. Eine Batterie für Gewerbe und Landwirtschaft auf Vanadium-Redox-Basis bieten die Münchener bereits an,  die neue Version kommt Anfang 2023.

Für die ganz großen Lösungen entwickelt VoltStorage aber eine Batterie auf Eisen-Salz-Basis. Das Material hat einen entscheidenden Vorteil: „Eisen und Salz ist global in sehr großen Mengen verfügbar“, sagt Bitner. „Es kann praktisch überall gefördert werden.“ Das hält die Kosten niedrig. „Eine Kilowattstunde zu speichern, ist sehr günstig“, so Bitner. Die neuartige Batterie sticht damit gängige Lithium-Speicher aus, deren Basismaterial nur begrenzt verfügbar ist.

„Unsere geplanten Eisen-Salz-Geräte haben die Größe eines 20-Fuß-Standardcontainers“, sagt Bitner. Mehrere lassen sich modular zusammenschalten und sind auch für Weltgegenden geeignet, in denen die Sonne recht üppig scheint. „Die Batterien können bei Temperaturen von 60 Grad genutzt werden, ohne dass sie gekühlt werden müssen.“

100 Stunden laden,
 100 Stunden entladen

Eine Redox-Flow-Batterie arbeitet mit Flüssigkeiten. Und sie speichert die Energie in chemischen Verbindungen, kann sie auch wieder abrufen. Die Batterie besteht, sehr vereinfacht, aus zwei Tanks und einer Zelle. In jedem Tank gibt es eine Lösung, in der sich Elektrolyte befinden. Eine Pumpe befördert die Flüssigkeit durch einen geschlossenen Kreislauf in die Batteriezelle, wo entweder Energie über eine chemische Reaktion gespeichert oder entnommen wird. Das Besondere an der Technik: Speicherkapazität und Leistung sind voneinander getrennt. Die Zelle bestimmt die Leistung, die Größe der Tanks die Kapazität.

Große Batterien auf Basis der Technik gibt es bereits, meist mit Vanadium, einem Zuschlagstoff der Stahlindustrie. Das Fraunhofer Institut für Chemische Technologie betreibt einen Vanadium-Redox-Akkumulator in Verbindung mit Windanlagen in Baden-Württemberg. Richtig durchgesetzt hat sich das Konzept weltweit noch nicht. Vanadium ist kein seltenes Metall, wird aber vor allem in China (66 Prozent Weltmarktanteil) und Russland (18 Prozent) gefördert und gilt deshalb als kritisch.

Mitgründer Michael Peither ist auf die Redox-Flow-Technik während des Studiums gestoßen. Er hat dann eine Zelle im Keller seiner Eltern gebaut und kam auf die Idee, das Modell zu kommerzialisieren, einen Speicher für Häuser zu entwickeln. 2016 starteten Bitner, Felix Kiefl und Peither, alle Absolventen der Technischen Universität München, dann VoltStorage. Bei der Entwicklung stieß das Team auf Eisen-Salz und beschloss, die Technologie weiterzuentwickeln.

„Die Zelle kann jeder bauen“, sagt Bitner. Nach ein paar Ladezyklen sei sie aber kaputt. Die Leistung bestehe darin, den Prozess stabil und möglichst effizient laufen zu lassen. „Wir haben da zahlreiche Patente.“ VoltStorage hat Steuerungselektronik und Software selbst entwickelt.

Prototyp entstand 
im Keller der Eltern

Bitner sieht den Markt erst noch entstehen. „Bisher haben wir Strom erzeugt, wenn wir ihn brauchten. Steigt der Anteil erneuerbarer Energieerzeugung Richtung 60 Prozent, müssen wir mehr speichern“, sagt er. Oder einen riesigen Gaskraftwerkspark bereithalten, der bei Flaute oder fehlender Sonne oder beidem einspringen kann. Und das kostet enorm viel Geld. Also muss der Strom gespeichert werden. Bisher waren Batteriekonzepte noch nicht wirtschaftlich. Für Bitner zeichnet sich das aber ab. „Wir werden sehr viele günstige Speicher brauchen.“ Mit einer Vielzahl von verschiedener Techniken. Auf jeden Fall will VoltStorage vorn mit dabei sein.

An Großspeichern mit Redox-Flow-Technik arbeiten weltweit viele Firmen, aber nur ein einziger Konkurrent beschäftigt sich wie die Münchener mit Eisen: ESS aus den USA. Das Unternehmen ist an der US-Technologiebörse Nasdaq notiert und hat bereits erste Prototypenanlagen im Einsatz. VoltStorage will ein erstes Demons­trationssystem Ende dieses Jahres fertig haben. Dass ihr Konzept funktioniert, hat das Team bereits im vergangenen Jahr mit einem Modell bewiesen.

Auch Investoren glauben an die Idee. Investiert haben unter anderem EIT InnoEnergy des Europäischen Instituts für Innovation und Technologie, die belgische Investmentfirma Korys und Bayern Kapital, die Risikokapitalgesellschaft des Freistaats. In der letzten Finanzierungsrunde Anfang August hat VoltStorage 24 Millionen Euro vom US-Motorenhersteller Cummins eingesammelt. Über die genaue Bewertung des Unternehmens schweigt sich Bitner aus. Nur so viel: Die Gründer sind noch beteiligt.

Björn Hartmann

16.11.2022 | 10:45

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