Wie sicher sind die Einlagen deutscher Sparer wirklich? (Foto: Shutterstock)



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„Die deutschen Spareinlagen sind sicher“

Der Satz stammt von Angela Merkel und ist aus den Zeiten der Finanzkrise 2008. In der Krise 2019 wäre er kein bisschen richtiger.

Der 5. Oktober 2008 ist für Wirtschaftshistoriker ein denkwürdiges Datum: Die Finanzkrise taumelte drei Wochen nach der Pleite von Lehman Brothers ihrem Höhepunkt entgegen, Bilder von Schlangen wartender Kunden vor britischen Banken machten die Runde, da traten der damalige Finanzminister Peer Steinbrück und Kanzlerin Angela Merkel vor die Kamera und sagten: „Die deutschen Spareinlagen sind sicher.“

Der Satz, der beruhigen sollte, löste eine heftige Diskussion aus mit dem Fazit: Was der Finanzminister und die Kanzlerin damals versprochen haben, lag gar nicht in ihrer Macht. Es war ein politisches Versprechen und ein taktischer Zug, der einem möglichen Ansturm der Sparer auf ihre Konten bei der Bank verhindern sollte. Wäre es dazu gekommen, wäre das Versprechen in sich zusammengebrochen. Angesichts von damals rund vier Billionen Euro, die sich auf deutschen Sparkonten befanden, hätte keine von Deutschland finanzierte Bankenrettung gereicht, um den Zusammenbruch zu verhindern.

Nerv der Bankkunden getroffen

Zu einem gleichen Versprechen ist es in der aktuellen Krise bisher nicht gekommen. Das Geld, das die deutschen Sparer auf der Bank liegen haben, ist allerdings dort fast genauso sicher oder unsicher wie damals. Das Leibniz Institut für Wirtschaftsforschung in Halle (IWH) hatte deswegen jüngst einen Nerv bei Banken und ihren Kunden getroffen, als die Ökonomen in einer Studie feststellten, dass aufgrund krisenbedingter Kreditausfälle gerade kleinere Banken wie Sparkassen oder Volksbanken in Schwierigkeiten geraten und ein Dominoeffekt einsetzen könnte: Die Krise frisst sich von den kleineren zu den großen immer tiefer hinein ins Bankensystem. Andersherum als bei der Finanzkrise 2008, als kranke Banken die Realwirtschaft infizierten, könnte es diesmal eine leidende Realwirtschaft sein, die die Banken in den Abgrund reißt.

Was ist dran an dieser Argumentation? Nichts, sagen die Banken unisono, was allerdings schlicht daran liegt, dass jede andere Antwort unverantwortlich wäre, weil sie eben Unsicherheit schürte, die dann tatsächlich Folgen bis hin zu Zusammenbrüchen haben könnte.

Immerhin, die Geschäftsbanken sowie Volksbanken und Sparkassen können auf ihre jeweiligen Sicherungssysteme verweisen. Sie helfen sich untereinander, wenn ein Institut in Schieflage gerät. Sie können außerdem auf ihren seit Jahren angehäuften Puffer zeigen, der sie vor Kreditausfällen schützt, und sie können Optimismus verbreiten: Bisher sei zumindest bei Sparkassen und Volksbanken noch nie ein Euro eines Sparers wegen einer taumelnden Bank verloren gegangen. Und auch diesmal werde es nicht so schlimm kommen, zumal die meisten Kredite mit Immobilien besichert seien.

Dominoeffekt sprengt alle Sicherungen

Tatsächlich steckt viel Optimismus in diesen Aussagen. Das Einspringen untereinander funktioniert nur, solange es nicht zu einem Dominoeffekt kommt. Wenn ein Mitgliedsinstitut in Schieflage gerät, sind alle anderen zusammen in der Lage, dies aufzufangen und für die Einlagen der Kunden bis zu einer Höhe von 100 000 Euro zu gerade zu stehen. Kippen aber mehrere Banken gleichzeitig um, bricht auch die versprochene Sicherheit in sich zusammen wie ein Kartenhaus. Zwar gibt es einen Rechtsanspruch auf eine Entschädigung bis 100 000 Euro im Schadensfall. Für Einlagen darüber hinaus jedoch wird es schwierig, weil seit 2016 die sogenannte Bail-in-Regelung gilt: Die sieht bei einer Bankpleite eine abgestufte Beteiligung von Gläubigern und Sparern mit Einlagen über 100 000 Euro vor.
Für die meisten Sparer in Deutschland ist das kein Problem. Firmenkunden und besonders vermögende Menschen allerdings, rechnen in anderen Dimensionen. Für sie sind die hohe Vorsorge, die kleine Banken derzeit gegen Kreditausfälle treffen müssen, sowie die mühsame Suche der Großbanken nach einem tragfähigen Geschäftsmodell Hinweise, dass sie handeln müssen: Das Geld auf ihren Konten ist eben nicht so sicher, wie sie es gerne hätten.

Oliver Stock

31.07.2020 | 10:33

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