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Neues Lebensgefühl mit E-Scooter?

Motorradfahren erlebt seit einigen Jahren ein Revival. E-Scooter könnten eine Lösung für Großstädte mit ihren Verkehrs- und Abgas-Problemen sein – vor allem wenn die Batterien einmal billiger werden. Interview mit BMW-Motorrad-Chef Stephan Schaller.

WirtschaftsKurier: BWM Motor­rad konnte in den vergangenen Jahren seine Umsätze steigern, nie gab es mehr Motorräder aus Bayern weltweit. Gibt es eine Trendwende bei den Bikern, mehr auf Traditionsmarken zu setzen?

Stephan Schaller: Der anhaltende Erfolg von BMW Motorrad ist ein Ergebnis einer langjährigen und konsequenten Geschäftspolitik. Mit einem Plus von elf Prozent nach den ersten neun Monaten sind wir auch 2015 auf Kurs, um am Ende des Jahres wieder einen neuen Absatzrekord zu erzielen. Unser starkes Modellportfolio und die Strahlkraft der Marke BMW Motorrad sind die Basis für diesen Markterfolg. Unsere neue Fahrzeuggeneration sorgt für einen regelrechten Nachfrageschub. Darüber hinaus inspiriert Motorradfahren und das spezielle Lebensgefühl aber nicht nur die bestehenden Motorradfahrer, sondern weckt heute das Interesse bei viel mehr Menschen als in den zurückliegenden Jahren. Es entsteht eine neue Motorrad­kultur, die wir auch mit unserer neuen Markenausrichtung ­„Make Life a Ride“ abbilden.

Elektromobilität ist das Thema der Zukunft. Was heißt das für BMW Motorrad?

Der Nachhaltigkeitsstrategie der BMW Group entsprechend ist es der Anspruch von BMW Motorrad, das Thema Elektromobilität konsequent zu belegen. Wir haben mit dem "C evolution" deshalb ein visionäres Fahrzeugkonzept mit einem Höchstmaß an Praxistauglichkeit, Sicherheit und einem inspirierenden Design umgesetzt. Dieses Fahrzeug ist aber nur der Anfang. Es werden weitere Fahrzeuge folgen.

Sie bewerben den E-Scooter "C evolution" als intelligente Antwort auf das wachsende Verkehrsaufkommen, auf steigende Energiekosten und immer strengere CO2-Auflagen. Was haben wir darunter zu ver­stehen?

Elektromobilität ist lokal emissionsfrei, das heißt, es fallen in der Stadt keinerlei Abgase an. Das Zweirad bietet darüber hinaus sehr viele Vorteile in Bezug auf seine geringe Verkehrsfläche und seine Wendigkeit. Parkplatzsuche und Stau sind für einen Zweiradfahrer kaum ein Thema. Der C evolution ist somit das ideale Fahrzeug für den Verkehr im urbanen Umfeld und bietet zudem jede Menge an Fahrspaß.

Viele Biker setzen nach wie vor auf viel PS und Benzin. Gibt es da überhaupt einen Markt für den neuen E-Scooter?

Hoher Kraftstoffverbrauch ist bei modernen Motorrädern passé. Kunden würden das heute nicht mehr akzeptieren. Der Elektroantrieb eignet sich unserer Meinung nach besonders für Commuting-Fahrzeuge im urbanen Bereich. Hier genügen Reichweiten von über 100 Kilometern für die täglichen Fahrten. Der Markt für Elektrozweiräder ist heute noch überschaubar. Das wird sich aber ändern. Die Batterien werden günstiger und leistungsfähiger werden; damit wird ein Elektrofahrzeug noch attraktiver, als es heute schon ist.

Wie wird die urbane ­Mobilität in den pulsierenden Metro­polen der Megacities genau aussehen?

Weltweit gibt es einen starken Trend in Richtung Urbanisierung, das heißt, immer mehr Menschen zieht es in die Metropolen. Das bringt große Herausforderungen für die Infrastruktur einer Großstadt mit sich. Die Städte reagieren mit unterschiedlichen Maßnahmen, um der zunehmenden Verkehrs- und Umweltbelastung vorzubeugen. Neben restriktiven Maßnahmen wie Zufahrtsbeschränkungen oder City-Maut setzt man auch auf E-Mobilität und Zweirad-Fahrzeuge. Mit dem "C evolution" bieten wir unseren Kunden eine Lösung an, die in einzigartiger Form emissionsfreies Fahren mit der für BMW typischen Freude am Fahren verbindet.

Ressourcenknappheit und Umweltschutz – wie reagiert BMW Motorrad in der Forschung auf diese Herausforderungen?

Wir in der BMW Group sind überzeugt, dass wir durch nachhaltiges Wirtschaften die Zukunft unseres Unternehmens sichern. Und so ist es nur folgerichtig, dass Nachhaltigkeit eine zentrale Grundüberzeugung der BMW Group und damit auch von BMW Motorrad ist. Diese Überzeugung bildet sich entsprechend sowohl in der Produktion unserer Motorräder und Scooter als auch in einer starken Konzentration unserer Vorentwicklung und Entwicklung auf Elektromobilität ab.

Ein Problem sind nach wie vor die Batterien, die nur ­eine begrenzte Kilometerzahl ermöglichen und mindestens drei Stunden an die Steckdose müssen, um neu auf­geladen zu werden. Welche Entwicklungen zeichnen sich auf diesem Sektor ab?

Es ist absehbar, dass sich die Kosten nach unten und die Leistungsfähigkeit nach oben entwickeln. BMW Motorrad hat den immensen Vorteil, vom Know-how und der Innovationskraft der BMW Group profitieren zu können. So haben wir die Möglichkeit, an den zukünftigen Entwicklungen der Speichertechnologie unmittelbar teilzunehmen.

Für viele scheitert die Entscheidung, auf ein Elektro­mobil ­umzusteigen, an den hohen Preisen. Dies betrifft nicht nur E-Autos, sondern auch ­E-Motorräder. Grundsätzlich ist die Elektromobilität ja schon in den Köpfen der Bevölkerung angekommen, nur für viele sind die Modelle einfach zu teuer. Warum kann man nicht billigere Fahrzeuge anbieten und damit mehr Kunden gewinnen?

Leistungsfähige Batterietechnologie ist heute noch sehr teuer. Die Kosten hängen also an den Energiespeichern. Diese Kosten müssen über den Fahrzeugpreis an den Kunden weitergegeben werden. Billige Elektrofahrzeuge erfüllen heute weder bei Reichweite noch bei Qualität und Sicherheit die Anforderungen unserer Kunden.

Können Sie uns etwas zu den Verkaufszahlen im E-Segment sagen?

Sowohl im Einführungsjahr des "C evolution", das noch kein volles Verkaufsjahr war, als auch 2015 liegen wir im Rahmen unserer Planung. Hauptmarkt ist Frankreich.

Welche aktuellen, elektrobetriebenen Modelle sind derzeit am Markt? Und wie sieht das Motorrad 2020 aus?

Heute gibt es eine noch relativ geringe Zahl von Herstellern, die Elektromotorräder oder -scooter in unterschiedlichen Fahrzeugsegmenten anbieten. Dieser Markt steht noch am Anfang einer Entwicklung. Ich denke, auch im Jahr 2020 werden die allermeisten Motorräder und Scooter noch mit umweltfreundlichen Verbrennungsmotoren unterwegs sein. Für BMW Motorrad ist es essenziell, dass das Fahren mit zwei Rädern auch in Zukunft vor allem viel Freude macht. Wir erkennen heute, dass Motorradfahren wieder deutlich an Attraktivität gewinnt. Wir wollen unseren Teil dazu beitragen, dass die Faszination Motorrad erhalten bleibt. Und zur Faszination Motorrad wird zukünftig sicher auch das elektrische Motorradfahren gehören.

Die Fragen stellte Stefan Groß

15.01.2016 | 10:31

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