Die Sanierungsexperten Nils Krause und Michael Busching sind Fachanwälte für Insolvenzrecht und Vorstände der ECOVIS Insolvenz und Sanierungs AG. Sie werden regelmäßig als Insolvenzverwalter eingesetzt und begleiten bundesweit Eigenverwaltungsverfahren als Sanierungsberater. (Fotos: Ecovis)



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Frühzeitig die Weichen für eine Sanierung stellen

Die Sanierungsexperten Nils Krause und Michael Busching, Fachanwälte für Insolvenzrecht und Vorstände der ECOVIS Insolvenz und Sanierungs AG, über den richtigen Umgang bei einer Schieflage des eigenen Unternehmens.

Wie erkennen Sie als Insolvenzverwalter ob es noch möglich ist ein Unternehmen zu sanieren?
 
Nils Krause: In einem ersten Schritt ist anhand der Finanzplanung des Unternehmens zu überprüfen, ob die finanzielle Schieflage des Unternehmen in einem vorhersehbaren Planungszeitraum beseitigt werden kann. Selbst wenn diese Fortbestehensprognose negativ ausfällt, können aber im Einzelfall Möglichkeiten zur Aufrechterhaltung des gesamten Geschäftsbetriebes oder von Betriebsteilen auch in der Insolvenz bestehen. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens muss also nicht zwangsläufig die Liquidation des Unternehmens zur Folge haben, sondern bietet, bei einer guten Fortführungsperspektive, oftmals die Chance für eine nachhaltige Neuausrichtung des Unternehmens.  
 
Auf welche Herausforderungen müssen sich Unternehmen im Zuge eines Insolvenzverfahrens einstellen?
 
Michael Busching: Jede Krise verlangt schnelles, entschlossenes Handeln und ein spezialisiertes Team, das in dieser schwierigen Phase die richtige Lösung findet und umsetzt. Insbesondere die Kommunikation mit den Arbeitnehmern, Kunden und Lieferanten des Unternehmens verlangt dabei viel Erfahrung, um alle Verfahrensbeteiligten vom Erfolg des jeweiligen Sanierungskonzepts zu überzeugen und eine nachhaltige Restrukturierung des Unternehmens zu erreichen.
 
Wie kann man das verloren gegangene Vertrauen von Lieferanten und Kunden wiederaufbauen?
 
Nils Krause: Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Lieferanten und Kunden, insbesondere bei frühzeitig eingeleiteten Eigenverwaltungsverfahren, mit viel Verständnis reagieren und oftmals bereit sind, die erforderlichen Maßnahmen zur Neuausrichtung des Unternehmens mitzutragen, sofern im Unternehmen zuvor eine kritische Auseinandersetzung mit den Krisenursachen stattgefunden hat und die tatsächliche Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen durch die Beteiligung von Sanierungsexperten sichergestellt ist.
 
Wann ist der richtige Zeitpunkt einer rechtzeitigen Insolvenzantragstellung?
 
Michael Busching: Bereits bei ersten Anzeichen für eine Schieflage des Unternehmens sollten Spezialisten zu Rate gezogen werden. Nur wer frühzeitig die Weichen für eine Sanierung stellt, kann  der erforderlichen Handlungsspielraum des Unternehmens erhalten und für sich nutzen. Das sogenannte „Schutzschirmverfahren“ ist beispielsweise nur dann zulässig, wenn das Unternehmen noch nicht zahlungsunfähig ist. Innerhalb von drei Monaten erarbeitet das Unternehmen dann gemeinsam mit seinen Beratern einen Insolvenzplan zur Neuausrichtung des Unternehmens nach einem Schuldenschnitt. Auch bei bereits eingetretener Zahlungsunfähigkeit kann das Insolvenzausfallgeld vorfinanziert werden. Es deckt dabei, im Gegensatz zum Kurzarbeitergeld, 100 % des Nettoeinkommens ab.  Da das Insolvenzausfallgeld aber drei Lohn- und Gehaltsläufe beschränkt ist, muss auch hier schnell gehandelt werden, um einen ausreichenden Zeitraum für die Sanierung des Unternehmens zu gewinnen.
 
Hat die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bezüglich der Coronakrise Ihrer Meinung nach tatsächlich positive Auswirkungen?

 
Nils Krause: Die Unternehmen kämpfen aktuell mit fehlender Liquidität. Insbesondere im Bereich des stationären Einzelhandels, der Gastronomie und der Hotellerie aber auch im Bereich der Automobilzulieferer ist die Lage extrem angespannt. Die Unternehmen werden nicht mehr in der Lage sein, den anstehenden Zahlungsverpflichtungen nachzukommen und sind schon deshalb gezwungen, Insolvenz zu beantragen. Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vermag daran nichts zu ändern.

17.04.2020 | 14:44

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