Will Pionierarbeit im Gesundheitswesen leisten: Jochen Schmitz, CFO von Siemens Healthineers (Foto: Siemens Healthineers).



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„Gesundheitsausgaben sind Investitionen"

Gesundheit ist nicht nur ein Kostenfaktor, sondern ein Investment: Jochen Schmitz, CFO von Siemens Healthineers, zieht im Interview Lehren aus der Pandemie und spricht über den neuen Wert von Gesundheit.

WirtschaftsKurier: Auch nach der Impfung des Großteils der Bevölkerung hat das Corona-Virus Deutschland wieder voll im Griff. Dennoch: Ihr Konzern dürfte, wie andere Unternehmen aus der Gesundheitsbranche, als einer der Gewinner aus der Pandemie hervorgehen.

Jochen Schmitz: Gewinner ist hier nicht die passende Vokabel. Richtig ist, dass wir unser Unternehmen gut durch die Krise gebracht haben. Wir haben uns von Tag eins an darauf konzentriert, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen, die Infrastruktur unserer Kunden zu sichern, gleichzeitig unsere Geschäftsprozesse am Laufen zu halten und unser Portfolio so weit möglich auf die Bekämpfung der Pandemie auszurichten.

Wie haben Sie als Medizintechnikkonzern die Pandemie generell und die vergangenen Monate im Speziellen erlebt?

Die Pandemie hat die Welt unvorbereitet getroffen. Wir haben schnell priorisiert nach dem Credo: Wir helfen, wo wir können. Wir waren eines der ersten Unternehmen, die den gesamten Behandlungspfad von Covid-19-Erkrankten begleiten können: von der Diagnose über die Prognose und Therapie bis zur Nachsorge. Beeindruckend ist, mit welchem Tempo die Pandemie Veränderungen bewirkt hat: Die Entwicklung eines mRNA-Impfstoffs in nur zwölf Monaten oder die schnelle Umstellung auf Videokonferenzen sollten uns immer wieder daran erinnern, dass Veränderungen möglich sind, wenn notwendig.

Siemens Healthineers hat unter anderem wesentlich dazu beigetragen, dass bereits in einer frühen Phase der Pandemie Antigen-Schnelltests auf dem freien Markt verfügbar waren. Mit allein einer Milliarde Euro Umsatz im Geschäftsjahr 2021 hat der Konzern durch die Schnelltests gerechnet. Haben sich die hohen Erwartungen erfüllt? Sind die Umsätze wegen inzwischen vieler weiterer Wettbewerber wieder eingebrochen?

Die hohe Nachfrage nach Antigen-Schnelltests hat unsere Erwartungen sogar übertroffen. Mit rund 1,1 Milliarden Euro Umsatz haben sie die herausragende Geschäftsentwicklung 2021 zusätzlich spürbar beeinflusst. Wir erwarten, dass die Nachfrage mit steigenden Impfquoten sinken wird. Gleichzeitig sind die Preise heute deutlich andere. Für den Ausblick für das Geschäftsjahr 2022 haben wir Umsätze von 200 Millionen Euro aus diesen Tests angenommen.

Finden Sie, dass die Pandemie die Bereitschaft, in Gesundheit zu investieren, verstärkt hat?

Ich glaube, es ist stärker ins Bewusstsein getreten, dass Gesundheitsausgaben weniger ein Kostenfaktor sind, sondern eine Investition in die kritische Infrastruktur einer Volkswirtschaft. Das ist relevant bei Covid-19, das ist ebenso relevant bei Krebs – auch eine Art Pandemie; nur an die haben wir uns über die Jahrzehnte gewöhnt.

Was sind Ihre persönlichen Lehren aus der Pandemie?


Ich hätte nie gedacht, dass wir so gut zusammenarbeiten können, ohne uns persönlich zu treffen. Zum Glück war unsere Digitalisierung schon so weit gereift, dass wir schnell ins Homeoffice übergehen konnten. Gleichzeitig wurde mir klar, wie sehr ich auch persönliche Treffen vermisse.

Vor wenigen Monaten hat Siemens Healthineers den US-Medizintechnik-Hersteller und Krebsspezialisten Varian Medical Systems übernommen und integriert. Auf den ersten Blick ein erfolgreicher Deal: Nach nur einem halben Jahr steuert Varian bereits Gewinne zum Gesamtergebnis bei.

Mit der Kombination der beiden Unternehmen haben wir unsere Position als ganzheitlicher Partner in der Präzisionsmedizin weiter ausgebaut. Wir können jetzt unsere Märkte mit dem umfassendsten Portfolio sowie dem internationalsten und stärksten Team bedienen, das wir jemals hatten.

Wie soll es langfristig mit Varian weitergehen?


In der Integration kommen wir gut voran. Unsere Portfolios und Kompetenzen ergänzen sich hervorragend, wir haben eine sehr ähnliche Kultur und gemeinsame Werte. Das führen wir jetzt zusammen. Wir wollen noch bessere Ergebnisse in der Krebsbehandlung erzielen und noch mehr Patientinnen und Patienten erreichen. Zudem rechnen wir für Varian mit einer deutlichen Beschleunigung des Wachstums und einer steigenden operativen Profitabilität.

Siemens Healthineers ist aufgrund seines Börsenwerts in den erweiterten DAX aufgenommen worden und spielt nun in der ersten Börsenliga mit. Nachdem die Aktie vor der DAX-Aufnahme von Rekord zu Rekord geklettert war, gab es seit der DAX-Mitgliedschaft auch kurzzeitige Talfahrten.

Wir haben unser Allzeithoch als DAX-Unternehmen Ende November erreicht und die Bewertung von Siemens Healthineers – gemessen am Target Price der Analysten – ist kontinuierlich gestiegen, seit wir im DAX notiert sind. Durch den DAX-Eintritt sind wir insgesamt sichtbarer geworden. Dies wird uns helfen, unsere sehr gute Position weiter auszubauen.

Was sind die nächsten Schritte oder Ziele, die
 das Unternehmen plant?


Mit dem Geschäftsjahr 2022 sind wir in die nächste Phase unserer Strategie 2025 eingetreten. Wir nennen diese Phase „New Ambition“. Das heißt, wir wollen unsere besonderen Kompetenzen weiter ausbauen: Patient Twinning, Präzisionstherapie sowie Digitalisierung, Daten und KI. Dies wird zu beschleunigtem, profitablem Wachstum führen, basierend auf einer nachhaltigen Wertschöpfung. Unser Anspruch ist: Wir leisten Pionierarbeit im Gesundheitswesen. Für jeden Menschen. Überall.

Die Fragen stellte Vera König.

05.01.2022 | 10:39

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