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GSW Immobilien purzeln aus dem MDAX

Das ging schnell. Die Aktien des Immobilienunternehmens GSW Immobilien sind diese Woche durch eine außerplanmäßige Änderung der Deutschen Börse innerhalb weniger Tage aus dem MDAX geflogen. Den Platz im bisherigen Index nehmen nun die Kohlenstoffspezialisten der SGL Group ein.

Der Ausschluss ist eine Folge der Übernahme des Berliner Wohnimmobilien-Unternehmens durch den Konkurrenten Deutsche Wohnen. Weil der Streubesitzanteil der GSW Immobilien auf unter zehn Prozent sank, erfüllt das Unternehmen nicht mehr die Indexkriterien, die von der Deutschen Börse festgelegt werden. Die im MDAX notierte Deutsche Wohnen AG besitzt nunmehr mehr als 90 Prozent aller GSW-Anteile. Die 90-Prozent-Marke spielt beim Herausdrängen von Kleinaktionären eine wichtige Rolle: Denn der sogenannte „Squeeze-out“ ist möglich, wenn die Muttergesellschaft 90 Prozent der Anteile der Tochtergesellschaft hält und das Tochterunternehmen im Anschluss mit dem Mutterkonzern verschmolzen wird.

GSW wird bald als eigenständiges Wohnimmobilien-Unternehmen Geschichte sein. Die Deutsche Wohnen AG hatte bereits im Sommer das Übernahmeangebot für den Berliner Konkurrenten GSW vorgelegt. „Wir sehen in dem Zusammenschluss eine überzeugende Möglichkeit, die Stärken beider Unternehmen zu bündeln und wertschaffend weiterzuentwickeln. Dieser Schritt ist operativ und industrielogisch sinnvoll“, warben die beiden Co-CEOs der GSW Immobilien AG, Jörg Schwagenscheidt und Andreas Segal im Oktober bei den Aktionären für die Fusion.

Den Abschied vom MDAX quittierten die Anteilseigner mit Verkäufen. Nach Bekanntwerden des Abstiegs brach der Kurs von 35 auf 30 Euro ein. Kurz vor dem Einbruch hatte das Bankhaus Lampe das Kursziel von 37,40 Euro auf 33 Euro gesenkt. Auch die Analysten der Nord LB rieten jüngst zum Verkauf der Papiere.

Der neue Großkonzern: Deutsche Wohnen AG

Für die Deutsche Wohnen AG könnte die Übernahme ein lohnendes Geschäft werden. Denn die diesjährigen Quartalsergebnisse der GSW können sich durchaus sehen lassen. Eine geringe Leerstandsquote und höhere Mieteinnahamen ließen bei den Berlinern die Gewinne in den ersten neun Monaten dieses Jahres nach oben schnellen. Das Ergebnis aus Vermietung und Verpachtung kletterte von 121 auf 135,8 Millionen Euro – das ergibt ein Plus von zwölf Prozent im Vergleich zum gleichen Vorjahreszeitraum. Per saldo verdiente die GWS Immobilien AG 49,3 Millionen Euro, im Vorjahr waren es 40,7 Millionen gewesen. Neben dem deutlich gestiegenen Vermietungsergebnis trugen hierzu das verbesserte Zins- und Steuerergebnis bei. Weiterhin stieg der für die Konzernsteuerung wichtige operative Gewinn ohne Verkaufserlöse für einzelne Wohnungen (FFO) um 12,5 Millionen auf 62,5 Millionen Euro.

Im Vergleich zu 2012 blieben in diesem Jahr sowohl der Verschuldungsgrad als auch der Nettosubstanzwert (NAV) der GSW nahezu unverändert. Der Verschuldungsgrad (Verhältnis von Fremdkapital zu Eigenkapital in Prozent) betrug per 30. September (2013) 54,0 Prozent, am 31. Dezember 2012 waren es 53,8 Prozent gewesen. Der NAV lag am Ende des dritten Quartals 2013 bei 1,525 Milliarden Euro, am 31. Dezember 2012 waren es noch 1,526 Milliarden Euro.

Auch mit Blick auf den weiteren Jahresverlauf ist die GSW zuversichtlich. „Die Faktoren, die die Produktivität des Berliner Wohnungsmarktes prägen, haben unverändert Bestand. Hierzu zählen unter anderem ein steigender Bedarf an Wohnraum sowie die weiterhin niedrige Neubautätigkeit“, heißt es im Mitte November veröffentlichten Quartalsbericht. Die GSW erwartet vor diesem Hintergrund kontinuierlich steigende Miteinnahmen.

Durch die Übernahme verfügt die Deutsche Wohnen AG über ein Portfolio von etwa 150.000 Wohneinheiten mit einem Gesamtwert von rund 8,5 Milliarden Euro. Experten trauen dem neuen Immobilienriesen sogar einen Aufstieg in den DAX zu. Das fusionierte Unternehmen ist nun die neue Nummer zwei unter den privaten Wohnungsimmobiliengesellschaften in Deutschland hinter der Deutschen Annington und vor der Gagfah. Durch die Kapitalerhöhung steigt das Grundkapital der Deutsche Wohnen AG um 117,4 auf 286,2 Millionen Euro. Die neuen Aktien sind ab dem Geschäftsjahr 2014 voll dividendenberechtigt.

Berliner Traditionsfirma strebt nach Höherem

Die GSW Immobilien AG wurde 1924 als „Wohnungsfürsorgegesellschaft Berlin mbH“ gegründet. 1937 schlossen sich acht städtische Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaften zur „Gemeinnützigen Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft“ (GSW) zusammen, die mit einem Bestand von über 37.000 Wohnungen zum größten Wohnungsunternehmen Berlins wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren große Teile der Gebäude zerstört. Inzwischen ist die GSW in Deutschland mit einem Portfolio von rund 60.000 Wohn- und Gewerbeeinheiten ein führendes Immobilienunternehmen. Die Strategie ist nach Firmenangaben auf die langfristige Verwaltung von Mietwohnungen ausgerichtet. Vor rund einem Jahr wurde das Immobilienportfolio der Gesellschaft mit rund 3,3 Milliarden Euro bewertet. Der GSW-Konzern hatte zum Stichtag 31. Dezember 2012 insgesamt 557 Mitarbeiter. In den Wohnungen der GSW leben mehr als 120.000 Menschen

In der Nähe des ehemaligen Checkpoint Charlie im alten Berliner Zeitungsviertel in der Charlottenstraße in Kreuzberg steht die Zentrale der GSW Immobilien AG. Der Neubau wurde 1999 nach den Plänen von Matthias Sauerbruch und Louisa Hutton fertiggestellt und waren ein registriertes Projekt der EXPO 2000. Es hat ein Niedrigenergiekonzept, das den Verbrauch durch eine Frischluft/Abluft-Thermik um bis zu 40 Prozent senkt. Gekrönt wird der Bürobau in 81 Meter Höhe von einem Windsegel, das zugleich maßgeblicher Bestandteil des Energiekonzeptes ist.

Der Bau der Konzernzentrale – sehr innovativ, gewiss. Geholfen hat es erstmals nichts, die Luft ist raus. Innovation und Ideen werden bei der GSW nun gebraucht, um den Kurs der Unternehmensanteile wieder von Abluft auf Frischluft zu schalten und der Aktie wieder die gewohnte Thermik zu verleihen.

02.12.2013 | 10:39

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