
Peter Schel ist Senior Partner bei IBM Consulting für Deutschland, Österreich und die Schweiz und berät Kunden in der Industrie. (Foto: IBM)
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Künstliche Intelligenz verändert alles – IBM-Topmanager Peter Schel über die digitale Zukunft der Industrie
Wirtschaftskurier: Vereinfacht gesagt ist IBM zweigeteilt. Da gibt es den Technologiepart und den Consultingpart. Sie sind bei letzterem. Wen und was beraten Sie dort?
- Peter Schel: Ich bin Senior Partner bei uns im Industrial Sektor. Das heißt, zu meinen Kunden gehören hauptsächlich Unternehmen aus dem Automobilbau, Maschinen- und Anlagenbau und auch Chemicals Petroleum insgesamt. Als IBM Consulting beraten wir natürlich auch Kunden im Banking, im Finanzsektor, im öffentlichen Dienst und auch im weiteren Handel.
Die Produktivität in Deutschland muss steigen, wir brauchen technologischen Wandel. Was sind Ihre Schwerpunkte?
- Peter Schel: Technologie und ganz besonders künstliche Intelligenz werden alle Bereiche eines Unternehmens nachhaltig verändern, angefangen von der Kundenschnittstelle. Wie spreche ich meine Kunden an? Wie betreibe ich den Vertrieb? Wie organisiere ich aber auch meine interne Organisation bis hin zur Supply Chain? Also, wie arbeite ich mit meinen Partnern zusammen? Und das treiben wir auch intern voran, bei uns selbst, um unseren Kunden das mit guten Beispielen zeigen zu können.
Haben Sie ein Beispiel?
- Peter Schel: Nehmen wir bei der internen Organisation zum Beispiel das Personalwesen. Bei uns ist die Digitalisierung sehr weit vorangeschritten. Alle 280.000 Mitarbeiter haben Zugriff auf einen digitalen Assistenten, mit dem man alle Personalfragen klären kann: vom Urlaubsantrag über „Was muss ich tun, wenn ich schwanger bin?“ bis hin zur Organisation der Führungskräfte. Wir können praktisch alle Fragen über diesen Chatbot beantworten. Umso mehr Zeit bleibt den HR-Mitarbeitenden für die kritischen Fälle, in denen es um Existenzielles geht, wie etwa gesundheitliche Fragen oder um Sterbefälle. Es gab am Anfang eine kleine Hemmschwelle. Aber mittlerweile haben wir mehr als 95 Prozent der Anfragen in dieser digitalen Welt und eine deutlich höhere Zufriedenheit der Beschäftigten mit HR.
Nicht jeder Betrieb hat 280.000 Beschäftigte, sondern manchmal nur 28.
- Peter Schel: Für 28 Mitarbeiter ist es wahrscheinlich in der Relation von Aufwand und Nutzen noch ein größerer Schritt. Aber Betriebe mittlerer Größe nehmen die Tools sehr interessiert auf. Die Technologie ist mittlerweile so adaptierbar, dass sie nicht nur für Großunternehmen anwendbar ist.
Was sind die ersten Schritte bei der Einführung?
- Peter Schel: Es darf nicht darum gehen, Technologie zum Selbstzweck zu machen. Von daher glauben wir immer an einen starken kreativen Ansatz. Wir bringen die Fachleute aus den Geschäftsprozessen zusammen mit den Technologieexperten, um Schritt für Schritt die Themen zu entwickeln. Ich glaube, es ist gut, eine gewisse Expertise von außen zu bekommen. Wie sind andere Kunden dort vorgegangen? Wir raten zu einem offenen Technologieansatz. Wir sind ein großer Verfechter von Open Source und den Tools von Partnern. Man sollte vor allem dort offen sein, wo es Speziallösungen braucht.
Woher holen Sie Talente oder bilden Sie intern weiter?
- Peter Schel: Wir sind für beide Ansätze. Natürlich verstärken wir uns gezielt vom Markt und sind immer interessiert an neuen Kolleginnen und Kollegen. Aber ein Großteil bei uns geht durch die eigene Weiterbildung. Global haben wir mittlerweile mehr als 120.000 Menschen, die wir ausgebildet haben. Wir investieren sechs Milliarden Dollar jährlich in Forschung und Entwicklung – das bietet natürlich Möglichkeiten, Mitarbeiter auch sehr gezielt für die Zukunft fit zu machen. Und wir arbeiten intensiv mit unseren Partnern zusammen, sei es Salesforce, SAP, AWS oder Microsoft, die natürlich auch das Thema KI gerade sehr stark vorantreiben.
So mancher deutsche Ableger eines US-Konzerns wird hierzulande geführt wie ein Mittelständler. Ihre Zentrale ist zum Beispiel in Ehningen, im eher ländlichen Schwaben.
- Peter Schel: Das ist so. Man muss eine Strecke rausfahren. Wobei Ehningen für uns ein sehr wichtiger Standort ist, weil dort das Rechenzentrum und immerhin der einzige IBM Quantencomputer in Europa steht. Unsere Forschungs- und Entwicklungsabteilung ist dort auch -platziert.
Das Gespräch führte Thorsten Giersch.
08.04.2025 | 22:47