Prickelnde Geschäfte
Wachstum: Vor fast 60 Jahren als Newcomer gestartet, gehört die Trierer Herres-Gruppe heute zu Deutschlands führenden Sektkellereien. Nach Rotkäppchen, Mumm, Henkell & Co. und Schloss Wachenheim ist Herres die Nummer vier im Markt – und will weiter wachsen. Dafür war eine Großinvestition in den Ausbau des Tanklagers notwendig.Unternehmermut liegt der Familie Herres im Blut. Das zeigt schon die Firmengründung: 1954 sah der 15-jährige Hans Herres in der Lokalzeitung „Trierischer Volksfreund“ eine Anzeige, die ihn elektrisierte: „Wein- und Sektkellerei in Bad Godesberg abzugeben“. Der junge Herres witterte eine einmalige Chance. Denn zwei Jahre zuvor war die Sektsteuer von drei auf eine D-Mark pro Liter gesenkt worden – ein zusätzlicher Schub für den Schaumweinkonsum im beginnenden Wirtschaftswunder.
Da der Preis günstig war, konnte Hans Herres seinen Vater Peter, damals Leiter der Sparkasse in Leiwen an der Mosel, dazu überreden, mit ihm zusammen den kleinen Betrieb samt Gerätschaften zu übernehmen. Zwar hatten Vater und Sohn damals „von Sekt keine Ahnung“, gesteht Hans Herres, dennoch starteten sie in Leiwen mit der Produktion. Genau 370 Flaschen am Tag füllten sie im ersten Geschäftsjahr ab.
Doch der junge Herres lernte in der Sektherstellung schnell dazu, und der Verkauf, um den sich sein Vater zunächst nach Feierabend kümmerte, legte ständig zu. Einige Jahre später war die Nachfrage bereits so groß, dass sich beide entschlossen, einen Neubau zu errichten: im Industriegebiet Trier Nord, wo das Unternehmen heute noch seinen Sitz hat. Peter Herres hatte inzwischen nach 22 Jahren seinen Posten als Sparkassenleiter aufgegeben, um ganz in die Geschäftsleitung der Sektkellerei zu wechseln.
Indem sie mutig eine neue Chance ergriffen, überwanden Vater und Sohn auch eine Durststrecke Anfang der 1960er-Jahre. „Das Sektgeschäft verlief schleppend“, erinnert sich Hans Her-res. Umso versessener war ein Großabnehmer auf „Erdbeer-Sekt“. Die Kellerei Herres erfüllte ihm den Wunsch, obwohl Fruchtschaumweine für sie Neuland waren. Die Innovation zahlte sich aus: Das Getränk gewann nicht nur eine Goldmedaille der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), sondern auch die Gunst der Käufer. „Innerhalb von zwei bis drei Jahren“, so Hans Herres, „waren wir mit 8 Mio. Flaschen Marktführer.“
1991 wagte das Trierer Familienunternehmen mit der bis heute größten Sektabfüllanlage der Welt mit einer Kapazität von 36 000 Flaschen pro Stunde eine gewaltige Investition. Zusammen mit drei weiteren Abfüllstraßen kommt Herres heute auf 90 000 Flaschen pro Stunde. Vier Jahre später griff Herres zu, als die Keller Geister GmbH & Co. KG in Briedern an der Mosel zum Verkauf stand.
Perlwein-Know-how
Das Trierer Unternehmen sicherte sich damit nicht nur die Markenrechte an dem gleichnamigen Perlwein, einem Bestseller der Nachkriegszeit, sondern auch die geballte Kompetenz in der Perlweinherstellung. Die kam Herres zugute, als 1996 die Steuerbegünstigung von Fruchtschaumwein gegen über Sekt fiel. Seitdem entscheidet allein die Höhe des Kohlensäuregehalts darüber, ob die Schaumweinsteuer anfällt. Dagegen ist Perlwein wegen des per se niedrigeren Kohlensäuregehalts davon befreit.
Fruchtschaumweine spielen daher heute im Herres-Sortiment kaum noch eine Rolle – im Gegensatz zu weinhaltigen Mixgetränken oder gar dem Stammprodukt Sekt, das für knapp die Hälfte des Umsatzes sorgt. Das meiste davon findet als Handelsmarken über die Regale der großen Lebensmittelhändler und -discounter den Weg in die Gläser der Kunden. Auf diesem Vertriebsweg ist das Familienunternehmen zur Nummer vier auf dem deutschen Sektmarkt nach Rotkäppchen-Mumm, Henkell & Co. und Schloss Wachenheim aufgestiegen. Rund 20 % des Gesamtumsatzes gehen in den Export.
Und die Zeichen stehen weiter auf Wachstum: 2012 hat Herres über das gesamte Produktspektrum hinweg „erstmals mehr als 100 Mio. Flaschen verkauft“, freut sich Nicole Herres. Die Tochter von Hans Herres ist seit 1992 als Geschäftsführerin für Vertrieb und Marketing verantwortlich – ebenso lange wie ihr Kollege Adolf Lorscheider für Personal und Finanzen des 115 Mitarbeiter zählenden Unternehmens.
Weiterer Ausbau
Seit Juni 2005 verstärkt Nicole Herres’ jüngerer Bruder Marc, der nach seiner Ausbildung zum Weinküfer Getränketechnologie an der Hochschule Geisenheim im Rheingau studierte, als Einkaufs- und Technikchef die Geschäftsführung. Als Vorsitzender des Beirats steht Vater Hans Herres dem Management mit Rat und Tat zur Seite.
Die Expansion erfordert jetzt wieder einmal eine Großinvestition: Für insgesamt 5 Mio. Euro wird die Kapazität des Tanklagers einschließlich der dazugehörigen Halle in zwei Abschnitten um insgesamt 4,5 Mio. Liter erweitert. Mitte 2012 fiel die Entscheidung, im Herbst begann Lorscheider, Angebote von mehreren Leasing-Gesellschaften einzuholen. Die Sparkasse Trier, die das Unternehmen als Hausbank seit seinen Anfängen begleitet, brachte die Deutsche Leasing ins Spiel. Zusammen schnürten die Finanzierungspartner „ein in jeder Hinsicht passendes Paket“, so Lorscheider. Der Sektkellerei kam es insbesondere auf eine möglichst kurze und damit steuergünstige Laufzeit an: Mit siebeneinhalb Jahren liegt sie also deutlich unter der Nutzungsdauer von zwölf Jahren, die das Finanzamt bei
der Abschreibung derartiger Tanks zugrunde legt. Mitte Januar 2013 wurden die Leasing-Verträge fixiert.
Alle Beteiligten sind zufrieden: Die Sparkasse konnte das Leasing-Geschäft, das sie zu 100 % Prozent im eigenen Obligo refinanziert, im Haus halten und die Beziehung zu einem langjährigen Kunden mit hoher Bonität festigen. Und mit dem „Maßanzug“ für Herres hat die Deutsche Leasing einen neuen Kunden gewonnen – mit der Chance auf spätere Fortsetzung.
25.11.2013 | 11:59