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Resilienter Biotechsektor trotz breiter Marktturbulenzen

Der Biotechnologiesektor hat das vergangene Jahr fulminant beendet. Doch jetzt bereitet die Coronavirus-Krise Sorgen. Im Interview erläutert Daniel Koller von BB Biotech die jüngsten Zahlen für 2020.

Herr Koller, das 1. Quartal 2020 stand im Bann der Coronakrise. Alle Anlageklassen, auch Aktien haben verloren. Wie hat sich das im Gesundheitssektor gezeigt?

Aktien von Unternehmen im Gesundheitssektor, vor allem von Large Caps, verhielten sich dabei defensiver als die breiten Aktienindizes. Der MSCI World Healthcare Index verlor im 1. Quartal 2020 11.3% (in USD). Unternehmen, die an der Bereitstellung und Entwicklung von Diagnostik, Medikamenten oder Impfstoffen zur Behandlung von Covid-19 beteiligt sind, konnten der Korrektur gemeinhin entgehen und verzeichneten sogar beachtliche Kursgewinne. Pharmaunternehmen – mit ihrem meist defensiven Charakter – schnitten besser ab als die breit gefassten Gesundheitsindizes. Der Nasdaq Biotech Index büsste in Einklang mit dem MSCI World Healthcare Index 10.3% (in USD) ein. Für den Biotechsektor erwiesen sich Marktkapitalisierung und Liquidität als wichtigste Faktoren in Bezug auf die jeweils erzielten Total Returns.

Auch Ihr Portfolio hat gelitten?

Ja, denn Small und Mid Caps wurden vom Abwärtstrend stärker getroffen. Meist handelt es sich aber um einen unspezifischen Ausverkauf von Aktien und hat wenig mit der fundamentalen Werthaltigkeit der Unternehmen zu tun. Sorgen macht, ob sich kleinere Unternehmen weiter finanzieren können und ob die frühen klinischen Studien unterbrochen oder verzögert werden. Grössere Biotechunternehmen wie etwa Gilead, Biogen und Regeneron haben von der Flucht der Anleger in sichere Häfen profitiert.

Bietet die Krise auch Chancen für den Sektor?


Wir rechnen  damit, dass die Biotechbranche ein wichtiger Sektor der Weltwirtschaft bleiben und sogar noch an Bedeutung gewinnen wird.  Wir sehen die Krise auch als einmalige Chance für die Industrie, sich in ein positives Licht zu rücken. Viele Unternehmen wollen aktiv einen Beitrag zur Lösung eines gesellschaftlichen Notstandes leisten. Gelingt es, die Corona-Pandemie dauerhaft zu beseitigen, wird sichtbar, dass medizinische Innovation in ihrer Gesamtheit eine grosse gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Relevanz hat. Die weitere Entwicklung und die Überwindung der Covid-19-Pandemie werden wahrscheinlich eine sorgfältige Neubeurteilung der globalen Gesundheitsrisiken und der Gesundheitssysteme auslösen. Die sozialen, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Störungen, die rund um den Globus zu beobachten sind, könnten zu einer Verlagerung von Prioritäten, Vorschriften, Technologieschwerpunkten und Investitionsmustern führen.

Lohnt sich jetzt ein Einstieg für Investoren?

Unserer Meinung nach war die Biotechnologie Branche vor der Krise attraktiv bewertet und das hat sich nun im Verlauf der Korrektur noch weiter akzentuiert. Die aktuelle Sektorbewertung befindet sich auf historisch niedrigen Niveaus. So kommen alle im Nasdaq Biotechnology Index enthaltenen profitablen Biotechs auf ein durchschnittliches 2021er-Kurs-Gewinn-Verhältnis von 13.

Wie wirkt sich die Krise derzeit auf Ihr Beteiligungsportfolio aus?

Wir sind überzeugt, dass es sich um eine kurzfristige, durch das negative Sentiment der Investoren bedingte Bewegung handelt. Unsere Unternehmen sind fundamental gut aufgestellt und verfügen über eine solide Finanzierungslage. Der Investment Case ist intakt und wir erwarten von den Unternehmen unverändert ein grosses Wachstumspotenzial getrieben von der Innovationsstärke, die sich vor allem in den vielversprechenden neuen Technologien abzeichnet.

Haben Sie neue Investitionen getätigt?

Wir haben im 1. Quartal zwei neue Positionen eröffnet: Fate Therapeutics und Black Diamond Therapeutics. Bei beiden handelt es sich um kleinkapitalisierte Unternehmen, die im Bereich der neuen Biotech-Technologien aktiv sind. Fate Therapeutics leistet Pionierarbeit bei der Entwicklung eines neuartigen Ansatzes in der Zelltherapie. Black Diamond Therapeutics ist ein auf Präzisionskrebsmedikamente spezialisiertes Unternehmen, das auf die Entdeckung und Entwicklung von niedermolekularen, tumor-agnostischen Therapien ausgerichtet ist.

Kommen wegen der Coronakrise jetzt auch M&A-Aktivitäten zum Erliegen?

Volatile Märkte und Social Distancing könnten sich verzögernd auf Geschäftsaktivitäten wie Fusionen und Übernahmen auswirken. Dennoch hat das Portfoliounternehmen Incyte ein globales Lizenz- und Kooperationsabkommen unterzeichnet, um die weltweite Weiterentwicklung und Vermarktung eines Antikörpers voranzutreiben, den es gemeinsam mit dem Unternehmen Morphosys entwickelte. Morphosys und Incyte werden den Antikörper in den USA gemeinsam vermarkten, während Incyte die exklusiven Vertriebsrechte ausserhalb der USA erhält. Mit einer FDA-Entscheidung wird Mitte 2020 gerechnet. Im Weiteren kündigten Sangamo und Biogen eine globale Kooperation bei der Entwicklung von Genregulationstherapien für Alzheimer, Parkinson und neuromuskuläre sowie sonstige neurologische Erkrankungen an.

30.04.2020 | 10:16

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