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Versichern via App

Konzernchef Walthes digitalisiert die Versicherungskammer Bayern und präsentiert gute Bilanzzahlen

Versicherungen sind der Inbegriff von konservativen Unternehmen – das gilt für das 1811 bereits gegründete Traditionshaus ganz besonders. Zugleich aber treibt Konzernchef Frank Walthes derzeit die digitale Erneuerung des Konzerns mächtig voran.  Gestärkt durch gute Bilanzen im Jahr 2018, präsentiert der Versicherer innovative Projekte.

„Wir wollen weiter wachsen, unser Geschäftsmodell weiter stärken und die Kundenorientierung weiter erhöhen“, sagte Frank Walthes, Vorsitzender des Vorstands, im Rahmen des Jahrespressegesprächs. Dazu benötige das Unternehmen Veränderungsbereitschaft und neue Fähigkeiten. „Darum suchen wir heute eben nicht mehr nur Versicherungskaufleute, Mathematiker oder Juristen. Wir brauchen heute auch Design Thinking-Spezialisten oder Navigatoren“, so Walthes.

In der Kraftfahrtversicherung habe man aktuell den marktweit schnellsten Angebotsprozess über eine Lösung via App umgesetzt. In der Krankenversicherung werden bereits über zwei Millionen Belege über die Rundum-Gesund-App digital eingereicht. Der RentenManager in der Lebensversicherung zeige einfach und übersichtlich Rentenlücken auf, die dem Berater passgenaue Vorschläge zur individuellen Altersvorsorge ermöglichen.

Gestärkt werde das Kerngeschäft auch mit dem S-Versicherungsmanager: „Damit ist es uns gelungen, einen eigens entwickelten Online-Versicherungscheck mit der Kompetenz des dynamischen Startups Clark zu kombinieren“, führte Walthes aus. Aktuell im Pilotbetrieb, soll der S-Versicherungsmanager ab Herbst allen öffentlichen Versicherern zur Verfügung stehen. „Ich bin überzeugt, dass durch Shared Services alle Beteiligten profitieren können“, fügte Frank Walthes hinzu.

Daneben betonte die Versicherungskammer die wichtige Rolle von BavariaDirekt. Die vor zehn Jahren als Internetversicherer gestartete BavariaDirekt ist ein Insurtech. Aktuell sind bei der BavariaDirekt knapp 260.000 Kraftfahrzeuge versichert. Mit den Haftpflicht-, Sach- und Unfallversicherungen sind rund 450.000 Risiken im Bestand. Als digitaler Versicherer habe sie auch die Rolle eines Innovationslabors im Konzern: Dort werde neues Kundenverhalten, wie beispielsweise Shareconomy, aufgegriffen oder neuer Versicherungsbedarf (z.B. Cyber) getestet.

Die Entwicklung des Internet of Things (IoT) will der Versicherer mit SmartHome-Technologien aufgreifen. Sie entwickelt ihre Gebäudekompetenz rund um Haus und Wohnen für Privatkunden ebenso wie für andere Kundengruppen weiter. Barbara Schick, im Konzern verantwortlicher Vorstand für die Schaden- und Unfallversicherung, wies darauf hin, dass neue Techniken neue Versicherungslösungen erfordern. Beispielsweise greife der Versicherungsschutz in der Hausratversicherung bislang nur dann, wenn es bei einem Einbruch mechanische Spuren gebe, z.B. die einer Brechstange. Wenn bei smarten Türschlössern künftig nur noch ein Zugangscode zu knacken ist, wird es diese Spuren nicht mehr geben. Mit dem digitalen Versicherer, BavariaDirekt, testet sie aktuell den Umgang mit Risiken aufgrund von Fehlbedienungen oder Fehlfunktionen von SmartHome Anwendungen. „Wir wollen alle heute bekannten Aspekte in unseren Versicherungslösungen berücksichtigen“, so Schick.

Nach Ansicht der Versicherungskammer gewinnen daneben Ökosysteme an Bedeutung. Daher hat das Unternehmen Ökosysteme bereits bei den Personenversicherern aufgebaut. Mit dem digitalen Gesundheitsportal MeineGesundheit stehe für privat krankenversicherte Kunden eine interaktive Plattform bereit. Neben einer digitalen Gesundheitsakte und einem elektronischen Rechnungsmanagement könne der vollversicherte Kunde über das Portal auf Gesundheitsdienstleistungen, wie etwa Medikationsplan oder Arztsuche, zugreifen.

Erfahrungen mit einem eigenen Ökosystem sammelt der Konzern Versicherungskammer mit dem im vergangenen Jahr gegründeten Corporate Startup uptodate. Auf diesem digitalen Marktplatz sollen Angebot und Nachfrage rund um das Thema Leben und Wohnen zusammengebracht werden. Das erste Angebot sei HolidayCare. Seit Anfang 2019 kann sich unter www.uptodate.de jeder für die Zeit seiner urlaubsbedingten Abwesenheit SmartHome-Technologien, wie beispielsweise Bewegungs- oder Wassermelder, mieten, diese ebenfalls installieren und vernetzen sowie für den Notfall an ein Sicherheitssystem anschließen lassen. Sofern gewünscht, können auch Pflanzen gegossen oder der Briefkasten geleert werden. Das Angebot wird zunächst in München getestet. „In einem nächsten Schritt werden wir die Bedürfnisse älterer oder pflegebedürftiger Menschen validieren“, kündigte Schick an.

Rückblickend lobte der Vorstandsvorsitzende das vergangene Geschäftsjahr: „Wir verzeichnen über alle Geschäftsfelder und Kundengruppen ein ertragreiches Wachstum.“ Mit einem Plus von 2,6 Prozent konnten im gesamten Versicherungsgeschäft die Beitragseinnahmen von 8,1 auf 8,31 Milliarden Euro gesteigert werden. Der Konzernjahresüberschuss vor Steuern beträgt 498,8 Millionen Euro, nach Steuern liegt er bei 346,4 Millionen Euro. Der gesamte verwaltete Kapitalanlagebestand des Konzerns Versicherungskammer, inklusive Drittgeschäft, verzeichnete ein Wachstum um rund 5,4 Prozent und liegt erstmals über 60 Milliarden Euro. Das Nettoergebnis aus Kapitalanlagen lag bei 1,46 Milliarden Euro, die Nettoverzinsung bei 2,8 Prozent.

Vor allem im Bereich der Schaden- und Unfallversicherung konnte das Unternehmen ein Wachstum verzeichnen. Mit einem Plus von 3,4 Prozent im selbst abgeschlossenen Geschäft wurden in der Schaden- und Unfallversicherung Beitragseinnahmen in Höhe von 2,69 Milliarden Euro erzielt. Der Bruttoschadenaufwand lag bei 1,91 Milliarden Euro. „Angesichts einer Vielzahl von Schäden, etwa durch Unwetter und Großschadensereignisse, konnten wir 2018 unsere Leistungsfähigkeit erneut unter Beweis stellen“, erläuterte Isabella Pfaller, Finanzvorstand des Konzerns Versicherungskammer. Wegen der zunehmenden Extremwetterereignisse wies die Versicherungskammer auf die Notwendigkeit einer erweiterten Naturgefahrenversicherung zum Schutz der eigenen Existenz hin. Besondere Bedeutung habe dies vor dem Hintergrund der Entscheidung der Bayerischen Staatsregierung, die ab dem 1. Juli 2019 in Bayern keine staatlichen Soforthilfen mehr gewähren wird.

Die beiden Kranken- und Pflegeversicherer, die Bayerische Beamtenkrankenkasse und die bundesweit tätige Union Krankenversicherung (UKV), erzielten 2018 Prämieneinnahmen in Höhe von 2,47 Milliarden Euro. Das entspricht einem Anstieg um 2,4 Prozent. Die Aufwendungen für Versicherungsfälle beliefen sich auf 1,79 Milliarden Euro. Laut Versicherungskammer habe sich das Geschäft in der Zusatzvorsorge im privaten und betrieblichen Bereich besonders gut entwickelt. Die beiden Krankenversicherer der S-Finanzgruppe entwickeln sich – als drittgrößte private Krankenversicherungsgruppe in Deutschland – vom Kostenerstatter zu einem Partner in der Gesundheits- und Pflegevorsorge ihrer rund 3,2 Millionen Kunden in Deutschland.

Im Segment der Lebensversicherungen stiegen die gebuchten Beiträge um 1,8 Prozent auf 3,07 Milliarden Euro. Laut der Versicherungskammer zeige dies, dass gerade in Zeiten hoher Volatilität an den Kapitalmärkten die Kunden der Lebensversicherung besonders vertrauen würden. „Betonen möchte ich die Kontinuität unserer Gesamtverzinsung für unsere Versicherungsnehmer, die im Vergleich zu anderen Anlagen mit 2,75 Prozent auf einem unverändert hohen Niveau liegt“, so Pfaller. Das Nettoergebnis aus Kapitalanlagen (ohne fondsgebundene Lebensversicherung) lag bei 846,6 Millionen Euro, daraus ergab sich eine Nettoverzinsung von 2,9 Prozent.

Aufgrund des weiterhin niedrigen Zinsniveaus hat die Assetklasse Infrastruktur, inklusive erneuerbarer Energien, in der Kapitalanlage des Konzerns Versicherungskammer weiter an Bedeutung gewonnen. Pfaller erklärte: „2018 hat sich gezeigt, dass die Versicherungskammer als öffentlich-rechtlicher Versicherer mit ihren Eigentümern, den Sparkassen, ein gern gesehener Partner bei der Finanzierung von Infrastrukturprojekten ist.“ Im vergangenen Jahr habe man drei Projekte im Bereich öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) in Deutschland gewonnen. Mit Investitionen in Erneuerbare Energien oder Projekte, die eine Reduktion von Schadstoffemissionen ermöglichen, habe die Versicherungskammer 2018 zur Einsparung von rund 200.000 Tonnen CO2 beigetragen.

09.04.2019 | 12:17

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