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Xing-Aktie boomt – Motto: „lokal geht vor global“

Xing – auf Chinesisch 行 – bedeutet „es funktioniert“, und der Name scheint derzeit Programm zu sein: erfolgreiche Übernahmen, Gewinne im zweistelligen Millionenbereich, Rekordhoch bei der Aktie. Doch was ist das Geheimnis des 2003 gegründeten Sozialen Netzwerks mit Sitz in Hamburg?

Als am 7. August die Quartalszahlen der Burda-Tochter Xing veröffentlicht wurden, hatten Anleger allen Grund zur Freude. Zwischen April und Ende Juli hatte sich der Umsatz des Unternehmens um mehr als ein Fünftel auf 43,9 Millionen Euro gesteigert, der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen lag bei 15,3 Millionen, der Gewinn unterm Stricht betrug immerhin noch rund acht Millionen Euro. Nach eigenen Angaben war das zweite Quartal 2017 das erfolgreichste in der Geschichte der Karriereplattform. Diese guten Neuigkeiten gaben der Xing-Aktie gehörig Auftrieb und führten dazu, dass das Papier im frühen Handel rund fünf Prozent gewann und auf ein neues Allzeithoch von 265,35 Euro stieg.

In den Tagen nach der Veröffentlichung der Quartalsbilanz pendelte sich die Aktie dann auf einem starken Wert von 260 Euro ein und stand zuletzt aufgrund kleinerer Korrekturen bei noch 250 Euro. Das TEC-Dax Papier hatte im bisherigen Jahresverlauf ein Gesamtwachstum von 43 Prozent und gehörte somit zu den größten Gewinnern unter den deutschen Technologietiteln, mit einem erwarteten Gewinn pro Aktie von knapp fünf Euro und einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 48,99. Analysten gaben der Aktie mehrheitlich eine Kaufempfehlung, das durchschnittliche Kursziel lag bei 240 Euro, wobei manche Analysten jedoch noch nicht die jüngsten Zahlen in Ihre Berechnungen aufgenommen hatten.

Besonders euphorisch blickt der Entwicklung offenbar Lars Dannenberg, Analyst der Privatbank Hauck & Aufhäuser, entgegen. Er erhöhte das Kursziel von 205 Euro auf 300 Euro, mit der Begründung, dass Xing aufgrund strategischer Zukäufe und jüngsten Wachstumsinitiativen die Erwartungen der Experten übertreffen dürfte. Ein wenig zurückhaltender bewertete Warburg Research Analyst Jochen Reichert die weitere Entwicklung des Wertpapiers. Er behielt das Kursziel von 233 Euro bei und stufte die Aktie weiterhin als „Hold“ ein. Trotz der zaghaften Bewertung ist Reichert jedoch der Meinung, dass sich das starke Umsatzwachstum des Unternehmens fortsetzen dürfte.

Die Hamburger trotzen dem Silicon-Valley-Giganten

Xings Erfolg ist vor allem in Hinblick auf den circa 40-mal größeren Haupt-Konkurrenten des Karrierenetzwerkes LinkedIn erstaunlich. Der Grund hierfür ist laut CEO Thomas Vollmoeller, dass Xing vollkommen andere Prioritäten als der Konkurrent aus dem Silicon Valley setzt: Anders als Microsoft-Tochter LinkedIn, welche in den letzten Jahren eine halbe Milliarde Nutzer in der ganzen Welt verzeichnen konnte, ist bei dem Hamburger Sozialen Netzwerk die Devise „lokal geht vor global“ an der Tagesordnung. So bestätigte Vollmoeller jüngst in einem Interview mit dem Handelblatt, dass er den Grund für die Stärke Xings vor allem darin sehe, dass das Karrierenetzwerk schon früh auf das Lokale, das heißt echte Menschen vor Ort, gesetzt habe. Marcus Silbe, Analyst bei der BHF Bank, stimmt dieser These voll zu und sieht den Erfolg der Burda-Tochter vorrangig in der Tatsache, dass Xing keine Ressourcen für den Aufbau eines globalen Geschäfts verschwendet, sondern sich voll und ganz auf eine gezielte Verankerung in Deutschland, Österreich und der Schweiz konzentriert.

Diese Fokussierung auf das Lokale zahlt sich offenbar aus: Xing listet mittlerweile knapp 13 Millionen Nutzer in der DACH-Region. Die Registrierung bei der Businessplattform ist zunächst kostenlos, wobei jedoch eine zusätzliche kostenpflichtige Premium-Mitgliedschaft, die bestimmte Vorteile, wie erweiterte Suchfilter und detaillierte Profilbesucher-Statistiken beinhaltet, abgeschlossen werden kann. Derzeit nutzen etwa 971.000 zahlenden Mitglieder diese Premium-Funktionen und stellen für das Unternehmen Xing die wichtigste Umsatzquelle dar. Den größten Gewinnanstieg konnte das Karrierenetzwerk jedoch im Segment des E-Recruitings für Geschäftsleute verzeichnen, hier stiegen die Erlöse um 40 Prozent. Doch auch das Geschäft mit dem Offline Event-Services, sowie der Online Werbung, läuft gut. Dort betrug das Wachstum rund ein Fünftel.

Geglückte Arrondierung schafft Werte für Anleger

Ebenso richtig lag Xing wohl bei seinen zwei letzten Übernahmen: Nachdem die Hamburger Karriereplattform zunächst Anfang Juli den E-Recruiting Anbieter Prescreen für 17 Millionen Euro übernommen hatte, folgte wenige Tage später der Aufkauf des Expat-Netzwerks InterNations für weitere 10 Millionen Euro. Die Wiener Firma Prescreen hatte 2014 ein Managementsystem für Bewerbungen entwickelt, ein Bereich, in dem für Xing Einiges an Ausbau-Bedarf bestand. Der zweite wichtige Zukauf, InterNations, organisierte in der Vergangenheit 50.000 Events für 1,5 Millionen Teilnehmer. Die Zielgruppe der Events waren vorrangig Berufstätige im Ausland, sogenannte Expats. Dabei sei die Übernahme InterNations jedoch kein Schritt in die Internationalität, und damit weg vom Xing-Motto „lokal geht vor global“, sondern primär eine Maßnahme von dem das eigene Geschäftsmodell profitieren soll. So stufte Berenberg Analystin Sarah Simon den Zukauf vor Allem deswegen als vorteilhaft ein, da er der Online-Plattform Xing wertvolle Kenntnisse im Bereiche Offline-Netzwerke bringe.

Eine weitere gute Nachricht für Xing: Laut des Social-Media Atlas der Hamburger Kommunikationsberatung Faktenkontor und des Markforschers Toluna gewann das Businessportal das Vetrauensvotum seiner Nutzer. Das bedeutet, dass Xing Nutzer im Schnitt Unternehmen, die auf der Xing-Plattform inserieren, weiteraus mehr Vertrauen schenken, als beispielsweise Facebook Nutzer Unternehmen, die sich auf Facebook präsentieren. So gaben 62 Prozent der Xing-User an, großes Vertrauen in Informationen kommerzieller Anbieter, die sie über die Karriereplattform erhalten, zu haben, 19 Prozent sogar sehr großes. Damit schneidet Xing als einziges Soziales Netzwerk sogar besser ab als die klassischen Medien, wie Fernsehen, Zeitungen oder Radio. Diese Erkenntnis dürfte Xing in Zukunft sehr zu gute kommen, da es wahrscheinlich ist, dass mehr und mehr Unternehmen es vorziehen werden ihren Social Media Auftritt auf eine Plattform zu verlegen, wo Ihnen mehr Vertrauen entgegenkommt.

Fazit

Bei Xing läuft's derzeit einfach rund, und Anleger sollten bei passender Gelegenheit darüber nachdenken, Xing-Papiere als Position im Depot auszubauen. CEO Thomas Vollmoeller scheint mit seiner Strategie aufs Lokale zu setzen den Nerv der Zeit zu treffen. Das führt dazu, dass sich die Aktie trotz starker amerikanischer Konkurrenten wie LinkedIn prächtig entwickelt. Auch wenn Vollmoellers Ziel den Umsatz bis 2020 auf 300 Millionen Euro zu erhöhen, mit einem 100 Millionen Euro Gewinn Ebitda, vielleicht zu diesem Zeitpunkt noch illusorisch klingt, scheint das Social Media Unternehmen doch auf dem richtigen Weg dorthin. Aktionäre lagen bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht falsch darin, den Kaufempfehlungen der Analysten zu folgen. Und es wird wohl kein Fehler, auch in absehbarer Zukunft in die Xing-Aktie zu investieren. Alles deutet darauf hin, dass Xing mit seiner Strategie auch in Zukunft Erfolg haben wird. Rosalie Engels

17.08.2017 | 23:10

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