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Der neue Airbus mit dem lila Licht

Er ist die Antwort auf den Dreamliner von Boeing: Der A350 soll Langstreckenflüge für Passagiere und Crew bequemer machen. Die Kabine wird sogar in lila Licht getaucht – ein Geheimrezept gegen den Jetlag der Vielflieger.

Das erste Modell soll zum Jahresende 2014 an ­Qatar Airways ausgeliefert werden. Doch schon jetzt kann man sehen, dass die Lounge-Mode nun auch Flugzeuge erreicht. Airbus gewährt dieser Tage erste Einblicke in das Kabinendesign seines neuen Langstreckenjets. Das Verwegene daran: Die Kabine ist je nach Wunsch in ein unterschiedlich farbiges Licht getaucht. Die Beleuchtung in LED-Technik ermöglicht es, 16,7 Mio. mögliche Farbtöne zu wählen und damit unterschiedliche Stimmungen zu erzeugen. Das soll Passagieren helfen, die Auswirkungen des Jetlags zu reduzieren.

Der Hintergrund: Wissenschaftler der US-Weltraumbehörde Nasa haben in Tests heraus­gefunden, dass sich der Körper in zwei Tagen von einem Jetlag erholen kann, wenn er zu bestimmten Zeiten richtigem Licht ausgesetzt wird. Vor allem blaues Licht einer bestimmten Wellenlänge ist für die Anpassung der inneren Uhr besonders wirksam.

„Die Forschung hat bereits 2001 festgestellt, dass blaues Licht einen direkten physiologischen Effekt hat. Nur ein Jahr später hat man auch den dazugehörigen Rezeptor im Auge entdeckt“, erklärt Licht-Experte Oliver Stefani vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) in Stuttgart. Konkret funktioniert das so: Das Auge nimmt das blaue Licht über den Rezeptor auf. Aufgrund der Frequenz des Lichts wird eine Information an das Gehirn gesendet, die Produktion des Hormons Melatonin zu unterdrücken. Und gerade dieses Hormon macht uns müde. „Melatonin ist für die Steuerung unseres Tag-Nacht-Rhythmus verantwortlich. Die Ganglienzellen der Netzhaut, die besonders auf blaues Licht reagieren, dienen nämlich nicht dem Sehen, sondern geben unserer inneren Uhr eine Art Synchronisationssignal“, erklärt Stefani. Künstliches Licht kann unseren Schlafrhythmus also gehörig durcheinanderbringen. Airbus mischt deshalb dem blauen Licht im Flugzeug gegen Abend nun Rot-Anteile bei und vermindert somit die Unterdrückung der Hormonbildung. Dadurch werden die Passagiere mit dem lila Licht quasi in den Schlaf getrickst. Während normalerweise das Tageslicht – also der Auf- und der Untergang der Sonne – unseren Körper synchronisiert, übernimmt das in diesem Fall die gezielte künstliche Beleuchtung.

Doch die Airlines dürfen nicht nur beim Licht variieren. Das ­gesamte Design ihrer Flugzeuge können sie beim A350 – wie beim Maßschneider – individuell zusammenstellen. Deshalb gleicht die Produktion des Riesenflugzeugs einer Manufaktur – und ist entsprechend langsam. Bestellten Kunden einen Großteil der Kabinenausstattung bisher direkt bei den Zulieferern, lässt der Flugzeugbauer sie beim A350 nun aus einem Katalog auswählen. Er bestellt sie dann selbst, um mehr Kontrolle über die pünktliche Lieferung zu haben. Bei der Auswahl helfen wird das neue A350 Customer Definition Center (CDC), das Airbus seit diesem Frühjahr in Hamburg-Finkenwerder eröffnet hat.

Hier finden Kunden wie in einer gewaltigen Shopping Mall unter einem Dach alles, was sie für die Kabinenausstattung benötigen: von Teppichen, Wandbelägen über die Bordunterhaltungssysteme bis zu Sitzen und Ruheräumen für die Bordcrew. Boeing macht das mit seiner Dream­liner Gallery in ­Seattle inzwischen ähnlich. Die Eingangshalle des CDC wirkt mit dem ­Wasserfall und vom Design her wie die Lobby eines Boutiquehotels. Ein anderer Raum erinnert an einen Raumausstatter, denn an sieben Säulen hängen verschiedene Stoffproben für die Sitze, geordnet nach unterschiedlichen ­Gestaltungsthemen wie „new luxury“ oder „inspiring freshness“. Mit einem speziellen Softwareprogramm können die Airlines dann planen, wie sie die Kabine konfigurieren wollen – fast wie beim Küchenplanungs­programm von Ikea.

Zehn verschiedene Attrappen

Wie das alles an Bord aussehen kann, zeigen zehn verschiedene Attrappen und die gerade vorgestellte, in Economy- und Business-Klasse unterteilte Kabine der Testmaschine in Hamburg. Eines der Verkaufsargumente von Airbus ist die Geräumigkeit, die der extrabreite Rumpf des neuen A350-Langstreckenjets bietet, genau wie die 46 Zentimeter breiten Sitze in der Economy-Klasse mit neun Sitzen pro Reihe.

„Der Passagierkomfort entwickelt sich in der Luftfahrtindustrie zu einem immer wichtigeren Unterscheidungsmerkmal, das ausschlaggebend ist für die Produktwahl der Passagiere und den Erfolg der Airlines“, sagt Chris Emerson, bei Airbus Senior Vice President Marketing.

Immerhin 7 bis 10 Mrd. US-Dollar lassen sich die Fluggesellschaften die individuelle Kabinenausstattung pro Jahr kosten. Für die meisten Passagiere ist es aber ­immer noch zu eng in den Flugzeugen, so lila sie auch leuchten mögen.


Fotos: Michael Rauhe.

wiku

31.05.2014 | 15:01

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