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Deutschland steht vor einem Boom

Die Konjunktur in Deutschland und in der Eurozone zieht spürbar an. Gleich reihenweise revidieren die Wirtschaftsforscher ihre Prognosen für 2015 nach oben. Schon im vierten Quartal 2014 wuchs die deutsche Wirtschaft mehr als doppelt so stark als erwartet. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nahm von Oktober bis Dezember um 0,7 % im Vergleich zum Vorquartal zu.

Einige Ökonomen waren nur von einer Steigerung um 0,3 % ausgegangen. Aufs gesamte Jahr gerechnet erhöhte sich das BIP um 1,6 % und stieg damit etwas schneller als bislang angenommen (1,5 %). 2013 war die deutsche Wirtschaft gerade mal um 0,1 % gewachsen.

Vor allem die privaten Haushalte steigern ihre Konsumausgaben noch einmal merklich. Außerdem wird mehr investiert, und zwar in Ausrüstungen sowie besonders in Bauten. Während der Exportmotor erwartungsgemäß weiter auf Hochtouren läuft, überraschen nun die starken Binnenmarktdaten. Experten pro­gnostizieren daher eine deutliche Zunahme der Beschäftigung. Ein Grund ist dabei die enorme Zahl der Zuwanderer: 450 000 werden unter dem Strich erwartet. Die Zahl der Erwerbstätigen dürfte mit durchschnittlich 42,8 Mio. einen Rekord erreichen, sagen Bundesregierung und Sachverständige voraus.

Fünf Gründe gibt es für einen nachhaltigen Aufschwung im Jahr 2015:

1. Der Ölpreis hat sich seit dem Sommer 2014 halbiert. Das entlastet deutsche Verbraucher und Unternehmen in diesem Jahr nach Schätzungen des Deutschland-Chefvolkswirts der Großbank UniCredit, Andreas Rees, um etwa 30 Mrd. Euro. Vor allem Fluggesellschaften, Logistiker und energieintensive Unternehmen werden massiv entlastet. Allein die Lufthansa spart etwa 900 Mio. Euro an Treibstoffkosten. Zugleich wird der private Konsum damit unmittelbar beflügelt: „Ein solcher Rückgang wirkt über die Entlastung der Lebenshaltungskosten der Haushalte und der Produktionskosten der Unternehmen wie ein kleines Konjunkturprogramm“, betont Bundesbank-Chef Jens Weidmann. Nach Schätzung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags kann das bis zu 0,5 Prozentpunkte an zusätzlichem Wachstum bringen.

2. Der Euro verliert immer weiter an Wert. Die Gemeinschaftswährung kostet so wenig wie seit Jahren nicht mehr. Für die Exporteure sind das glänzende Nachrichten: Sie können ihre Produkte in Übersee dadurch günstiger anbieten und so den Absatz steigern – oder bei gleichbleibenden Preisen ihre Gewinnmargen erhöhen. Auf Unternehmen von den Autokonzernen bis zu den Maschinenbauern dürfte sich das im Laufe dieses Jahres sehr positiv auswirken, erwartet etwa Daimler-Chef Dieter Zetsche. Je länger das Jahr dauert, desto stärker profitieren die Exporteure vom Euro-Rutsch.

3. Die USA sind wieder ein Wachstumsmotor der Weltwirtschaft. In diesem Jahr dürfte das BIP der weltgrößten Volkswirtschaft mit 3,5 % noch stärker zulegen als 2014, sagen die Ökonomen der Deutschen Bank vor­aus. Die Zahl der Beschäftigten in den USA ist 2014 so kräftig gestiegen wie seit 15 Jahren nicht mehr. Das schiebt den privaten Konsum an, der für etwa 70 % des BIP steht. Davon profitieren auch die deutschen Exporteure. Schon im abgelaufenen Jahr steigerte etwa der ­Autobauer Audi seinen Absatz in den USA um gut 15 %, BMW um knapp 10 %.

4. Der Euroraum erholt sich endlich von der Krise. Nach Jahren der Schwäche kommen die Krisenstaaten Portugal, Irland, Griechenland und Spanien (PIGS) immer besser in Schwung. Die spanische Wirtschaft soll in diesem Jahr um 2,3 % wachsen, erwartet die EU-Kommission. Irland werden sogar 3,5 % zugetraut. Von der Erholung profitiert auch Deutschland: Schon 2014 legten die Exporte in die PIGS-Länder stärker zu als die Ausfuhren insgesamt. Das Barometer der Investmentberatung Sentix für den Währungsraum sprang im Februar um 11,5 auf 12,4 Punkte. Der Teilindex für die Erwartungen erreichte sogar ein Neun-Jahres-Hoch, wie Sentix zur Umfrage unter gut 1 000 privaten und institutionellen Anlegern erklärt.

5. Die Finanzmärkte schieben die Konjunktur zusätzlich an. Die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank führt dazu, dass sich Unternehmen und Investoren extrem günstig Kredite besorgen können. Andererseits steigen die Aktienkurse und verhelfen der deutschen Wirtschaft zu einer besseren Kapitalausstattung. Außerdem sorgt die optimistische Stimmung an den Börsen für ein posi­tives Investitionsklima. Alle fühlen sich bestärkt, wirtschaftlich wieder mutiger zu werden.

Und auch ein statistischer Effekt hilft der Konjunkturerwartung. Die deutsche Wirtschaft geht mit mehr Rückenwind ins Jahr als angenommen. „Der deutsche Konjunkturdampfer gleitet mit einer höheren Anfangs­geschwindigkeit über die Startlinie in das Jahr 2015“, sagte DekaBank-Experte Andre­as Scheuerle. „Entsprechend müssen die Prognosen nach oben revidiert werden.“ Damit meinen die Statistiker ­eine Art Startkapital, mit dem die deutsche Wirtschaft in dieses Jahr geht. Selbst wenn sie 2015 gar nicht wachsen würde, stünde am ­Ende des Jahres eine ­Wachstumsrate von 0,5 % zu Buche.

Denn das Bruttoinlandsprodukt liegt dank des starken Schlussquartals bereits jetzt deutlich höher als im Jahresdurchschnitt 2014. Die Bundesregierung hat gerade erst ihre Wachstumsprognose für
2015 auf 1,5 % heraufgesetzt. Die meisten Experten haben ähnliche Schätzungen abgegeben – und
ihnen wird unwohl damit, weil die Realität sie als Pessimisten entlarven könnte. Von „Aufwärtsrisiken“ spricht die Commerzbank. Das heißt: Das Jahr 2015 könnte alle noch positiv überraschen – ein Wachstum
von 2 % oder mehr ist plötzlich möglich.

RK

13.03.2015 | 09:34

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