Hiltrud D. Werner, Mitglied des Volkswagen-Konzernvorstands für das Ressort „Integrität und Recht“, im Interview mit dem WirtschaftsKurier (Bild: Volkswagen).

Neue Leitplanken für Volkswagen. Wie man eine Krise als Chance nutzt und sich an Integrität und Compliance ausrichtet; herausgegeben von Hiltrud D. Werner, erschienen im CH. GOETZ VERLAG.



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Frauen haben das erste Wort: Hiltrud D. Werner

Im Montagsinterview spricht die Volkswagen-Vorständin Hiltrud D. Werner über Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen, erklärt, warum das Thema Gender-Pay-Gap wichtiger ist als gendergerechte Sprache und verrät, wo sie ihren Sommerurlaub in diesem Jahr verbringt.

WirtschaftsKurier: Guten Morgen Frau Werner, wie war Ihr Wochenende?

Hiltrud D. Werner: Am Wochenende konnte ich meine Batterien wieder gut aufladen. Eine Freundin hat mich besucht, wir hatten uns wegen der Corona-Beschränkungen lange nicht gesehen. Außerdem habe ich ausführlich mit meinen Kindern und Enkeln über Skype gesprochen, gelacht und Pläne für den Sommer gemacht. Wir freuen uns auf eine gemeinsame Urlaubswoche an der Ostsee.

Auf welchen Termin freuen Sie sich in dieser Woche besonders?

Diese Woche ist Aufsichtsratssitzung der CARIAD. Die Entwicklung dieser Softwareschmiede des VW Konzerns mit zu begleiten ist spannend für mich, die ersten Berufsjahre habe ich selbst ja im IT Bereich gearbeitet. Insofern kann ich die Komplexität und die großen Herausforderungen der CARIAD gut einschätzen. Auch auf eine Panel-Diskussion beim Annual Forum der European School of Management freue ich mich, der ESMT bin ich als Alumni seit vielen Jahren sehr verbunden.

Vielleicht treffen Sie sich ja zu einem Vorstands-Meeting? Würden Sie in einem solchen und im Fall der Fälle von Mitarbeitern, MitarbeiterInnen oder Mitarbeitenden sprechen?

Die Vorstandssitzungen des Konzerns sind in der Regel dienstags in unserem Kalender, aber diese Woche nicht. Wenn wir über wichtige Entscheidungen mit dem Management hochkonzentriert diskutieren, ist Gendern nicht unbedingt das wichtigste Thema. Generell gilt aber: Ich bemühe mich jetzt erst einmal um eine gendergerechte Sprache, wie auch in unserem neuen Buch „Neue Leitplanken“ über die Zeit des Monitorships und die in den letzten Jahren umgesetzten Verbesserungen in den Bereichen Integrität, Compliance und Risiko-Management.

Für mich hat inklusive Sprache eine Art „Bewusstmachungsfunktion“, die Umsetzung von Gleichberechtigung und Diversität darf sich jedoch nicht darauf beschränken, dass wir immer alle brav mit Sternchen, Unterstrich oder „Innen“ reden und schreiben, dem müssen auch „Taten“ in der Gesellschaft folgen. Ich spreche deshalb eher von Kolleginnen und Kollegen, und sorge mich darum, dass auch wirklich Kolleginnen da sind.

Der durchschnittliche Frauenanteil in den Vorständen der 190 größten börsennotierten Unternehmen liegt hierzulande bei mageren 11,8 Prozent. Auch Sie sind im Vorstand von Volkswagen allein unter Männern. Sehnen Sie sich nach mehr Kolleginnen?

Sie haben recht, der Frauenanteil im Management von Unternehmen, aber auch von öffentlichen Einrichtungen ist zu gering und die Gesellschaft verschenkt hier immer noch Potential. Daher begrüße ich das Führungspositionengesetz 2 ausdrücklich.

Bei Volkswagen haben wir uns schon lange eigene Zielquoten gegeben, auch für die Managementebenen unterhalb des Vorstands. Für uns ist Vielfalt allerdings mehr als bloße Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen, auch Faktoren wie Altersstruktur, Nationalität und Erwerbsbiografie spielen hier hinein.

Ich fühle mich auch nicht allein, denn in vielen Markenvorständen wie zum Beispiel bei Audi, Bentley, Scania, Skoda oder unserer Financial Services habe ich schon Kolleginnen auf der Vorstandsebene.

Gab es einen Moment in Ihrer Karriere, in dem Sie sich mal kurz gewünscht haben, sie wären ein Mann?

Nein, definitiv nicht! Ich habe allerdings manchem Mann gewünscht, dass er mal befristet eine Frau wäre. Wie soll man(n) wissen, ob es die gläserne Decke gibt, wenn man sich selbst nie an ihr den Kopf gestoßen hat! Grund dafür war die eine oder andere negative Erfahrung, davon habe ich mich aber nie entmutigen lassen.

Frauen haben im Jahr 2020 in Deutschland 18 Prozent weniger verdient als Männer. Warum fällt es uns so schwer diese Lücke zu schließen?

Dies ist allerdings ein wichtiges Thema – und von deutlich mehr Relevanz als das „Gendern“. Ich kenne Beispiele, wo Frauen nur deshalb nicht oder nur verzögert befördert wurden, weil sie für die nächste Ebene gehaltlich zu weit weg waren, sozusagen eine Doppelbestrafung. Hier liegt noch viel Arbeit vor uns.

Jetzt noch ein Wort an die Männer...

Na ja – nicht unbedingt ein Wort an die Männer, sondern eher an alle Managerinnen und Manager, die auch Eltern sind: sorgen Sie dafür, dass einige der Fragen, die mir heute gestellt wurden, ihren Kindern nicht mehr gestellt werden müssen, weil Gleichstellung selbstverständlich und Quoten überflüssig geworden sind.

Das Gespräch führte Oliver Götz

14.06.2021 | 08:22

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