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Die Börsen-Steuer ist ein schwerer Fehler

Die Finanztransaktionssteuer soll noch vor der Europawahl beschlossen werden, verkünden François Hollande und Angela Merkel. Das ist keine gute Idee, denn das Projekt schadet Deutschland massiv.

Es ist der älteste Traum aller Linken: Böse Börsengeschäfte zu besteuern. Keine andere Steuer hat einen derart ideologischen Impetus seit August Bebel befand : „Die Menschlichkeit hat keinen Kurs an der Börse.“ Und im Gefolge der Lehman-Krise will auch die bürgerliche Politik dem Wertpapierhandel zusehends an den Kragen. „Spekulanten einhegen“, „Die Finanzindustrie ihren Teil an den Kosten der Finanzkrise tragen lassen“ und „Börsen zivilisieren“ lauten beliebte, vordergründige und falsche Argumente dabei. Und so sind Frankreichs Präsident Francois Hollande (ohnedies kein Börsenfreund) und Angela Merkel (die doch eigentlich versprochen hatte, keine Steuern zu erhöhen) nun überein gekommen, dass noch vor der Europawahl eine Einigung über die Finanztransaktionssteuer erreicht werden soll.

Neben Deutschland und Frankreich haben die beiden neun EU-Länder (Österreich, Belgien, Griechenland, Estland, Italien, Spanien, Portugal, Slowakei und Slowenien) gedrängt, die Finanztransaktionssteuer ebenfalls einzuführen – das sind allerdings die Börsenzwerge. Die Angelsachsen, Skandinavier und Holländer wollen hingegen nicht mitziehen. Doch auch im kleinen Kreis würde die Steuer laut EU-Kommission satte 34 Milliarden Euro pro Jahr in die Staatskassen spülen. Was dabei gerne verschwiegen wird – vor allem Deutschland hätte die Zeche zu zahlen, mindestens 12 Milliarden im Jahr.

Deutschland würde mit der Steuer gleich in mehrfacher Hinsicht bestraft. Denn Frankfurt ist der mit Abstand wichtigste Finanzplatz Kontinentaleuropas. Da sich Großbritannien mit Blick auf die Börse London strikt weigert, die Zusatzsteuer einzuführen, würde Frankfurt schwer beschädigt. Sollte eine Finanztransaktionssteuer einseitig eingeführt werden, würden schlagartig milliardenschwere Finanzströme abfließen und ganze Handelssegmente abwandern. In Frankfurt drohte tausenden Arbeitsplätzen die Vernichtung. Das ist auch der Grund, warum der hessische Ministerpräsident gegen die Steuerpläne zu Felde zieht und mindestens eine Einheitslösung mit London fordert.

Die Deutsche Börse warnt obendrein, dass eine derartige Steuer Finanztransaktionen vermehrt in intransparente Märkte drängen werde: „Damit werden systemische Risiken dem Einfluss und der Kontrolle der Aufsicht entzogen. Ein diametraler Widerspruch zu dem politischen Ziel, die Transparenz und Stabilität der Finanzmärkte zu erhöhen.“

Die Steuer würde Deutschlands Kapitalbedarf systematisch angreifen

Doch die Steuer würde deutschen Interessen auch in einem fundamentalen Sinne schaden. Deutschland ist das Land mit dem größten Kapitalstock in der EU. Die Steuer würde diesen Kapitalbestand systematisch angreifen. Zahlreiche Produkte der Geldanlage und der privaten Altersvorsorge müssten sich infolge der Besteuerung verteuern. Am Ende würden die deutschen Verbraucher die Zeche zahlen.

In Wahrheit trifft man also mit dieser Steuer nicht vermeintliche Börsenzocker und Hyperkapitalisten (die suchen sich dann einfach die Marktplätze ohne Besteuerung). Man trifft die Masse der deutschen Sparer. Jeder Aktienkäufer, jede Lebensversicherung, jeder Pensionsfonds würde zahlen müssen – 12 Milliarden Euro im Jahr würde den Deutschen dann von ihrem Ersparten abgeknöpft.
Auch holländische Pensionsfonds haben protestiert und berechnet, dass allein der größte holländische Pensionsfonds 550 Euro Steuern je Pensionär seines Fonds würde schultern müssen, wenn man an der Steuer teilnähme. Die Niederlande wollen darum lieber nicht mitmachen. Die Pensionsfonds beklagen, dass in dem EU-Papier zur Vorlage der Steuer ein völlig passives Fondsmanagement angenommen werde, das seine Geldanlagen von der Emission bis zur Fälligkeit halte. Umschichtungen kommen bei der EU-Kommission offenbar nicht vor, in Wirklichkeit aber schon. Damit würde den Pensionären noch mehr Geld abgeknöpft.

Deutschland scheint dieses Problem ignorieren zu wollen. Sparer haben offenbar keine Lobby, sie werden bereits mit der Geldeskalationspolitik der Notenbank und ihrer extremen Niedrigzinsen schrittweise enteignet. Nun käme die FT-Steuer noch unüberlegt und ideologisch motiviert obendrauf – ohne dass ordnungspolitisch irgend etwas erreicht wird, außer abzukassieren. Selbst der Internationale Währungsfonds (IWF) mahnt: „Eine allgemeine Finanztransaktionssteuer scheint nicht gut geeignet zu sein, die vorgegebenen Ziele zu erreichen.“ Die Große Koalition würde nach dem Linksruck in der Renten-, Mindestlohn- und Mietbremsenpolitik einen vierten vulgärsozialistischen Fehler machen - zu langfristigen Lasten der Deutschen.

Dieser Kommentar ist Teil der Kolumne "What's right?", die Wolfram Weimer jede Woche für das Handelsblatt schreibt.





24.02.2014 | 14:00

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