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Angriff auf Apple

Google: Die Aktie des Internet-Konzerns macht Anlegern Freude. Doch die Risiken scheinen zu wachsen – ist sie noch ein Kauf? Es kommt auf das potenzial an, das in Projekten wie dem selbst fahrenden Auto schlummert.

Der Kurs der Google-Aktie hat sich in den vergangenen fünf Jahren verdreifacht. Seit Jahresbeginn ist er um knapp 20 % gestiegen, und ein Ende des Wachstums scheint nicht in Sicht. Aktionäre wie Analysten sind auf den ersten Blick zufrieden, obwohl das Papier derzeit mit der psychologisch wichtigen Marke von 900 US- Dollar (ca. 677 Euro) ringt. Doch ist Google nicht schon zu teuer? Stimmt die Wachstums- und Innovationsperspektive wirklich?

Einen Schub könnte die Google-Aktie durch die neueste Version des Tablets Nexus 7 bekommen, das Ende Juli mit einigem Pomp auf einer Pressekonferenz in New York vorgestellt wurde. Es soll dem iPad Mini von Apple Konkurrenz machen. Das Nexus 7 besticht vor allem durch eine einzigartig scharfe Bildschirmauflösung. Außerdem ist es das erste Gerät mit dem brand- neuen Betriebssystem Android 4.3. Der neue Tablet-PC ist mit zwei Kameras ausgestattet, einer rückwärtigen mit fünf Megapixeln sowie einer Front-Videocam mit 1,2 Megapixeln. Das Gehäuse des neuen Nexus ist zwei Millimeter dünner sowie 50 Gramm leichter und hat einen schmaleren Rand als sein Vorgängermodell. Am Sound hat Google zusammen mit dem Fraunhofer Institut gearbeitet, der Akku soll bis zu zehnStunden halten.

Derartige technische Durchbrüche braucht Google dringend. Denn die Erwartungen an die zu- künftige Entwicklung der Google-Aktie sind hoch und erste Analysten zweifeln, ob das Unternehmen Ansprüchen dauerhaft gerecht werden kann. Bereits heute liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis des Tech-Riesen bei 20 und ist da- mit doppelt so hoch wie beispiels- weise das KGV des Konkurrenten Apple. Die Anleger sind also bereit, einen Risikoaufschlag auf künftige Innovationen zu zahlen. Dazu zählt insbesondere die für Mitte des kommenden Jahres geplante Einführung der Datenbrille Google Glass. Dabei handelt es sich um einen Minicomputer, der,
an ein Brillengestell montiert, Informationen direkt in das Sichtfeld des Nutzers einblenden soll.

Bedienung per Kopfbewegung

Die Bedienung von Google Glass soll durch leichte Kopfbewegungen, durch Sprachanweisungen oder mit einem integrierten Touchpad möglich sein. Die dafür nötigen Aktionen sind so unauffällig, dass sie Umstehende nicht bemerken, versichert der amerikanische Weltkonzern. Der große Vorteil der Brille ist die Möglichkeit des Zugriffs auf das Internet, während die Hände zeitgleich für andere Tätigkeiten beansprucht werden können.

Scott Huffman, Vizepräsident von Google, erklärte, der Konzern wolle die Kommunikation zwischen Google und dem Nutzer von einer künstlich tastaturgestützten auf eine natürliche Ebene bringen. Doch ob Google Glass die vollmundigen Revolutionsproklamationen der Konzernherren wirklich erfüllen kann, bleibt abzuwarten. Optimisten erhoffen sich davon jedenfalls einen ähnlichen strategischen Durchbruch wie einst mit der Einführung des iPhones von Apple. Skeptiker wollen nur ein über- flüssiges Spielzeug erkennen.

Fantasie weckt auch das Projekt, mit dem im Auftrag von Google im US-Bundesstaat Neva- da selbst fahrende Autos getestet werden. Diese sind mit Kameras, Radarsensoren und auffälligen Laserscannern auf dem Dach ausgerüstet, die dazu verhelfen, die Umgebung des Fahrzeugs zu erfassen. Außerdem greifen die Computer der Pkws auf den Informationsschatz in den Datenbanken von Google zurück, die Stadtpläne und Landkarten enthalten.

Anthony Levandowski, Projektleiter für das Google-Autoprojekt, ist davon überzeugt, dass selbst fahrende Autos noch deutlich vor dem nächsten Jahrzehnt Marktreife erlangen werden. Zum einen könnten Fahrer die Zeit, die sie während der Fahrt im Fahr- zeug verbringen, für andere Tätigkeiten nutzen – zum Beispiel im Internet surfen –, andererseits würde der Straßenverkehr damit sicherer werden, da die Ursache der meisten Unfälle menschliches Versagen ist.
Welche Absichten Google mit diesem Projekt verfolgt, das weit entfernt vom eigentlichen Kerngeschäft des Unternehmens zu liegen scheint – darüber wird viel spekuliert. Denkbar wäre, dass der Internetriese die Technik an Autohersteller verkaufen könnte oder aber selbst in die Autoherstellung einsteigt.

Trotz dieser kreativen Ideen zur Geschäftserweiterung bleibt die Suchmaschine auf absehbare Zeit das Herzstück des globalen Players, obgleich einige kleinere Anbieter diesen Markt nicht Google allein überlassen wollen. Doch der Vorsprung des Internetgiganten ist immer noch gewaltig. Das Kerngeschäft, die Werbung durch Textanzeigen in der Suchmaschine, steuert 90 % von Gewinn und Umsatz bei.

Der Ertrag bleibt dabei im Unternehmen und wird für Wachstumsinvestitionen genutzt. Wer als Aktionär Wert auf Dividendenzahlungen legt, wird von Google enttäuscht. Angesichts des jüngsten Umsatzwachstums im zweiten Quartal 2013 von 19 % auf 14,1 Mrd. US-Dollar und einer Gewinnverbesserung um 17 % auf 3,2 Mrd. US-Dollar gegenüber dem Vorjahr dürften die Aktionäre ihre Forderungen nach Ausschüttungen verstärken, wenn- gleich das Management das bislang konsequent abgeblockt hat.

Die wenig spendable Position der Unternehmensführung ist jedoch nicht ganz unbegründet, denn auch Google hat mit einigen Baustellen zu kämpfen. Der zugekaufte Handyhersteller Motorola etwa erweist sich bisher als großer Verlustbringer und verzeichnete im zweiten Quartal ein Minus von 218 Mio. US-Dollar vor Sonderfaktoren. Außerdem ging der Preis, den Werbekunden Google pro Anzeigenklick zahlen, um 6 % zurück, während es in den ersten drei Monaten des Jahres lediglich 4 % waren. Die Werbeklicks sind aber laut Google- Finanzchef Patrick Pichette um 23 % gestiegen. Allerdings könnte die zunehmende Nutzung mobiler Geräte für das US-Unternehmen zu einem Problem werden, da dort nicht so häufig Werbung angeklickt wird wie auf PCs.

Aufwärtstrend hält 14 Quartale an

Obwohl der Konzern in den kommenden Quartalen verstärkt unter Beweis stellen muss, dass er den Herausforderungen der Veränderung des Verbraucherverhaltens gewachsen ist, bleibt der US-Titel für den Analysten der Hamburger Sparkasse Marco Günther weiterhin haltenswert. Währenddessen hat das Analysehaus S&P Capital das Kursziel von 925 auf 950 US-Dollar erhöht und eine Hold-Empfehlung ausgesprochen. Die US-Investmentbank Morgan Stanley bekräftigt ein Kursziel von 996 US-Dollar. Analyst Scott Devitt hob in einer Studie hervor, dass der Internetgigant das 14. Quartal in Folge ein Wachstum der Kernerlöse von mindestens 22 % erzielt habe.

Sollte es Google gelingen, seine Innovationsprojekte erfolg- reich auf dem Markt zu etablieren, weiterhin ein sehr beliebter Arbeitgeber für die Mitarbeiter zu sein, um somit hoch qualifizierte, engagierte junge Menschen an das Unternehmen binden zu können, und die Werbeeinnahmen bei mobilen Geräten zu steigern, dann sieht die Zukunft für den Internetgiganten und seine Aktionäre langfristig rosig aus. Ob die Google-Aktie den Anlegern auch kurzfristig Grund zum Optimismus beschert, dürfte in nicht unerheblichen Maßen von den Verkaufszahlen des neuen Nexus 7 abhängen. Droht das Tablet zu floppen, wäre die weiße Weste von Google nach der Motorola-Enttäuschung nicht mehr ganz so unbefleckt.

wim

16.09.2013 | 09:35

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