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Auch die Kirche

Hedgefonds: Sie wurden für die Verwerfungen in der Finanzkrise schuldig gemacht. Doch so mächtig sind die alternativen Anlageinstrumente nicht. Alle institutionellen Investoren weltweit investieren in Hedgefonds – auch kirchliche Einrichtungen, meint Frank Dornseifer, Geschäftsführer des BAI.

WirtschaftsKurier: Herr Dornseifer, was ist eigentlich ein Hedgefonds?

Frank Dornseifer: Im Grunde genommen ist die Antwort ganz einfach. Denn es handelt sich schlichtweg um einen Investmentfonds, der bei seiner Anlagetätigkeit grundsätzlich keinen Anlagegrenzen oder Ähnlichem unterworfen ist und sich zudem moderner Anlagetechniken bedient. Die Bandbreite der Hedgefonds-Strategien ist entsprechend vielfältig: Long-/Short-Strategien suchen unter- oder überbewertete Wertpapiere, um von deren unterschiedlichen Wertentwicklungen zu profitieren.

Was heißt das konkret?


Ein Market Neutral Fonds investiert sowohl in Long- als auch in Short-Positionen mit dem Ziel eines marktneutralen Portfolios, welches jederzeit unabhängig von der Richtung des Marktes Erträge generiert. Relative-Value-Strategien versuchen mittels sogenannter Arbitragegeschäfte, aus Ineffizienzen der Marktpreise Erträge zu generieren. Event-Driven-Strategien investieren auf Grundlage von besonderen oder außergewöhnlichen Ereignissen, zu denen Insolvenzen, Restrukturierungen, Mergers & Acquisitions sowie Spin-outs von Unternehmensteilen zählen. Die Global-Makro-Strategie versucht, basierend auf einer makroökonomischen Analyse, Trends an den Aktien-, Zins- und Devisenmärkten frühzeitig zu erkennen und in Erträge umzusetzen. Daneben gibt es natürlich noch weitere Strategien beziehungsweise Segmente, die der Gruppe der Hedgefonds zugeordnet werden, die ich hier nicht sämtlich aufzählen kann.

Das klingt nach solidem Investment-Handwerk...

Wichtig ist, mit Blick auf die Anlagetätigkeit von Hedgefonds klarzustellen, dass eine Mystifizierung der Hedgefonds und der von diesen verfolgten Strategien völlig fehl am Platz ist. Ebenso die oft vorgetragenen Vorurteile, dass Hedgefonds-Manager Zocker und zudem unreguliert seien. In der Hedgefonds-Branche steckt viel Know-how, fundierte Markt- und Unternehmensanalyse und schließlich solides Asset-Management einschließlich ausgefeilter Risikomanagement-Techniken. Anlagetechniken und Strategien, die zunächst im Hedgefonds-Segment eingesetzt wurden, werden heutzutage häufig von traditionellen Assetmanagern übernommen. Für eine Verteufelung oder Mystifizierung des Fondstyps Hedgefonds besteht also gar kein Anlass.

Wie funktioniert ein Hedge-fonds?

Bei Hedgefonds, wie auch bei anderen alternativen Investments, handelt es sich um Anlagestrategien und -konzepte, die sich unter anderem durch ein asymmetrisches Risikoprofil auszeichnen und daher nicht unmittelbar eins zu eins Marktverlusten ausgesetzt sind. Hier sollen Hedgefonds also eine Absicherungsfunktion erfüllen. Durch das gezielte Aufspüren von Ineffizienzen auf den Märkten oder bei Unternehmen haben sie aber auch einen volkswirtschaftlichen Nutzen, indem sie nämlich Märkte effizienter machen und häufig auch als aktive Aktionäre auftreten. Im Portfolio der Anleger sollen Hedgefonds schließlich Diversifikationseffekte heben, ein Aspekt, den viele Investoren mittlerweile schätzen.

Wer investiert in Hedgefonds?

Vorreiter waren vermögende Privatanleger, Pensionsfonds und sogar Universitätsstiftungen in den USA; heute investieren auch konservative institutionelle Anleger auf der ganzen Welt in Hedgefonds, sogar kirchliche Einrichtungen.

Was hatten die Erfinder von Hedgefonds im Sinn?

Die Grundidee hinter dem ersten Hedgefonds war es, nicht nur unterbewertete Aktien zu kaufen, sondern auch durch den Einsatz von Leerverkäufen, also durch eine Wertpapierleihe und den anschließenden Verkauf des Wertpapiers, das eingegangene Marktrisiko zu „hedgen“, also das Risiko zu senken. Dadurch verlief die Rendite unabhängig von den Kursverläufen und der Fonds hatte eine marktneutrale Ausrichtung. Zusätzlich setzte er Fremdkapital ein, um die Rendite zu steigern. Diese Strategie kommt der heute unter dem Namen „Equity Market Neutral“ bekannten Strategie am nächsten. Seitdem haben sich natürlich die Märkte und das Asset Management weiterentwickelt. Wie bereits erläutert gibt es eine große Bandbreite an Hedgefonds-Strategien, aber nach wie vor findet sich bei vielen Strategien ein Bezug zur Grundidee des Hedgefonds. Natürlich kennen wir aus den USA auch Hedgefonds-Manager, die ihre Anlageziele aggressiver verfolgen, deren absolutes Ziel nur die Überrendite ist. Aber auch das ist ja im Grundsatz nicht verwerflich.

Viele Hedgefonds genießen einen eher zweifelhafter Ruf. War das immer so?

Hedgefonds sind fast immer mit eigenem Kapital an ihren Fonds beteiligt. Dies zeigt, dass der Manager Vertrauen in die eigene Strategie hat. Die Interessen der Investoren und des Managers sind entsprechend gleichgerichtet. Schon aus diesem Grund wird ein Manager keine unüberlegten und riskanten Spekulationen eingehen. Auch ansonsten sollte man nicht die ganze Branche über einen Kamm scheren, nur weil es auch dort schwarze Schafe gibt. Die gibt es nämlich in jeder Branche.

Wieso hält sich das Negativimage so hartnäckig?


Kartellabsprachen finde ich zum Beispiel nicht weniger verwerflich als Insider-Dealing. Beides muss mit der ganzen Härte des Gesetzes geahndet werden. Deshalb ist es auch wichtig, dass die Aufsichtsbehörden über alle relevanten Informationen verfügen und so ausgestattet sind, dass sie Marktmanipulation, Betrug und vieles mehr konsequent aufdecken und verfolgen können. Es ist schlichtweg im Sinne der Branche selbst, ansonsten besteht die Gefahr, dass durch vereinzelte unseriöse Marktpraktiken das Vertrauen in die Branche schwindet.

Gibt es in puncto Transparenz Regelungsbedarf für den Gesetzgeber?

Deutschland war Vorreiter bei der Hedgefonds-Regulierung. Bereits seit 2004 haben wir hier für Hedgefonds ein umfassendes Regelungswerk, welches auf die Regulierung der herkömmlichen Investmentfonds aufsetzt. Auch dieses Konzept bestätigt übrigens meine Aussage, dass es sich bei Hedgefonds schlichtweg um ein spezifisches Investmentfonds-Segment handelt. Der Regulierung in Deutschland folgte dann im Jahr 2011 die europaweite Regulierung der sogenannten alternativen Investmentfonds durch die AIFM-Richtlinie, die auch Hedgefonds umfasst und die Regulierungsintensität nicht nur unerheblich erhöht.

Wie sieht das im Detail aus?


Zentrales Element dieser Regulierung sind Transparenz- und Berichtspflichten, die im Kern zweifelsfrei berechtigt und sachgerecht sind, in manchen Facetten jedoch deutlich über das Ziel hinausschießen. Nichts ist überflüssiger als Datenfriedhöfe. Insgesamt muss man aber durchaus konstatieren, dass eine abgestimmte europäische und auch eine internationale Regulierung der Hedgefonds sachgerecht ist und die Branche sich auch gar nicht gegen eine solche Regulierung gesträubt hat. Uns ging es darum, eine solche Regulierung effizient auszugestalten, was
am Ende mal mehr oder leider auch mal weniger gelungen ist. Viele Probleme, auf die wir hingewiesen haben, realisieren sich jetzt bei der Umsetzung und Implementierung. Das macht nicht nur Anbietern, sondern auch Investoren das Leben leider nicht einfacher.

Wie groß kann der weltweite Hedgefonds-Markt taxiert werden?

Der Markt für und durch Hedgefonds wird gerne und systematisch überschätzt. Es ist in der Tat ein Wachstumsmarkt, mittlerweile gibt es mehr als 10 000 Einzel- und Dach-Hedgefonds. Diese verwalten ein Vermögen von ca. 2,6 Bill. US-Dollar. Das sollte man natürlich nicht kleinreden, aber gemessen an der weltweiten Vermögensverwaltung sind das gerade mal 7 %.

Das ist gar nicht so viel...

Was ich damit sagen will: In den Medien und zum Teil auch in der Politik wird es manchmal so dargestellt, als würden die Hedgefonds die weltweiten Finanz- und Kapitalmärkte bestimmen. Auch in der Schattenbankdiskussion werden vorschnell Hedgefonds als das Synonym der Schattenbanken dargestellt. Bei genauem Hinsehen stellt sich dann heraus, dass Hedgefonds gar nicht die Marktmacht haben, die ihnen nachgesagt wird, beziehungsweise nur partiell dem sogenannten Schattenbanksektor zugeordnet werden können.

Wie ist die Rolle von Hedgefonds in der gerade teilweise überwundenen Finanzkrise zu bewerten?

Durch den doch insgesamt kleinen Anteil am weltweiten Investitionsvolumen können Hedgefonds allein kaum eine Krise oder gar große Verwerfungen an den Märkten auslösen. Vielmehr tragen Hedgefonds durch ihr antizyklisches Handeln dazu bei, Ungleichgewichte an den Märkten zu glätten. Sowohl die EU-Kommission als auch die internationale Wertpapierbehörde IOSCO haben zudem festgestellt, dass die Finanz- und Bankenkrise nicht von Hedgefonds verursacht wurde. Eine klare Aussage gegen diejenigen, die damals versucht haben, Hedgefonds wieder einmal an den Pranger zu stellen. Zum einen ist die Relevanz von Hedgefonds im Allgemeinen nicht ausreichend, um solche Verwerfungen herbeizuführen, zum anderen wäre es aber auch unrealistisch, im Segment der Hedgefonds in einem solchen Maße gleichgerichtetes Handeln zu erwarten, dass ein solcher Impact erzeugt wird.

bas

18.11.2013 | 09:24

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