Ein Exportschlager
Bausparen: Bis nach China vertreibt die Bausparkasse Schwäbisch Hall ihre Produkte. Immer mehr Länder melden Interesse an. Selbst in Deutschland sieht der Marktführer noch viel Wachstumspotenzial. Nur die EU-Bankenpolitik macht dem Vorstandsvorsitzenden Matthias Metz Sorgen.
WirtschaftsKurier: Die Bausparkasse Schwäbisch Hall ist die einzige deutsche Bausparkasse, die sich in großem Stil auch auf ausländischen Märkten betätigt. Warum?
Matthias Metz: Der erfolgreiche Weg in ausländische Märkte ist zum einen der Weitsicht meiner Vorgänger zu verdanken, die diese Chancen gesehen und dann auch wahrgenommen haben. Zum anderen zeigt diese Entwicklung aber auch exemplarisch, wie groß das Vertrauen unserer Eigentümer – also des genossenschaftlichen Lagers –, in die Innovationsfähigkeit der Bausparkasse Schwäbisch Hall ist – und wie viel unternehmerische Gestaltungsfreiheit unser Haus innerhalb des Genossenschaftssektors genießt. Natürlich war auch unsere Größe ein Vorteil beim Gang auf ausgesuchte Auslandsmärkte. Für andere Bausparkassen wäre dieser Weg wohl schwieriger. Andere Unternehmen haben andere Entwicklungsschwerpunkte gesetzt.
Sie haben das deutsche Bausparen in Tschechien, der Slowakei, in Rumänen und Ungarn und sogar in zwei chinesischen Provinzen zum Exportschlager gemacht. Sind denn diese Auslandsaktivitäten bereits allesamt rentierlich?
Ja – mit unseren Aktivitäten im Ausland sind wir sehr zufrieden. Wir sind dort fast überall Marktführer. In Ungarn haben wir einen Marktanteil von zwei Dritteln, in der Slowakei von mehr als 50 %. Auch in Tschechien sind wir sehr gut unterwegs. Und: Wir schreiben überall schwarze Zahlen – auch in China. Natürlich zahlt sich dabei auch unsere sehr sorgfältige Auswahl der möglichen Märkte aus – und die gute Vorbereitung vor dem Start in einen neuen Markt.
Welche Auslandsmärkte werden Sie denn als nächste erschließen?
Konkrete Entscheidungen sind noch nicht gefallen. Aber wir führen in einer Reihe von Ländern Gespräche, sondieren die Chancen und Hürden. Dazu zählen so unterschiedliche Länder wie die Niederlande, Chile und Vietnam. In China haben zwei weitere Provinzen großes Interesse an einer Einbeziehung in unser dortiges Engagement. Mit Russland gab es seit Langem Sondierungen, allerdings ohne dass dort bislang der – für uns unabdingbare – belastbare Rechtsrahmen geschaffen wurde. Ähnliches gilt für Polen. Wir gehen nur in solche Märkte, in denen das Bausparen gesetzlich geregelt ist und staatlich gefördert wird. Auch muss natürlich ausreichend Sparfähigkeit in der Bevölkerung vorhanden und Rechtssicherheit gewährleistet sein.
Die Bausparkasse Schwäbisch Hall ist seit vielen Jahren Marktführer in Deutschland. Sind da nicht Grenzen des möglichen Wachstums im Inland in Sicht – auch für die gesamte Bauspar-Branche?
Die Zahl unserer Inlandskunden hat sich in der Tat seit den 1980er-Jahren verdoppelt. Aber die Potenziale dieser Form der Daseinsvorsorge sind auch in Deutschland noch lange nicht erschöpft – im Gegenteil: Wir haben auch 2013 wieder einen Wachstumsschub erlebt. Der-zeit hat jeder zweite deutsche Haushalt in Deutschland einen oder mehrere Bausparverträge. Dieser Anteil wird sicherlich weiter zunehmen. Nicht zuletzt im Lichte der Erfahrungen der jüngsten Finanzmarktkrise hat das – früher gelegentlich als bieder belächelte – Bausparen sehr an Ansehen und Vertrauen gewonnen. Auch der große und noch wachsende Bedarf an Finanzierungen energetischer Gebäudesanierungen beflügelt die Nachfrage nach Bausparfinanzierungen.
2012 erreichte Ihr Unternehmen mit fast 1 Mio. neu abgeschlossener Bausparverträge einen neuen Rekordwert von 30,2 % Anteil am Neugeschäft der deutschen Bausparkassen. Was macht Schwäbisch Hall anders – oder gar besser – als die Konkurrenz?
Der Erfolg der Bausparkasse Schwäbisch Hall ist vor allem das Ergebnis unserer jahrzehntelangen Zusammenarbeit mit den Volks- und Raiffeisenbanken. Auch wir leben den Wertekodex der Genossenschaftsbanken, sind ein Teil des genossenschaftlichen Sektors. Die Verlässlichkeit, die die Genossenschaftsbanken in der jüngsten Finanzmarktkrise gezeigt ha-ben – auch der Umstand, dass der genossenschaftliche Sektor keinen Euro Staatshilfe gebraucht und bekommen hat: Diese Erfahrungen haben das Vertrauen der Kunden in das genossenschaftliche Lager bestätigt und weiter gestärkt.
Bei allem Respekt für Ihre Marktführerschaft: Ist die Struktur der Bausparkasse Schwäbisch Hall auf mittlere und längere Sicht das Optimum? Wären Verbesserungen durch Zukäufe oder die Gewinnung zusätzlicher Vetriebspartner wünschenswert?
Wir sind bisher immer organisch gewachsen – und damit gut gefahren. Zukäufe bedeuten stets auch Zukäufe von Komplexität: Eine übernommene Bausparkasse kann man nicht von heute auf morgen mal schnell integrieren. Tarife und Systeme müssten – schon aus Rechtsgründen – über einen langen Zeitraum parallel weitergeführt oder simuliert werden. Außerdem: Eine Erweiterung über das Genossenschaftslager hinaus könnte uns erhebliche Interessenkonflikte mit unseren Partnern und Trägern – also den Volks- und Raiffeisenbanken – bescheren. Deshalb: Nein, wir brauchen keine Zukäufe, auch keine zusätzlichen Vertriebs-partner. In der Fläche arbeiten unsere Außendienstmitarbeiter exklusiv für und in enger Kooperation mit den Genossenschaftsbanken, das genügt.
Die anhaltende Niedrigzinsphase belastet die Bausparkassen wohl weniger als Banken und Versicherungen. Aber auch bei den Bausparkassen gehen vermutlich über Jahrzehnte bewährte Anlagekonzepte nicht mehr auf. Wie gehen die Bausparkassen mit diesem Problem um? Und: Wie lange kann Ihre Branche die Folgewirkungen dieses historisch tiefen Zinstals noch verkraften?
Das Zinsniveau müsste in Deutschland derzeit eigentlich 2 % höher liegen – das bestätigen fast alle Volkswirte. Wir haben das Zinsniveau unserer Tarife gesenkt – sowohl auf der Guthaben- wie auf der Darlehensseite. Das ist der Anpassungsmechanismus, den wir einsetzen können. Auf der Anlagenseite gehen wir verstärkt in das Sofortfinanzierungsgeschäft von Baufinanzierungen. Natürlich steht auch bei uns das Zinsergebnis unter Druck. Aber alle Stresstests haben gezeigt: Unsere Branche hält das aus.
Apropos Stresstest: In wieweit versteht eigentlich die EU-Kommission das Geschäftsmodell des Bausparens?
Begrenzt, aber immer besser. Was uns konkret nervt, ist, dass unsere absolut risikoarme Branche, die keinerlei Krise verursacht hat, regulatorisch mit Investmentbanken, die an den Kapitalmärkten ihre riskanten Geschäfte machen, gleichgestellt wird. Da wird oft nur nach der Höhe der Bilanzsumme entschieden und verfügt. Was wir fordern, ist eine Diversifizierung der regulatorischen Auflagen nach Risiken.
Kann dabei nicht die deutsche Politik vermittelnd helfen?
Schwierig: Die deutsche Politik hat in Brüssel ohnehin den Ruf, dauernd Sonderfälle zu reklamieren und Extrawürste zu verlangen. Aber: Wir hoffen dennoch auf die Kraft der Einsicht in unsere Argumente.
Die Bodenständigen
Ausgerechnet die zum – eher als heimatverbunden denn als weltläufig geltenden – Genossenschaftslager gehörende Bausparkasse Schwäbisch Hall hat das deutsche Bausparen erfolgreich zum Exportschlager entwickelt: 3,2 Mio. Auslandskunden betreut der deutsche Marktführer bereits in einer Reihe europäischer Länder sowie in zwei Provinzen Chinas. Aber auch im Stammland Deutschland, wo die Bausparkasse etwa 7 Mio. Kunden hat, sieht sie noch Wachstumspotenzial. 2013 überschritt Schwäbisch Hall erstmals bei der Bilanzsumme die 50-Mrd.-Euro-Marke.
Das Interview führte
27.01.2014 | 08:36