Seit Januar 2005 bezahlen Lkw ab zwölf Tonnen zulässiges Gesamtgewicht auf allen deutschen Autobahnen sowie auf ausgewählten Strecken des Bundesstraßennetzes Maut. Der durchschnittliche Gebührensatz betrug bei Einführung der Maut 15 Cent je Fahrzeugkilometer und wurde im Jahr 2009 auf durchschnittlich 17 Cent erhöht, was im Rahmen der Tarife des umliegenden europäischen Auslands liegt.
Mehr Stop als Go
Das deutsche Straßentransportgewerbe ist vor allem durch kleine und mittelständische Unternehmen geprägt. Diese können Mautkosten ihren Kunden in der Regel nur für beladene Fahrten in Rechnung stellen. Leerfahrten, bei denen das Unternehmen die Mautkosten selbst tragen muss, sind gerade für KMUs nur schwer vermeidbar. Es lohnt sich also, einen Blick auf den Nutzen der Maut für das Transportgewerbe zu werfen.
Die Einführung der Lkw-Maut war mit vielfältigen und hohen Erwartungen verbunden. Nach Empfehlungen der Experten der Pällmann-Kommission sollte mit der Einführung der Maut die Finanzierung der Autobahnen verbessert und unabhängiger von Schwankungen des Bundeshaushalts gestaltet werden. Die Finanzausstattung der Bundesfernstraßen aus Steuermitteln wurde jedoch in Höhe der Mauteinnahmen reduziert, womit insgesamt kaum mehr Geld für deren Ausbau und Erhalt verfügbar war. Die Unternehmen profitieren also bisher kaum von besseren Verkehrsbedingungen.
Die europäische Wegekostenrichtlinie erlaubt eine Differenzierung der Mautsätze nach Tageszeiten. Dies soll helfen, das Staugeschehen auf Autobahnen zu entzerren, indem Fahrten auf Zeiten außerhalb der Spitzenzeiten verschoben werden. Für die Transportwirtschaft könnte dies Einsparungen von mehreren Millionen Euro jährlich bedeuten. Diese Möglichkeit wird derzeit weder in Deutschland noch in anderen Ländern umgesetzt, da die entsprechende Erfassung aufwendig und somit teuer ist. Ferner ist fraglich, ob eine alleinige Differenzierung von Mautsätzen für den Schwerverkehr tatsächlich eine staumindernde Wirkung entfalten wird, da die Schwankungen in der tageszeitlichen Belastung der Autobahnen besonders durch den Pkw-Verkehr hervorgerufen werden. Schließlich ist das deutsche Mauterfassungssystem nicht auf tageszeitlich differenzierte Tarife vorbereitet. Aus wirtschaftlichen wie auch technischen Gründen trägt die Lkw-Maut also nicht zur Verflüssigung des Verkehrs auf deutschen Autobahnen bei.
Die Möglichkeit der EU-Wegekostenrichtlinie, Mauttarife nach Euro-Emissionsnormen zu berechnen, wird in Deutschland voll ausgeschöpft. Außer hierzulande und in der Schweiz differenzieren alle übrigen Mautsysteme in Europa lediglich nach der Anzahl der Achsen der Fahrzeuge. Durch diese Tarifspreizung werden seit 2005 vornehmlich saubere, moderne Fahrzeuge im Lkw-Fernverkehr auf deutschen Autobahnen eingesetzt. Neben der beabsichtigten Umweltentlastung sorgt der dahinterstehende Druck zur Beschaffung neuer Fahrzeuge zudem für Innovationsanreize in der Automobilindustrie. In diesen Punkten ist die Bilanz der Lkw-Maut durchaus positiv.
Als Maßnahme des Klimaschutzes sollte die Lkw-Maut Leerfahrten reduzieren, Verkehr vermeiden und Transporte auf die Bahn verlagern. Diesbezügliche Wirkungen lassen sich jedoch nicht bestätigen. Es steht zu vermuten, dass die Beschränkung auf autobahnähnliche Strecken und die aktuelle Gebührenhöhe nicht ausreichen, um Entscheidungsprozesse von Verladern und Spediteuren nachhaltig zu beeinflussen.
Es bleibt also festzuhalten, dass die Lkw-Maut lediglich im Punkt Umweltschutz die gesetzten Ziele erreicht hat. Um die ursprünglich anvisierte Verbesserung der Straßeninfrastruktur, welche den Fuhrunternehmen direkt zugutekäme, zu erreichen, ist ein geschlossenes Finanzierungsmodell entsprechend den jüngsten Empfehlungen der Daehre-Kommission anzustreben. Der Pkw-Verkehr sollte hier, zunächst über eine Schattenmaut oder eine Vignetten-Lösung bei gleichzeitiger Reduktion der Kfz-Steuer, eingebunden werden.
28.10.2013 | 09:45