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„Das kann doch nicht wahr sein“

Die wenigsten Chefs halten etwas vom Rechtsanspruch auf Homeoffice. Der Bayer CEO Werner Baumann macht seinem Ärger Luft. Er ist nicht allein.

Die Wirtschaft läuft Sturm gegen das angekündigte Gesetz für ein Recht auf Homeoffice. „Wir müssen uns fragen, ob es hier noch um Wertschöpfung geht oder um die Selbstverwirklichung der Mitarbeiter“, sagt beispielsweise der Chef des Chemie-, Pharma- und Agrarkonzerns Bayer, Werner Baumann. Den geplanten Rechtsanspruch auf Homeoffice kommentiert er mit dem Ausruf: „Das kann doch wohl nicht wahr sein.“ Arbeitnehmer müssten der Disposition des Unternehmens unterliegen. „Wir müssen die Menschen zurück ins Unternehmen bringen“, sagte Baumann.

Erleichtert das Familienleben

Der Chef eines der größten deutschen Dax-Konzerne wendet sich damit gegen ein Vorhaben, das Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am Wochenende angekündigt hat. Heil teilte mit, dass das sogenannte „Mobile-Arbeit-Gesetz" nun in die Ressortabstimmung gehen soll. Der Minister begründete seinen Vorstoß auch mit den Erfahrungen der Corona-Zeit. „Dort, wo es möglich ist, sollen alle Angestellten einen gesetzlichen Anspruch von mindestens 24 Tagen pro Jahr für mobile Arbeit bekommen“, sagte Heil in einem Interview. Wenn beide Eltern einen Beruf ausübten, in dem mobiles Arbeiten machbar sei, könne jede Woche abwechselnd ein Elternteil einen Tag von zuhause arbeiten. „Das erleichtert das Familienleben enorm“, sagte Heil. Die Corona-Krise habe gezeigt, „dass viel mehr mobiles Arbeiten möglich ist als wir dachten.“ Mobiles Arbeiten sei nicht nur etwas für junge Leute, die mit Laptop und Latte Macchiato im Café sitzen.“ Weil mobiles Arbeiten schon für einige fest zur modernen Arbeitswelt gehöre, aber vielen noch nicht ermöglicht werde, sei dafür ein Gesetz erforderlich. Heils Vorstoß löste bereits ein unterschiedliches Echo aus. „Es ist gut, dass Bundesminister Hubertus Heil jetzt Nägel mit Köpfen macht“, sagte etwa der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann. Der Rechtsanspruch auf 24 Tage sei jedoch „zu wenig“. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte sich bereits im Mai dagegen gewandt, einen Rechtsanspruch auf Homeoffice festzulegen: „Wir brauchen vor allem weniger Bürokratie, nicht immer neue staatliche Garantien.“

Danach kommt Arbeitslosigkeit

Baumann warnt vor den Folgen eines Rechtsanspruches: Der Arbeitgeber müsste dann voraussichtlich auch für eine entsprechende Umgebung am Arbeitsplatz sorgen. Man könne aber nicht auf Firmenkosten „Souterrains ausbauen“ und „Essen auf Rädern“ liefern, meinte Baumann. Er erhielt beim Hamburger Wirtschaftsforum, das am Samstag zu Ende ging, Unterstützung von zahlreichen Unternehmern und Managern. So machte Sven Odia, Chef des Immobilienmaklers Engel & Völkers die Grenzen von Heimarbeit deutlich: Ein Onboarding neuer Mitarbeiter mittels Videokonferenz sei nicht möglich. Sebastian Klauke, E-Commerce-Vorstand der Otto-Gruppe, des nach Amazon zweitgrößten Online-Händlers in Deutschland, bezweifelte, dass eine Kontrolle der Arbeit im Homeoffice möglich sei. Heinz Rudolf Wöhrl, Investor, ehemaliger Betreiber einer Modekette und eines Luftfahrtunternehmens ging noch weiter: Homeoffice gehe nahtlos an verlängerte Freizeit und Wochenende über. „Danach kommt nur noch die Arbeitslosigkeit.“        

oli


05.10.2020 | 09:50

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